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McCarthys Absetzung: Wie kam es zum Sturz des Sprechers des US-Repräsentantenhauses?

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McCarthys Absetzung: Wie kam es zum Sturz des Sprechers des US-Repräsentantenhauses?

Die vergangene Woche war eine der dramatischsten in der jüngeren Geschichte der amerikanischen Demokratie. Ein tagelanges parlamentarisches Ringen um eine Billigung des Staatshaushaltes für das zum 1. Oktober beginnende Haushaltsjahr konnte erst wenige Stunden vor Ende der Frist, die um Mitternacht des 30. September endete, in einer parteiübergreifenden Abstimmung beendet werden. Ein Scheitern des Beschlusses hätte eine Haushaltssperre und damit die Blockierung der Gehaltsauszahlungen von Millionen von Regierungsangestellten und Miltärangehörigen zur Folge gehabt – und die Schließung staatlicher Einrichtungen, Museen und Nationalparks. Der in den beiden Kammern des Kongresses erzielte Kompromiss hatte mit der Absetzung des Sprechers des Repräsentantenhauses aber noch dramatischere Folgen – ein Vorgang, den es in der amerikanischen Geschichte noch nie gegeben hatte. Wir erläutern die Hintergründe.

Stein des Anstoßes, warum kein regulärer Haushaltsplan verabschiedet werden konnte, waren Forderungen einiger Abgeordneter des rechtsaußen orientierten Spektrums innerhalb der republikanischen Mehrheit im Repräsentantenhaus, die Ausgaben um 120 Milliarden Dollar zu kürzen und strengere Gesetze zur Regulierung des Zustroms an Einwanderern an der mexikanischen Grenze zu beschließen. Zudem lehnten diese Abgeordneten die milliardenschweren Hilfsgelder an die Ukraine ab, die ebenfalls Teil des Haushaltsplans waren, und denen besonders von demokratischen Abgeordneten eine sehr hohe Bedeutung für die erfolgreiche Weiterführung der ukrainischen Gegenoffensive im Krieg gegen Russland beigemessen wurden. Da der Haushalt auch von der zweiten Kammer, dem Senat, verabschiedet werden muss, wo die Demokraten in der Mehrheit sind, war ein parteiübergreifender Kompromiss erforderlich. Als deutlich wurde, dass dieser nicht vor Ende der Frist gelingen würde, brachte der Sprecher des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, einen Übergangshaushalt ein, der die Hilfszahlungen an die Ukraine nicht mehr enthielt und der die staatlichen Ausgaben zunächst bis Mitte November sicherstellte. Doch auch dafür erhielt er in den Reihen seiner eigenen Partei keine Mehrheit. Nur dank Zustimmung von Abgeordneten der demokratischen Partei wurde der Übergangshaushalt verabschiedet und der „Shutdown“ vermieden – zumindest für einige Wochen.

Die Hardliner bei den Republikanern hatten McCarthy für einen solchen Fall – eine Zusammenarbeit mit der verhassten demokratischen Gegenseite – bereits im Vorfeld mit Vergeltung gedroht. Diese kam dann auch in Form einer „Motion to Vacate“ – eines Antrags zur Absetzung des Sprechers des Repräsentantenhauses. Dieser wurde eingebracht durch den Intimfeind von Kevin McCarthy, den republikanischen Abgeordneten aus Florida Matt Gaetz. Und er konnte genügend Mitglieder seiner eigenen Fraktion davon überzeugen, seinem Antrag zuzustimmen – die Mehrheit der Republikaner in der Kammer ist so knapp, dass es ausreichte, sechs Abgeordnete auf seine Seite zu ziehen, um die erforderliche Mehrheit zu erzielen – während sich auch die Demokraten erwartungsgemäß dafür entschieden, den aus der Gegenpartei stammenden Sprecher nicht im Amt zu halten.

Die Frage, wie es zum Sturz eines der einflussreichsten Politiker des Landes durch seine eigenen Gefolgsleute kam, ist kompliziert. Die Antwort kann auf die Zeit zurückgeführt werden, als McCarthy vor neun Monaten Sprecher wurde. McCarthy brauchte im Januar brutale 15 Wahlrunden, bevor er gewählt wurde. Dies gelang nur, indem er den republikanischen Hardlinern mehrere Zugeständnisse machte, die deren Macht erheblich erhöhten.

Die wichtigste und nunmehr folgenschwerste Entscheidung brachte McCarthy schließlich zu Fall. Noch 2019 hatten die Demokraten, als sie noch die Mehrheit im Repräsentantenhaus stellten, die Regeln zur Entlassung des Sprechers so verändert, dass ein entsprechender Antrag zuvor von einem Parteitag ratifiziert werden musste. Im Vorfeld zu McCarthys Wahl im Januar 2023 wurde diese Regelung wieder zurückgenommen und die Position des Sprechers also erheblich geschwächt, um damit die Zustimmung seiner parteiinternen Gegner zu erzielen. Nun konnte der Absetzungsantrag durch einen einzelnen Abgeordneten eingebracht und mit einfacher Mehrheit verabschiedet werden. Dieses Zugeständnis machte den politischen „Königsmord“ durch Matt Gaetz überhaupt erst möglich.

Nach McCarthys Absetzung strebten der republikanische Fraktionsführer Steve Scalise, der rechte Hardliner Jim Jordan und der langjährige Vertreter des Bundesstaats Georgia, Austin Scott, die Nominierung zum nächsten Sprecher des Repräsentantenhauses an.

Scalise gewann zunächst mit 113 zu 99 Stimmen, zog seine Kandidatur aufgrund von Interessenkonflikten jedoch einen Tag später zurück. Die Hausrepublikaner nominierten daraufhin Jim Jordan mit 124 Stimmen. Austin Scott trat erst später zur Wahl an und sicherte sich 80 Stimmen. Angesichts der knappen republikanischen Mehrheit und der zwei unbesetzten Stellen im Haus benötigt ein Kandidat mindestens 217 Stimmen, um Sprecher des Repräsentantenhauses werden zu können.

Die Demokraten empfehlen ihrem Caucus, so wie schon bei McCarthys Wahl im Januar, für Hakeem Jeffries als Führer der demokratischen Minderheit im Repräsentantenhaus zu stimmen. Jeffries rief öffentlich zur Bildung einer parteiübergreifenden Koalition auf und berichtete, dass diesbezüglich bereits informelle Gespräche zwischen Hausdemokraten und Republikanern stattfinden. In der kommenden Woche möchte er mit offiziellen Gesprächen beginnen.

Die Republikaner streben an am Dienstag über den neuen Sprecher des Repräsentantenhauses abzustimmen. Noch ist unklar, ob Jim Jordan bis dahin genügend Unterstützung finden wird, um die Wahl für sich zu entscheiden.