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Wirtschaft
Trübe Aussichten: Die Konjunktur schwächelt

Die wirtschaftliche Lage ist noch nicht dramatisch, ein Ausblick auf die nächsten Monate ist aber negativ

Die konjunkturelle Lage in Deutschland wird zunehmend schlechter: Das Ende Juli erschienene Konjunkturbarometer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) liegt auf dem tiefsten Stand seit sechseinhalb Jahren. Für das dritte Quartal 2019 erwartet das DIW einen Rückgang der deutschen Wirtschaftsleistung um 0,1 Prozent. Auch der ifo Geschäftsklimaindex, der am 25. Juli veröffentlicht wurde, ist gefallen. Im verarbeitenden Gewerbe war es der stärkste Rückgang seit Februar 2009, ein deutliches Warnsignal.

Aber nicht nur die Industrie schwächelt, auch im Handel und im Dienstleistungssektor hat sich das Geschäftsklima eingetrübt. Einzig im Baugewerbe blicken die Unternehmen optimistischer auf die nächsten Monate. Die wirtschaftliche Lage ist zwar aktuell noch nicht dramatisch, aber der Ausblick auf die nächsten Monate ist deutlich negativ.

Ursachen der Wachstumsschwäche

Der Geschäftsausblick der Industrie, insbesondere ihre Exporterwartungen, werden durch die schwelenden Handelskonflikte belastet. Zum einen ist es die erratische America First Politik unter Trump, die zur Unsicherheit beiträgt. Der Handelskonflikt mit China und die Drohungen gegenüber der EU belasten die exportstarke deutsche Industrie. Mit der Amtsübernahme von Boris Johnson ist zudem ein harter Brexit wahrscheinlicher geworden. Ein solcher ungeregelter Austritt Großbritanniens aus der EU würde die deutsche Wirtschaft hart treffen. Hausgemachte Probleme wie die Dieselkriese sowie die negativen Effekte der Niedrigzinspolitik der EZB auf den Finanzsektor kommen hinzu.

Man darf aber auch nicht vergessen: Nach der großen Finanzkrise gab es wenigstens in Deutschland einen sehr langen Aufschwung. Dass es zu einer Wachstumsdelle kommt, ist nicht ungewöhnlich. Die Situation ist vergleichbar mit langen heißen Tagen, die zu einem reinigenden Sommergewitter führen. Das mag kurzfristig stören, ist aber eigentlich nicht schlimm. Probleme gibt es allerdings, wenn das Sommergewitter auf die falschen Rahmenbedingungen trifft. Dann kann es zu durchaus schlimmen Folgewirkungen kommen: Trifft es auf eine mangelhafte Infrastruktur, kann das Gewitter Überschwemmungen, blockierte Verkehrswege und Stromausfälle verursachen.

Zukunftsvergessene Wirtschaftspolitik holt uns ein

In der Wirtschaftspolitik ist es ähnlich: Eine Konjunkturdelle allein muss keine schlimmen Folgen haben. Aber trifft die Wachstumsschwäche auf eine Wirtschaft, die durch die falschen Rahmenbedingungen gehemmt wird, kann es zu einer länger anhaltenden Rezession kommen. Starre Arbeitsmärkte, zu hohe Steuern und Abgaben sowie drückende bürokratische Regelungen können schnelle Anpassungsreaktion der Unternehmen verhindern.

Angesichts der negativen Auswirkungen der Handelskonflikte könnte es sich rächen, dass eine zukunftsorientierte Wirtschaftspolitik in Deutschland in den letzten Jahren aus dem Fokus geraten ist. Es ging vor allem um die Verteilung von Wohlstand. Die Frage, welche Rahmenbedingungen wir brauchen, um unseren Lebensstandard auch in Zukunft zu halten und zu mehren, hatte keine Priorität.

Diese Haltung lässt sich an vielen Politikfeldern beobachten: So ist der Breitbandausbau immer noch nicht entscheidend vorangekommen. Während man in Estland fast alle öffentlichen Dienstleistungen digital erledigen kann, muss man in Deutschland meist noch aufs Amt. Die Steuerquote ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, von 21,4 Prozent in 2010 auf mittlerweile 23,6 Prozent des BIP. Und die gute Einnahmesituation in der Rentenversicherung wurde nicht etwa genutzt um die Beiträge zu senken: Stattdessen wurden mit den Rentenpaketen in 2014 und 2018 die Leistungen für einzelne Gruppen kräftig erhöht.

Neustart der Wirtschaftspolitik

Trotzdem gibt es keinen Grund zur Panik. Gerade weil die letzten Jahre wirtschaftlich so gut liefen, ist die Ausgangslage immer noch sehr gut. Wir müssen nur endlich aufwachen, und die Grundlagen für den Wohlstand von morgen legen. Ansatzpunkte bieten sich viele. So sollten wir beispielsweise:

  • Den Solidaritätsbeitrag wie versprochen ganz abschaffen.
  • Den Bürokratieabbau angehen – von übertriebenen Bauvorschriften bis hin zu Berichts- und Dokumentationspflichten ist hier noch viel zu tun.
  • Die digitale Verwaltung umsetzen, um den Aufwand der Bürokratieerfüllung zu reduzieren.
  • Ein modernes Arbeitsrecht für die digitale Gesellschaft umsetzen, das auf Selbstbestimmung und Autonomie setzt.
  • Die Rentenversicherung auf den demographischen Wandel vorbereiten.

Die Liste lässt sich fortsetzen. Wichtig ist es auf jeden Fall, den negativen Impulsen durch Handelskonflikte und Brexit-Gefahr positive Signale entgegenzusetzen. So können wir dafür sorgen, dass es beim letztlich harmlosen Sommergewitter einer Konjunkturdelle bleibt und es keine Flut- und Sturmschäden einer lang anhaltenden Rezession gibt.