LGBTIQ+ in Bulgarien
Russlands Feldzug gegen LGBTIQ+ in Europa geht weiter
Ein Gespenst geht um in Europa. Nach Ungarn und Georgien tritt mit dieser Woche auch Bulgarien ein Anti-LGBTIQ+-Gesetz in Kraft. Dadurch sollen Bildungsprogramme über „nicht-traditionelle sexuelle Orientierungen und Bestimmung der Geschlechtsidentität“ an Schulen verboten werden. Aufklärung wird damit fortan als Propaganda gehandhabt und ist unter Strafe gestellt. Bulgarien stellt sich so klar in eine Reihe mit anderen, pro-russischen Staaten und setzt damit nicht nur ein Zeichen gegen die Vielfaltsgesellschaft, sondern auch gegen die EU.
Das neue Gesetz in Bulgarien besagt, dass „Handlungen im Zusammenhang mit Propaganda, Förderung oder Anstiftung in jeglicher Form, direkt oder indirekt, von Ideen und Ansichten in Bezug auf nicht-traditionelle sexuelle Orientierung und/oder Bestimmung der Geschlechtsidentität, die nicht biologisch ist, verboten sind“. Dabei wird „Nicht-traditionell“ in dem Gesetz definiert als „anders als die allgemein akzeptierten und in der bulgarischen Rechtstradition verankerten Vorstellungen von emotionaler, romantischer, sexueller oder sinnlicher Anziehung zwischen Personen des anderen Geschlechts“.
Gesetz wurde vom Kreml inspiriert
Die neue Gesetzesinitiative geht auf die pro-russische Partei Wiedergeburt zurück und wurde fast im Eilverfahren in der vergangenen Woche durch das Parlament gepeitscht und ist bereits gestern in Kraft getreten. Inspiriert wurde dies augenscheinlich von der LGBTIQ+-feindlichen Politik des Kremls, welche bereits seit 2013 gegen LGBTIQ+-Personen in Russland vorgeht. Überraschend ist jedoch, dass auch die grundsätzlich proeuropäische Partei GERB als größte Parlamentspartei zugestimmt und damit die Umsetzung des Gesetzes ermöglicht hat.
Während sich die Situation von LGBTIQ+-Personen in den letzten Jahren zwar in westeuropäischen Ländern im Vergleich zu anderen Regionen der Welt deutlich verbessert hat, bleibt Bulgarien ein Land mit weiterhin niedriger Akzeptanz von LGBTIQ+ Personen. Es ist LGBTIQ+ Personen beispielsweise bis heute nicht erlaubt zu heiraten oder Kinder zu adoptieren. Selbst beim Namensrecht und Stiefkindadoption treten immer wieder Probleme auf. Ebenfalls gibt es kaum effektive Maßnahmen zum Schutz gegen Diskriminierung und Geschlechtsidentität. Dadurch bleiben Übergriffe gegen LGBTIQ+-Personen durch populistische und radikale Bewegungen weit verbreitet, brutal und werden oft ungestraft begangen.
Europarat zeigt sich „tief besorgt“
Neben zahlreichen zivilgesellschaftlichen Organisationen, zeigt sich auch der Europarat „tief besorgt“ und fordert eine Abkehr von der „Diskriminierung und feindseligen Rhetorik“ gegenüber LGBTIQ+ Personen. Auch Helena Dalli, die EU-Gleichstellungskommissarin, hat angekündigt, eine Aufforderung an die bulgarische Bildungsministerin zu schicken, wo die Auswirkungen dargelegt werden sollen. Bei Verstoß gegen EU-Recht drohen Konsequenzen, denn ein ähnliches Verfahren gegen Ungarn führte in der Vergangenheit bereits zu einem Entzug von Geldern aus dem Kohäsionsfonds.
Doch nicht nur im Ausland kommt es vermehrt zur Einschränkung der Freiheit von LGBTIQ-Personen. In der vergangenen Woche hat auch in Deutschland ein Protest Rechtsradikaler gegen den Christopher-Street-Day in Bautzen für Aufregung gesorgt und dazu geführt, dass die abendliche Abschlussfeier abgesagt werden musste. Zudem drohten Neonazis am vergangenen Wochenende damit, den CSD in Leipzig zu stören. Dank eines starken Polizeiaufgebots und fast 20.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurde die Aktion allerdings schlussendlich abgesagt.
Diskriminierung und erst recht eine systematische Ausgrenzung von Minderheiten dürfen in Europa keinen Platz haben. Gerade an Schulen und im öffentlichen Raum muss das Recht auf Aufklärung über alternative Lebensweisen gewährleistet werden. Deshalb braucht es einen europaweit einheitlichen Schutz von LGBTIQ+ Personen, um der Beschneidung von Rechten nach russischen Vorbild einen Riegel vorzuschieben.