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Philippinen
Das bedeutet der Besuch des philippinischen Präsidenten Marcos Jr. für Deutschland

Der philippinische Präsident Marcos Jr. und Sohn des Ex-Diktators besucht Deutschland
Auf dem Foto sitzt der philippinische Präsident Marcos Jr. in einer Diskussionshaltung.

Ferdinand Emmanuel „Bongbong“ Romualdez Marcos Jr. ist seit dem 30. Juni 2022 Präsident der Philippinen und Sohn des ehemaligen Diktators Ferdinand Marcos.  

© picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Hamish Blair

Anlässlich des 70-jährigen Jubiläums der deutsch-philippinischen diplomatischen Beziehungen kommt Marcos Jr. nach Deutschland. 5 Einschätzungen von der Leiterin unseres Büros in Manila, Almut Besold.

1. Frau Besold, wie ist Präsident Marcos Jr. einzuschätzen?

Ferdinand Marcos Junior wird in den Philippinen meist nur „Bongbong Marcos“ oder „BBM“ genannt. Er ist der einzige Sohn des philippinischen Ex-Diktators Ferdinand Marcos, der von 1965 bis 1986 regierte. In den Jahren 1972 bis 1981 galt Kriegsrecht. Seine Ehefrau Imelda gelangte mit ihrer auffallenden Schuh- und Schmuckkollektion zu fragwürdiger Berühmtheit. Später sorgte sie dafür, dass ihr 1989 im Exil in den USA verstorbener Mann doch noch auf dem Heldenfriedhof in Manila seine letzte Ruhestätte fand. Das führte auch zu Unmut in der Bevölkerung. Marcos zählte mit Suharto (Indonesien) und Mobutu Sese Seko (Kongo) in den 1970er Jahren zu den korruptesten Machthabern weltweit. Zudem wird Ferdinand Marcos vorgeworfen, er habe Tausende seiner Gegner verhaften sowie zahlreiche foltern und töten lassen. Eine Aufarbeitung dieser dunklen Marcos-Jahre gab es nie.

Imelda Marcos, heute 94 Jahre alt, stärkt ihrem Clan bis heute den Rücken. Außer Präsident Marcos Junior haben 15 weitere Familienangehörige politische Ämter. Ein Cousin des Präsidenten ist Parlamentssprecher, eine Schwester Senatorin. Die Verfassung schreibt vor, dass es keine Politikerdynastien geben darf, in denen politische Macht gebündelt wird. Da Parlament und Senat jedoch seit jeher von solchen Dynastien dominiert werden, wurde nie ein Gesetz verabschiedet, das der Verfassungsvorgabe nachkommt.

2. Wie läuft der Deutschlandbesuch von Präsident Marcos Jr. ab?

Marcos Jr. trifft am 11. März ein und wird am 13. März nach Tschechien weiterreisen. Am 12. März nimmt er an einem Wirtschaftsforum teil, das vom philippinischen Industrie- und Handelsministerium sowie dem Asien-Pazifik-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft (APK) ausgerichtet wird.

Marcos Jr. hatte Ende Februar Australien besucht. Dort gab es seitens der „Philippine Australia Association“ Proteste. Sie forderte, dass gerade jetzt, wo die Marcos-Familie wieder an Schaltstellen der Macht sitzt, die Menschenrechtsverletzungen des Vaters nicht vergessen werden dürften. In Deutschland leben etwa 60.000 Filipinas und Filipinos. Ähnliche Proteste wie in Australien sind nicht auszuschließen.

3. Was bedeutet der Besuch des philippinischen Präsidenten für beide Länder?

Mit Marcos Jr. kommt erstmals seit zehn Jahren wieder ein philippinischer Präsident nach Deutschland. Zum einen dürfte die Intensivierung der Handelsbeziehungen Thema sein. Deutschland ist zwölftgrößter Handelspartner der Philippinen. Zudem könnte es bei Gesprächen – eng verknüpft mit Handel – um die Sicherung der Seewege im südchinesischen Meer gehen. Im Rahmen eines „Mutual Defense Treaty“ von 1951 arbeiten die Philippinen eng mit den USA zusammen. Philippinische und US-Schiffe führen gemeinsame Patrouillen durch, um das westphilippinische Meer gegen chinesische Ansprüche zu verteidigen. Dort eine Eskalation zu verhindern, ist auch im Interesse Deutschlands. Außenministerin Baerbock hatte im Januar bei ihrem Besuch in Manila eine Drohne übergeben.

Die Philippinen arbeiten eng mit Japan, Australien, Kanada, Frankreich, Großbritannien sowie neuerdings auch mit Indien zusammen. Während seines Australienbesuchs machte Marcos kein Hehl daraus, dass er sein Land – wie schon während des Zweiten Weltkrieges – an vorderster Front sehe gegen Aktivitäten, die regionalen Frieden und Stabilität gefährden.

4. Wie gut sind die deutsch-philippinischen Beziehungen?

Deutschland hat im Vergleich zu den USA, die von 1898 bis 1946 Kolonialmacht waren, viel weniger Berührungspunkte mit den Philippinen. Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Bonn und Manila im Jahr 1954 diente insbesondere der Verbesserung des Handels. In dieser Tradition ist auch der Besuch von Marcos in Deutschland zu sehen. Der Präsident hat übrigens nach weniger als zwei Amtsjahren mehr als 20 Auslandsreisen hinter sich. Zwar wird er für seine vielen Reisen teilweise kritisiert. Aber ihm gelingt es dabei auch immer wieder, Auslandsinvestitionen anzuziehen.

Deutschland ist aus Sicht der Philippinen ein wichtiger Investor, vor allem im Bereich erneuerbare Energien. Dort wurden Beschränkungen für ausländisches Kapital aufgehoben. Das schafft gute Voraussetzungen für wirtschaftliche Zusammenarbeit.

5. Welche wichtigen Themen gibt es noch auf den Philippinen?

Die Philippinen zählen weltweit zu den zehn Ländern, die am meisten von den Folgen des Klimawandels betroffen sind. Dekarbonisierung ist nötig. Dabei kann Deutschland – wie es das auch in anderen Ländern macht – mit Fachwissen unterstützen. Die Philippinen wiederum können Deutschland beim Thema Fachkräftemangel unterstützen. Die Philippinen sind ein wichtiges Rekrutierungsland für Fachkräfte, zum Beispiel im Pflegebereich. Die Philippinen sind stolz darauf, dass ihr wichtigster Export ihre Arbeitskräfte sind.