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Eine Kolumne von Karl-Heinz Paqué

Gebäudeenergiegesetz
Wärmepumpe oder Fernwärme?

Die kommunale Wärmeplanung muss vor der Wahl der Heizungsart erfolgen. Sonst treibt die Politik Hausbesitzer in eine Sackgasse.  
Warnschild "Gefahrstelle" (Zeichen 101) und ein Zusatzschild mit der Aufschrift "Gebäudeenergiegesetz".
© picture alliance / SULUPRESS.DE | Torsten Sukrow / SULUPRESS.DE

Merkwürdig! Seit einigen Wochen wird das von Wirtschaftsminister Robert Habeck vorgelegte Gebäudeenergiegesetz (GEG) kontrovers diskutiert. Es sieht vor, dass neu installierte Heizungen ab Anfang 2024 zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen.

Seit dieser Woche kursiert nun der Entwurf eines ergänzenden Gesetzes „zur Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze“, den Bundesbauministerin Klara Geywitz vorgelegt hat. Er befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung. Der Entwurf enthält die bundesrechtliche Vorgabe, dass größere Städte (mit mehr als 100.000 Einwohnern) bis Ende 2026 und kleinere Städte (mit 10.000 bis 100.000 Einwohnern) bis Ende 2028 sogenannte Wärmepläne beschließen. Diese sollen verbindlich klären, welche Wärmeversorgung für welche Siedlungsgebiete angestrebt wird.

Hausgemachte Ungewissheit

So weit, so gut. Aber wirklich? Bei genauerem Hinsehen fragt man sich ernsthaft, wie die Termine zusammenpassen sollen. Der Minister von Bündnis 90/Die Grünen zwingt die Hauseigentümer schon in wenigen Monaten in eine neue Welt der klimafreundlichen Infrastruktur, während die sozialdemokratische Bauministerin den Kommunen noch zwei bzw. vier Jahre Zeit gibt, ihre Planungen zu konkretisieren. Das hat zur Folge, dass Hausbesitzer, deren alte Heizung in den Jahren 2024 bis 2026 bzw. 2028 kaputt geht, diese ersetzen müssen, ohne überhaupt zu wissen, welche Optionen sie für die Zukunft haben: Wird die Kommune in ihrer Straße, in der Siedlung oder im ganzen Stadtteil ein Fernwärmenetz aufbauen oder nicht? Kann dieses Netz perspektivisch klimafreundlich mit Abwärme aus nahe gelegenen Industrieprozessen, Müllverbrennungsanlagen, Serverzentren, Klär- oder Biogasanlagen betrieben werden? Könnten wir uns als Hausbesitzer in dieses Netz einklinken, statt für jedes Gebäude eine teure Wärmepumpe zu installieren?

Die Hast bei der GEG-Fristsetzung hat also ihren Preis, nämlich die mutwillige Diskriminierung von denjenigen, die man als „Frühinvestoren“ bezeichnen könnte. Diese werden zu Fehlinvestitionen geradezu animiert. Dies ließe sich relativ einfach korrigieren, indem man die beiden Gesetze zeitlich synchronisiert oder noch besser die Anwendung des GEG auf einen Zeitpunkt deutlich nach der Umsetzung des Wärmeschutzgesetzes verschiebt, um allen Investoren ein wenig Zeit zu geben, die kommunalen Planungen in ihren umfassenden Konsequenzen zur Kenntnis zu nehmen und in die eigenen Entscheidungen einzubeziehen.

Aura der Panik

Eigentlich absolut naheliegend. Warum ist das nicht von Anfang an geschehen? Die Antwort liegt wohl in der Eile, mit der das GEG in Habecks Ministerium ausgearbeitet wurde. Nicht die optimale Lösung steht im Vordergrund, sondern die schnellste - koste es, was es wolle, auch um den Preis von Fehlinvestitionen. Diese Eile wiederum ist das Ergebnis einer Aura der Panik, die die Diskussion um den Klimawandel zunehmend beherrscht, vor allem in Kreisen der politischen Linken, auch bei den Grünen. Es kann gar nicht schnell genug gehen. Dabei wird übersehen, dass bei der Transformation von Gesellschaft und Wirtschaft in Richtung Klimaneutralität viele politische Weichenstellungen voneinander abhängen und sich ergänzen. Die Alternative Wärmepumpe vs. Fernwärme ist dafür ein Paradebeispiel. Denn hinter der Verfügbarkeit von Fernwärme stehen gigantische öffentliche Investitionen in eine Infrastruktur, deren Rentabilität maßgeblich davon abhängt, ob sich eine Region aufgrund von Siedlungsdichte, Gebäudealter und verfügbaren Energieträgern für eine zentrale Wärmeversorgung eignet. Und das ist alles andere als trivial.

Fazit: Die Ampelkoalition muss die Fristen in den Gesetzentwürfen sinnvoll anpassen. Und zwar so, dass Fehlinvestitionen minimiert werden. Das ist eine der vielen Aufgaben der nächsten Wochen, wenn es darum geht, den Weg zur klimaneutralen Wärmeversorgung zu ebnen.