Kommunale Identität
Kommunale Identität verhindert Populismus
Kommunale Identität ist ein entscheidender Faktor für soziales Engagement und politische Stabilität. Der Verlust kommunaler Identität bietet Nährboden für den Aufstieg populistischer Parteien. Das ergab die Studie „Stärkung kommunaler Identität“ des ifo-Dresden im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.
Repräsentative Befragungen der deutschen Bevölkerung zwischen 1981 und 2017 zeigen: Die Verbundenheit der Bürger mit der örtlichen Gemeinde („Kommunale Identität“) ist ein wichtiger emotionaler Bezugspunkt in ihrem täglichen Leben. 40 Prozent der Deutschen fühlen sich besonders stark mit ihrer örtlichen Gemeinde verbunden. Sie identifizieren sich somit in gleichem Maß mit ihrer Gemeinde wie mit Deutschland als Nationalstaat.
Die kommunale Identität ist ein entscheidender Faktor für Toleranz, ehrenamtliches Engagement und die politische Stabilität vor Ort. Bürger, die sich mit ihrem Wohnort verbunden fühlen, gehen häufiger zur Kommunalwahl, interessieren sich mehr für Politik, sind stärkere Befürworter der Demokratie, wählen seltener populistische Parteien und engagieren sich stärker im Ehrenamt vor Ort.
Identitätsverlust fördert Populismus
Neue Gebietszuschnitte infolge von Gebietsreformen reduzieren die kommunale Identität erheblich. Insbesondere die großflächigen Gebietsreformen in Ostdeutschland haben zu einem signifikanten Verlust kommunaler Identität geführt. Verlieren die Bürger die emotionale Bindung zu ihrer Gemeinde, droht ein Rückgang von dringend benötigtem sozialem Engagement. Dieser Identitätsverlust könnte eine wichtige Erklärung für das Erstarken populistischer Tendenzen in Ostdeutschland sein.
Interkommunale Kooperationen als Alternative zu Gebietsreformen sollten laut der ifo-Forscher bevorzugt werden. Sie ermöglichen die Nutzung von Größenvorteilen und schonen gleichzeitig die kommunale Identität. Durch die Stärkung kommunalpolitischer Verantwortung kann die demokratische Teilhabe gefördert werden. So könnten relevante kommunale Entscheidungen in die Hände von Ortschaftsräten gelegt und diese politisch aufgewertet werden. Auch neue Formen demokratischer Teilhabe können die kommunale Identität stärken, wenn sie direkte menschliche Begegnungen vor Ort fördern.
Größere Rolle in der politischen Debatte
Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit fordert einen Politikansatz, der die Vielfalt deutscher Kommunen stärkt. Ein „One-fits-all“-Regelungskorsett wird dem nicht gerecht. Insbesondere Regionen mit Bevölkerungsabwanderung sind auf Möglichkeiten für innovative Konzepte, Freiräume und Experimentierklauseln angewiesen.
Prof. Karl-Heinz Paqué, Vorstandsvorsitzender der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, erklärt:
„In der Politik wird die Verwurzelung der Bürger in der örtlichen Gemeinschaft weitgehend ignoriert, obwohl die kommunale Identität den leeren Versprechen der Populisten präventiv entgegenwirken kann. Der Stärkung der kommunalen Identität muss daher eine bedeutend größere Rolle in der aktuellen politischen Debatte zukommen.“