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Herausforderung Kryptoregulierung

Bitcoin Kryptowährung

Herausforderung bei der Kryptoregulierung

© picture alliance / Jochen Tack | Jochen Tack

Gleich zweimal hat die Regulierung von Kryptowerten in den vergangenen Wochen für hitzige Debatten im Europäischen Parlament gesorgt. Seit Monaten ringen Kommission, Parlament und Mitgliedsstaaten um einen belastbaren Rechtsrahmen für digitale Währungen und Kryptowerte. Sowohl die Kryptobranche als auch die etablierte Finanzindustrie verlangt schon lange nach Regeln für Bitcoin und Co, um Geschäfte mit Kryptowerten rechtssicher durchführen zu können. Genau das sollen die Verordnung über die Erbringung von Krypto-Dienstleistungen (MiCA) sowie die neuen Regeln für die Geldwäschebekämpfung in der Transfer of Funds Verordnung leisten. Während sich bei der ersten Abstimmung über MiCA noch die Befürworter und Befürworterinnen einer ausgewogenen und technologieneutralen Regulierung durchsetzen konnten, hatten bei der Geldwäschebekämpfung Abgeordnete mit einem sehr harten Kurs die Mehrheit. Die Konsequenzen für die Kryptoindustrie in Europa könnten verheerend sein.

Bitcoin Verbot abgewendet

Bei der ersten Abstimmung ging es konkret um eine Passage in der MiCA-Verordnung, mit der einige Abgeordnete besonders energieintensive Kryptowährungen verbieten wollten. Fast alle Kryptowährungen basieren auf der sogenannten Blockchain-Technologie, mit der Transaktionen nicht bei einem zentralen Intermediär, sondern dezentral in einem verteilten Netzwerk auf unendlich vielen Knotenpunkten gespeichert werden. Für diese dezentrale Kassenbuchführung braucht es einen Konsens-Mechanismus, über den sich die zahlreichen Knotenpunkte über den aktuellen Stand des Kassenbuches einigen und der damit sicherstellt, dass alle im Netzwerk mit der gleichen Datengrundlage arbeiten. Im Fall von Bitcoin und Ethereum ist das der sogenannte Proof-of-Work Mechanismus. Über die Lösung komplizierter Rechenaufgaben, das sogenannte Mining, einigt sich das gesamte Netzwerk auf den nächsten Block und verifiziert dabei vorangegangene Transaktionen.

Für den Einsatz der Rechenleistung erhält der schnellste Miner anschließend eine Belohnung in Bitcoin. Das größte Problem dieses Verfahrens ist der enorme Energieverbrauch. Ein Großteil der abgerufenen Rechenleistung wird schließlich nur dafür benötigt sicherzustellen, dass nicht einige wenige Rechner das gesamte System dominieren und die Transaktionshistorie nach Belieben ändern können. Einige Industrievertreter verweisen oft darauf, dass ein Großteil des Mining mit Energie aus erneuerbaren Quellen betrieben wird oder das Netzwerk im Vergleich zum traditionellen Finanzsystem einen geringen Stromverbrauch hat – das Ausmaß der Energieverschwendung ist aber schwer zu leugnen. Aus diesem Grund werden für viele Kryptowährungen energiesparsamere Konsens-Mechanismen entwickelt. Das derzeit nach Marktkapitalisierung zweitgrößte Blockchain-Netzwerk Ethereum will noch in diesem Jahr auf ein neues Verfahren umstellen. Mit dem Vorgehen gegen Proof-of-Work hätten die Abgeordneten zum aktuellen Zeitpunkt aber faktisch ein Verbot von Bitcoin, Ethereum und vielen anderen Kryptowährungen in der EU herbeigeführt und weitere Innovation im Kryptobereich erschwert oder gar verhindert. Das nächste Mal wird die Frage des Energieverbrauches von Kryptowerten wohl wieder bei der Diskussion über die EU-Taxonomie auf die Agenda gesetzt.

