Restart21
Mehr Mut zu privaten Investitionen
In dieser Woche kursierte in den sozialen Medien ein kurzer Ausschnitt aus einem BILD-Talk mit Olaf Scholz von vor zwei Jahren. In dem Video rühmt sich der deutsche Finanzminister damit, dass er sein Geld wie viele andere auf dem Girokonto lässt. Die Entscheidung darüber, wie er sein eigenes Geld anlegt, ist seine Privatsache. Aber gleichzeitig sendet er damit ein öffentliches Signal, dass bedenklich ist. Denn die Selbstverständlichkeit mit der Deutschlands oberster Finanzpolitiker erklärt sein Geld nicht renditebringend anzulegen, trägt zu einer Stimmung bei, die Vermögensbildung erschwert. Das Sparen wird in Deutschland nicht zu Unrecht als Tugend angesehen – aber sparen allein ist noch kein Vermögensaufbau! Deshalb ist es äußerst ungünstig, dass Worte und Politik der Bundesregierung Analageformen begünstigen, die noch aus Zeiten stammen, in denen Inflation und Zinsen höher waren.
Niedrige Zinsen erfordern neue Anlagestrategie
Seit mehr als einem Jahrzehnt gehen die Zinsen kontinuierlich zurück. Gleichzeitig steigt die Notwendigkeit finanziell für das Alter vorzusorgen. Der Zinsentwicklung folgt dabei einem globalen Trend hin zu Niedrigzinsen, der wohl auch vom demografischen Wandel und dem wirtschaftlichen Aufstiegs China getrieben ist. Eine Rückkehr zu Sparbuch und Festgeldkonto mit garantiert hohen Zinsen wird es mit großer Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft nicht geben. Denn angesichts der globalen Zinsentwicklung wird auch die Europäische Zentralbank mit einer anderen Geldpolitik die Hoffnung auf höhere Zinsen nicht erfüllen können. Dies ist auch angesichts der hohen Staatsverschuldung in den Euro-Mitgliedsländern unwahrscheinlich.
Natürlich kann niemand seriös mit Sicherheit voraussagen, wie sich die Zinsen in der Zukunft entwickeln werden. Es gibt renommierte Ökonomen wie Charles Goodhart, die davon ausgehen, dass Inflation und Zinsen mittelfristig wieder steigen werden. Doch ein Großteil der Ökonominnen und Ökonomen geht davon aus, dass der globale Trend zu niedrigen Zinsen anhält. Damit in diesen Zeiten Vorsorge für das Alter, Vermögensbildung und Sparen für weite Teile der Bevölkerung gelingt, braucht es Politik und Bildung, die private Investitionen ermöglicht. Denn viel zu häufig geschieht noch das Gegenteil.
Finanzielle Bildung für informierte Investments
Noch schwerer wiegt wohl die mangelhafte ökonomische und finanzielle Bildung in Deutschland. Laut der Jugendstudie 2018 des Bankenverbandes geben rund zwei Drittel der befragten Jugendlichen und jungen Erwachsenen an, geringe Kenntnisse darüber zu haben, was an der Börse geschieht. Da es bei der finanziellen Bildung vor allem um lebenspraktische Fragen geht –wie um den Umgang mit Krediten – ist dieses Wissensdefizit gerade unter dem Gesichtspunkt der Chancengerechtigkeit problematisch. Aktuell hängt die Erfahrung im Umgang mit Geld in erster Linie von der Erziehung im Elternhaus ab. Aussagen wie die des Bundesfinanzministers verstärken diesen Trend. Die geringe Kompetenz in der finanziellen Bildung ist ein möglicher Grund für die große Zurückhaltung der Deutschen beim Vermögensaufbau. Zwar ist die Sparquote in Deutschland wie beschrieben hoch - aber Sparen alleine bedeutet noch keinen Vermögensaufbau!
Schulfach Wirtschaft
Die Einführung von Wirtschaft kann wesentlich dazu beitragen, die Chancengerechtigkeit auf dem Gebiet der finanziellen Bildung zu verbessern. Kinder und Jugendliche sollten die Grundlagen im Umgang mit Geld frühzeitig lernen – von der Budgetplanung über das Sparen bis hin zum Umgang mit Krediten. Auch das magische Dreieck der Geldanlage – der Zielkonflikt zwischen Rendite, Sicherheit und Liquidität – sollte auf dem Lehrplan stehen, ebenso Fragen zum Umgang mit Versicherungen und Verträgen. Ziel ist es dabei, Kinder und Jugendliche in ihrer Verbraucherkompetenz zu stärken und sie auf den eigenverantwortlichen Umgang mit finanziellen Fragen vorzubereiten. Der Unterricht sollte sich dabei an der Lebensrealität der Kinder und Jugendlichen orientieren und könnte beispielsweise an den Umgang mit Taschengeld anknüpfen. Über den Schulunterricht hinaus sollten auch die Volkshochschulen Kurse für Erwachsene im Bereich der finanziellen Bildung anbieten. So könnte ein Teil der Wissenslücken behoben werden, die durch die Defizite bei der ökonomischen und finanziellen Allgemeinbildung in den vergangenen Jahrzehnten entstanden sind.
Politische Ansätze zur Stärkung des Vermögensaufbaus
Über die Stärkung der finanziellen Bildung hinaus kann die Politik einiges dazu beitragen, die Vermögensbildung in Deutschland zu stärken. Ein Gutachten vom Kieler Institut für Weltwirtschaft bescheinigt etwa den Plänen für eine Finanztraktionssteuer, dass sie vor allem Kleinanleger belaste. Auch Forderungen, wie die Abschaffung der Abgeltungssteuer würde Kleinanleger treffen. Auf beide Maßnahmen sollten wir also verzichten. Darüber hinaus könnte ein Vermögensaufbaupaket eine Erhöhung des Sparerpauschbetrags (der auch für Dividenden gilt) vorsehen, sowie einen Freibetrag für den Erwerb von Wohneigentum bei der Grunderwerbssteuer. Auch die Wiedereinführung der Spekulationsfrist für Aktiengewinnen, beispielsweise nach einer Haltefrist von fünf Jahren könnte dazu beitragen, die Aktienkultur in Deutschland zu stärken. Für die gesetzliche Rentenversicherung gibt es zudem bereits konkrete Vorschläge für die Einführung einer Aktienrente, bei der ein Teil der Rentenbeiträge in einen staatlichen Aktienfonds investiert wird. So kann auch der Staat dazu beitragen Hemmungen gegenüber privaten Investitionen abzuschwächen. Mehr private Investitionen, ob zur Altersvorsorge oder dem Vermögensaufbau, dienen dabei nicht nur dem eigenen Konto, sondern stärken auch insgesamt den wirtschaftlichen Wohlstand. Denn Geld, das gezielt investiert wird, ermöglicht Unternehmen erfolgreicher zu sein und Arbeitsplätze zu schaffen.