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Syrienkrieg
Transkript der Aussage des syrischen Aktivisten M.D.

 Idlib gestern: Die Luftschläge vom Wochenende konzentrierten sich zunächst auf die südlichen Vororte Idlibs

Idlib gestern: Die Luftschläge vom Wochenende konzentrierten sich zunächst auf die südlichen Vororte Idlibs

© Syrischer Aktivist M.D.

Der Wortlaut des arabischen Interviews mit dem syrischen Aktivisten M.D. aus Idlib, 07.09.2018, auf Deutsch transkribiert:

Wie wir wissen, ist die Türkei unser Nachbarland und Idlib befindet sich direkt an der Grenze. Mit Beginn der Revolution kam es in Idlib zu einer sehr schwankenden wirtschaftlichen Situation. Die Wirtschaft hat sich aber grundsätzlich verbessert. Idlib bot schon deshalb eine gewisse Stabilität für viele Menschen. So, auf einer Ebene kam es zur Revolution, gleichzeitig aber arbeiteten Bürger für den Erhalt Idlibs. Zum Beispiel in Bildungsfragen, durch die Aufrechterhaltung von Schulen. Es wurde ohne Unterlass gearbeitet - ohne die Aufsicht des Regimes. Krankenhäuser wurden in Stand gehalten, insbesondere während der Luftangriffe. Wir haben auf vielen Ebenen gearbeitet und sind dadurch eine Art Staat im Staate geworden. Wir wurden autark -  unabhängig von Geldflüssen aus der Türkei und anderen Ländern. Stabilität war gut. Idlib wurde zu einem Ort der Stabilität. Für Vertriebene aus Dara'a, Ost Ghouta, Damaskus, Zabadani, Madaya, Homs, Hama, Aleppo... Idllib wurde zu einem Zentrum der Stabilität.

Wir alle wissen, die Vertriebenen hatten nur zwei Optionen: Entweder mit dem grünen Bus nach Idlib fahren, oder sich mit dem Regime arrangieren. Die meisten Menschen die also hierher kamen, sind diejenigen die sich geweigert haben mit dem syrischen Regime zusammenzuarbeiten - sonst wären sie in ihren Regionen geblieben. Die Menschen hier in Idlib sind somit eine Mischung aus Bürgern der Region in und um Idlib, und Vertriebenen aus anderen Orten Syriens. Die gegenwärtige Situation, kann somit in zwei Szenarien zusammengefasst werden: Entweder nationale Versöhnung - d.h. Wiedereingliederung in den syrischen Staat, oder eine Angliederung an der Türkei - und damit Beibehaltung unseres jetzigen Status'. Nicht als türkische Provinz, sondern als Schutzgebiet der Türkei. Dies sind die Optionen, die wir momentan haben, um die kommenden Luftangriffe oder schlimmeres zu verhindern.

Es gibt Gerüchte über mögliche militärische Angriffe auf Idlib. Eine nationale Versöhnung - das ist natürlich nicht nur meine Meinung sondern die Auffassung vieler hier in Idlib - lehnen wir ab. Wenn wir dafür wären, hätten wir dies schon längst in anderen Regionen umsetzen können. Die Menschen in Idlib, lehnen eine nationale Versöhnung ab. wir wollen nicht wieder zum syrischen Regime gehören. Selbst wenn Idlib internationalen Schutz oder ein Generalamnestie bekommen würde, hätten wir anschließend mit anderen Problemen zu kämpfen - Arbeitslosigkeit zum Beispiel und so weiter. So, die Idee einer Wiedervereinigung mit der syrischen Nation ist schwierig. Speziell wenn es darum geht, dies mit einem Regime zu tun, das seine Bürger seit 8 Jahren attackiert. Wir würden nicht willkommen sein. Es fühlt sich an, als würde bald etwas sehr schreckliches passieren.

So - dies ist die Geschichte zu Idlib. Jetzt noch kurz zu dem Gipfel von Teheran. So richtig wichtig war er für uns nicht. warum? Um es kurz zu sagen, die Menschen haben schlicht keinen Einfluss auf seinen Ausgang. Selbst wenn die Türkei, Russland und der Iran zu einem Konsens finden - wir versuchen unsere Stimme durch friedliche Demonstrationen zu erheben. Wie heute, während des Gipfels, an vielen Orten in der Region. Es ist schlicht keine Option für uns, wieder unter die Herrschaft des syrischen Regimes zu fallen.