Strikter reguliert als Banken

Auf den ersten Schock und die Erleichterung darüber, dass das Verbot abgewendet werden konnte, folgte gleich die nächste regulatorische Auseinandersetzung für die Kyptobranche. Angesichts der Diskussion über den Missbrauch von Kryptowährungen zur Umgehung von Sanktionen gegen Russland hat das Europäische Parlament die Debatte über die Umsetzung der Transfer of Funds Regulation (TFR), einer internationalen Regelung über die Weitergabe von Identitäten bei Transfers zur Geldwäscheverhinderung vorgezogen. Dafür hatte die Europäische Kommission vorgeschlagen, die bisherigen Regeln der Financial Action Task Force (FATF), die für das Bankwesen und im Bargeldverkehr gelten, auch auf Kryptowerte zu übertragen. Bei der Debatte über den Vorschlag im Europäischen Parlament ging es vor allem um selbstverwaltete Wallets. In diesen auch als unhosted oder non-custodial bezeichneten Wallets können Personen ihre Kryptowerte direkt halten und sind dabei nicht auf einen Intermediär wie zum Beispiel eine Bank angewiesen. Dafür werden beispielsweise Apps auf dem Smartphone oder ein Hardware-Wallet (ein USB-Stick mit besonderer Software) oder einfach ein Stück Papier genutzt. Hier findet im ersten Schritt – ähnlich wie bei der eigenen Geldbörse für klassisches Bargeld - auch keine Identitätsprüfung statt. Die Unabhängigkeit von Intermediären ist insbesondere für Menschenrechtsaktivisten in autoritären Staaten wie Russland lebensnotwendig. Es ermöglicht außerdem Menschen aus Entwicklungsländern einen unkomplizierten Zugang zum globalen Finanzsystem.

Aus Sicht der Regulierer wird dies wiederum zum Problem, wenn aus den Wallets Kryptowerte an Handelsplattformen übertragen und in klassische Währungen umgetauscht werden sollen. Schon heute sind Handelsplattformen dazu verpflichtet, die eigenen Nutzer – ähnlich wie Banken – zu identifizieren. Um einen Missbrauch zu verhindern, gibt es dafür Höchstgrenzen und Verdachtsmeldungen bei auffälligen Transaktionen, etwa bei vielen Kleinsttransaktionen an oder aus einem Wallet. So sah die TFR im Entwurf der Europäischen Kommission eigentlich erst eine Identitätsprüfung für Transfers ab einem Betrag von mindestens 1.000 Euro vor, wie es für alle weiteren Finanzdienstleister üblich ist. Doch der Berichterstatter im Europäischen Parlament beantragte genau diese Grenze zu kippen und eine Sonderregelung für Kryptowerte zu schaffen. Zukünftig sollen Krypto-Börsen außerdem dazu verpflichtet werden, auch unabhängig von einem Verdachtsfall die Identität von Zahlungsempfängern zu überprüfen und zu dokumentieren. Infolge dieser geänderten Regel müssten die Handelsplattformen auch Daten von Nicht-Kunden ohne deren Einverständnis sammeln. Nach einer im Parlament und den sozialen Netzwerken mit vielerlei Anschuldigen geführten Debatten sind die Änderungsvorschlage in den entsprechenden Ausschüssen angenommen worden.

