Historischer Wahlsieg für Regierungsbündnis Cambiemos
Mit mehr als 40 Prozent landesweit erzielte das auch von der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit unterstützte Regierungsbündnis Cambiemos bei den Kongresswahlen am 22.10.2017 in Argentinien das beste Wahlergebnis seit Raul Alfonsin 1983 und konnte einen wahrlich historischen Wahlsieg einfahren.
Im neuen Kongress gewann Cambiemos 21 Sitze dazu und stellt nun mit 107 Abgeordneten die mit Abstand größte Fraktion. Die in drei Gruppen zersplitterten Peronisten erlebten dagegen insgesamt ein historisches Debakel. Die Gruppierung um Ex-Präsidentin Kirchner verlor acht Sitze und kommt nur noch auf 69 Abgeordnete. Noch härter traf es ihren peronistischen Hauptkonkurrenten Sergio Massa, dessen Gruppierung 18 Sitze verlor und sich mit 22 Sitzen fast halbiert hat.
Dieser Trend setzte sich in noch größerem Ausmaß bei den Senatswahlen fort. Cambiemos konnte neun Sitze hinzu gewinnen und stellt nun auch im Senat die größte Fraktion, weil die Partei der Ex-Präsidentin 31 Senatssitze verlor und fortan mit nur noch zehn Senatoren die kleinste Fraktion im Senat bildet. Am schlimmsten traf es auch hier die Partei Sergio Massas, die ihre drei Senatssitze verlor und im neuen Senat überhaupt nicht mehr vertreten sein wird. Ganz besondere Freude im Lager der Regierung löste das Ergebnis in der größten und wichtigsten Provinz Buenos Aires aus. Der in den Vorwahlen im August gegen Cristina Kirchner knapp unterlegene Kandidat und ehemalige Bildungsminister Esteban Bullrich, konnte sich nun mit mehr als vier Prozentpunkten Vorsprung gegen die Ex-Präsidentin doch deutlich durchsetzen, die aber aufgrund des argentinischen Wahlsystems als Zweitplatzierte dennoch in den Senat einziehen wird. Ein ähnliches Schicksal traf den Ex-Präsidenten Carlos Menem, der erstmals als zweiter bei den Senatswahlen auf die Plätze verwiesen wurde.
Siegeszug der Präsidentenpartei
Historisch ist der Wahlausgang auch zu bezeichnen, weil das Regierungsbündnis mit den Provinzen Salta, Chaco, Santa Fe und Corrientes erstmals langjährige peronistische Hochburgen gewinnen konnte und die Peronisten deutlich auf die Plätze verwies. Auch in Santa Cruz, der Heimatprovinz Cristina Kirchners konnte Cambiemos das Ergebnis der Vorwahlen nahezu wiederholen und siegte sehr deutlich vor den Kirchneristen. In der Hauptstadt Buenos Aires konnte Cambiemos mit ihrer Spitzenkandidatin Elisa Carrio im Vergleich zu den Vorwahlen nochmals zulegen und erreichte mit fast 51 Prozent nicht nur die absolute Mehrheit, sondern zudem das beste Ergebnis nach dem Ende der Militärdiktatur 1983. Die Peronisten erlebten auch hier mit allen Gruppierungen erhebliche Stimmenverluste. In den vier wichtigsten Provinzen Argentinien, Buenos Aires, Cordoba, Santa Fe und Mendoza war der Siegeszug der Präsidentenpartei ebenfalls nicht aufzuhalten. Mit 42 Prozent in der größten Provinz Buenos Aires legte Cambiemos acht Prozentpunkte im Vergleich zu den Vorwahlen zu und mobilisierte 820.000 zusätzliche Stimmen. In Cordoba wurde mit 48,5 Prozent fast die absolute Mehrheit geholt. In Santa Fe, wo Cambiemos bei den Vorwahlen mit 27,1 Prozent nur minimal hinter den Peronisten (27,8 Prozent) lag, konnten zehn Prozentpunkte hinzugewonnen werden, während die Peronisten 2 Prozent verloren. Auch in Mendoza wurde das Vorwahlergebnis ausgebaut und die Peronisten mit Verlusten auf die Plätze verweisen.
Unerwartet erfolgreich gestaltete sich auch der Wahlausgang in drei peronistsichen Hochburgen: In Chaco konnte das Ergebnis der Vorwahlen umgedreht und die Peronisten auf den zweiten Platz verwiesen werden. In Salta legte Cambiemos sechs Prozentpunkte im Vergleich zu den Vorwahlen zu, während die in den Vorwahlen siegreichen Peronisten mehr als 13 Prozent einbüßten und mit 24 Prozent abgeschlagen auf dem zweiten Platz landeten. Wahrlich sensationell muss das Ergebnis in der ehemaligen peronistischen Hochburg Corrientes eingestuft werden. Hier konnte das Regierungsbündnis mit 55 Prozent ein weiteres Rekordergebnis einfahren, während die Peronisten mit 25 Prozent einen historischen Tiefpunkt erreichten.