Für die Befürworter der Änderung steht die Gefahr eines Missbrauchs selbstverwalteter Wallerts für Geldwäsche im Vordergrund. Dabei sind die meisten Kryptowährungen denkbar ungeeignet für Geldwäsche. Anders als der Name vermuten lässt, sind die Transaktionen auch mit selbstverwalteten Wallets nicht geheim, sondern vollkommen öffentlich. Die Nachvollziehbarkeit aller Transaktionen ist eines der Grundprinzipien, auf dem die Distributed Ledger oder Blockchain Technologie basiert. Jeder Coin hat eine Transaktionshistorie, die sich zumindest bei den gängigsten Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum in der öffentlichen Blockchain nachvollziehen lassen. Im Unterschied zu Banküberweisungen sind allerdings Sender und Empfänger nur durch eine Nummer erkennbar, sodass die involvierten Personen anhand ihrer Wallets identifiziert werden müssten. Das ist in der Vergangenheit häufig dann erfolgt, wenn kriminelle Nutzer versucht haben, die Kryptowährungen in reguläre Währungen umzutauschen oder damit Waren gekauft haben. Folgt man den Statistiken des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC), werden Währungen im Wert von rund 2 bis 5 Prozent des globalen Bruttoinlands für Geldwäsche genutzt. Demgegenüber stehen laut dem Crypto Crime Report 2022 der Datenplattform Chainanalysis für das Jahr 2021 0,15 Prozent der Transaktionen mit Kryptowährungen im Zusammenhang mit kriminellen Zwecken. Insofern erscheint eine Schlechterstellung von Krypto-Börsen im Vergleich zu klassischen Finanzinstitutionen unverhältnismäßig. Viel mehr noch könnte die Regulierung den Binnenmarkt als Standort für Kryptowerte erheblich schwächen und auch ehrliche Nutzer in die Illegalität und auf den Schwarzmarkt gedrängt werden.

Effektive Strafverfolgung statt Generalverdacht

Dass es auch anders geht, zeigen die Vereinigten Staaten. Mit der Ankündigung einer umfassenden Regulierung von Kryptowerten und digitalen Währungen hat die US-Regierung vor Kurzem deutlich gemacht, dass sie die Vormachtstellung im globalen Finanzwesen auch im Kryptobereich einnehmen wollen. Problemen mit der Nutzung von Kryptowährungen für illegale Zwecke begegnen die Strafverfolgungsbehörden auf der anderen Seite des Atlantiks bereits seit Jahren erfolgreich mit ausgereiften technischen Lösungen. So war das FBI schon vor Jahren in der Lage, den Gründer des virtuellen Schwarzmarktes Silk Road, der sich aufgrund der Nutzung der Kryptowährung Bitcoin in falscher Sicherheit wog, ausfindig zu machen und zur Verantwortung zu ziehen. Seitdem haben die amerikanischen Behörden zahlreiche Fahndungserfolge gegen Kryptokriminalität zu vermelden und werden mithilfe privater Akteure wie Chainanalysis oder Elliptic immer versierter in der Verfolgung illegaler Transaktionen.

Zudem sanktioniert das US-Amt zur Kontrolle von Auslandsvermögen (OFAC) gezielt Kryptobörsen wie Suex und Chatex, wenn sie in Geldwäscheaktivität verstrickt sind. Durch diesen Ansatz sind die USA einerseits in der Lage, ihre zentrale Rolle im Finanzsystem auch im Kryptobereich auszubauen, anderseits gehen sie nach anfänglicher Skepsis gegenüber Kryptowährungen insgesamt nun gezielt und erfolgreich gegen Kryptokriminalität vor – ohne die Innovation der Branche zu ersticken. Die Art und Weise, wie Kryptowährungen reguliert werden, ist dabei nicht nur für die Kryptobranche und deren Nutzer entscheidend, sondern hat auch handfeste geopolitische Bedeutung. Die aktuellen Finanzsanktionen gegen Russland waren auch deswegen so effektiv, weil die Vereinigten Staaten und die EU mit den beiden wichtigsten klassischen Währungen (Dollar und Euro), Finanzplätzen und SWIFT eine zentrale Stellung im globalen Finanzsystem einnehmen. Wenn Brüssel nun mit überbordender Regulierung die gerade entstehende Kryptobranche und ihre innovativen Technologien behindert, verliert die EU an Einfluss auf die globale Standardsetzung im Bereich digitaler Währungen.