Äußerst interessant und vor allem aufschlussreich ist der Wahlausgang in Chubut, einer ebenfalls traditionell peronistisch geprägten Provinz. In den letzten zwei Monaten hatte hier der Fall des im Rahmen einer gewaltsamen Demonstration verschwundenen Santiago Moldanado Aufsehen erregt. Die Regierung Macri und die Sicherheitskräfte sahen sich hier Gewaltvorwürfen ausgesetzt, die sich noch erhärteten, als die Leiche Maldonados vier Tage vor der Wahl unter mysteriösen und noch immer nicht richtig geklärten Umständen in einem Fluss nahe der erwähnten Demonstration entdeckt wurde, obwohl man dieses Territorium vorher bereits dreimal abgesucht hatte. Die Peronisten instrumentalisierten diesen Fall geschickt im Wahlkampf, insbesondere in den letzten Tagen vor der Wahl mit einer intensiven Propaganda. Lagen die Peronisten bei den Vorwahlen noch deutlich mit sieben Prozentpunkten vor Cambiemos, fehlten dem Regierungsbündnis bei den Wahlen am 22.10. nur noch zwei Prozent, um mit den Peronisten gleichzuziehen. Hier bewahrheitete sich der Trend einer von der Stiftung in Auftrag gegebenen Umfrage, dass der Fall Maldonado trotz aller Anstrengungen der Peronisten, die Wahlentscheidung nicht negativ zulasten Cambiemos beeinflussen würde.
Bestätigung des Reformkurses
Insgesamt gesehen muss der Wahlausgang als ein überragender Sieg Präsident Macris und seines Regierungsbündnisses Cambiemos bewertet und als Bestätigung für den von ihm eingeleiteten Reformkurs angesehen werden. Mit den Zugewinnen im Abgeordnetenhaus und im Senat geht die Regierung Macri gestärkt in die nächsten zwei Jahre ihrer Amtszeit und es kann als sicher gelten, dass es endlich und erstmalig einer nicht peronistischen Regierung gelingen wird, ihre Amtszeit voll durch zu regieren. Mit dem Rückenwind des Wahlergebnisses hat Mauricio Macri die jetzt besten Voraussetzungen und vor allem die klar dokumentierte Unterstützung der Bevölkerung, die notwendigen Reformen in der Wirtschaft und im Arbeitsrecht auch gegen den zu erwartenden heftigen Widerstand der mächtigen und mafiösen Gewerkschaften einzuleiten. Mit dieser Politik könnte Argentinien eine wichtige Vorreiterrolle auf dem lateinamerikanischen Kontinent im Kampf gegen den sozialistisch geprägten Populismus einnehmen.
Für die Peronisten ist der Wahlausgang 2017 nicht nur eine verheerende Niederlage insbesondere in sicher geglaubten Provinzen, sondern auch gleichzeitig eine eindeutige Botschaft, dass sie nur vereint und nicht zersplittert bzw. zerstritten erfolgreich sein können. Und hier beginnt genau das Dilemma. Das Wahlergebnis 2017 lässt keinen eindeutigen Rückschluss oder Hinweis auf einen erkennbaren Führer im peronistischen Lager zu. Zwar reklamierte die Ex-Präsidentin noch in der Wahlnacht diesen Führungsanspruch für sich, in dem sie auf die unbestreitbar besten Ergebnisse ihrer Partei im peronistischen Lager verwies und parallel dazu versöhnliche Worte für ihre innerperonistischen Konkurrenten und Gegner richtete. Allerdings zeigen die Wahlniederlagen gerade ihrer Partei in ehemaligen Hochburgen, insbesondere ihrer Heimatprovinz Santa Cruz, dass es äußerst schwer, wenn nicht unmöglich sein wird, mit ihr als Kandidatin 2019 erfolgreich die Präsidentschafts- und Kongresswahlen zu bestreiten. Vergrößert wird das peronistische Dilemma zusätzlich dadurch, dass der Wahlausgang auch eine Schwächung ihrer internen Opponenten wie Massa und Urtubey mit sich brachte.
Die fehlende Führung und Zerstrittenheit im peronistischen Lager ist für den amtierenden Präsidenten Macri ein Glücksfall, erleichtert es ihm doch das Regieren mit einem Kongress, in dem er trotz erheblicher Stimmenzuwächse im Abgeordnetenhaus wie im Senat weiterhin über keine eigene Mehrheit verfügt und deshalb weiterhin auf Unterstützung von Teilen des Peronismus angewiesen ist. Auch dem noch in der Wahlnacht reklamierten Führungsanspruch seiner Amtsvorgängerin wird Macri insgeheim positiv bewerten. Setzt sich Cristina Kirchner durch, werden der Wahlkampf und seine Wiederwahl aufgrund des Negativimages der Expräsidentin wesentlich einfacher. Kann sich seine Amtsvorgängerin dagegen nicht gegen ihre Konkurrenten durchsetzen, so wird der peronistische Kandidat, wer auch immer es sein wird, deutlich geschwächt durch die parteiinterne Auseinandersetzung in den Wahlkampf 2019 gehen.
Insofern kann der Wahlausgang des 22.10.2017 in Argentinien in vielerlei Hinsicht mit dem Etikett historisch versehen werden.
Jörg Dehnert leitet das Projektbüro Argentinien in Buenos Aires.