Philippinen
Leila de Limas Freispruch - Lichtblick in den Philippinen
In den Philippinen ließ das Landesgericht Mutinlupa am 24. Juni auch den letzten
Anklagepunkt gegen die ehemalige Justizministerin und Senatorin Leila M. de Lima fallen. Die hartnäckige Kritikerin des ehemaligen Präsidenten Duterte war im Jahr 2017 verhaftet worden und musste mehr als sechs Jahre lang in Untersuchungshaft bleiben. Vergangenen November kam sie auf Kaution frei. Nun laufen endlich keine Verfahren mehr gegen sie, de Lima ist wieder eine freie Frau. Das Urteil ist ein Sieg für die Gerechtigkeit und eine Kampfansage gegen Ungerechtigkeit und auch gegen Duterte.
Seit Monaten beherrschen Chinas Aggressionen auf dem Meer die Titelseiten der philippinischen Zeitungen, die Nachrichten und die sozialen Medien. Nicht so in dieser Woche. Nun ist die endlich entlastete Leila de Lima in aller Munde. Die Duterte-Kritikerin ist jetzt laut ihrem Richter „vollständig frei“.
Leila de Lima hatte den „Krieg gegen Drogen“ des damaligen Präsidenten Duterte kritisiert, bei dem durch eine staatliche Kampagne laut Schätzungen 14.000 Menschen umgebracht wurden. De Lima war damals, 2017, gewarnt worden. Sie wusste kurz vor ihrer Inhaftierung, was auf sie zukam und hätte das Land noch verlassen können. Sie tat es nicht und wartete stattdessen all die Jahre in der Haft geduldig und beharrlich auf den Moment ihrer juristischen Rehabilitierung. Unmittelbar nach ihrem Freispruch sagte sie: „An den ehemaligen Präsidenten Duterte: Sie werden jetzt für Ihre Sünden gegenüber dem Volk zur Rechenschaft gezogen werden.“
Leila de Lima ist als ehemalige Vorsitzende der philippinischen
Menschenrechtskommission die richtige Person dafür. Ihr beruflicher Werdegang als Juristin, ebenso ihre persönliche Integrität und ihr tiefer Glaube prädestinieren sie dafür, für den Rechtsstaat einzutreten. Viele nennen ihre fast sieben Jahre währende Haftzeit „verlorene Jahre“ – nicht so sie selbst. Kurz nach ihrer Entlassung auf Kaution aus der Untersuchungshaft verfasste sie „Überlegungen zum Wert der persönlichen Freiheit“ und schrieb: „Der Weg in die Freiheit ist nicht immer und überall von unerschütterlicher Entschlossenheit geprägt. Er ist voll von Momenten der Verwundbarkeit und des Unglaubens. Aber man findet eine Quelle der Hoffnung und Stärke im Mut gewöhnlicher Menschen. Es ist möglich, für sich selbst zu kämpfen, ohne dabei die Verpflichtung aufzugeben, für andere zu kämpfen.“
Chinas Provokationen nehmen zu
Leila de Limas endgültiger Freispruch erfolgte just am Todestag des ehemaligen liberalen Präsidenten Benigno Aquino – dem Präsidenten, der die hochqualifizierte de Lima in sein Kabinett berufen hatte. Viele ihrer Landsleute sehen das als ein gutes Omen für die 64-Jährige, die schon wenige Wochen nach ihrer Haftentlassung im Dezember 2023 das Amt der Sprecherin der Liberal Party antrat. Die unermüdliche Verteidigerin der Menschenrechte hat viel zu tun. Denn auch wenn ihr Fall gelöst ist, so gibt es noch unzählige, zu Unrecht Verurteilte in den Gefängnissen, denen es zu helfen gilt. Dabei geht es weniger um fehlende staatliche Strukturen als
um integre Amtsführung. Das Recht muss angewendet werden, vergangene Verfehlungen, insbesondere unter Duterte, müssen aufgearbeitet werden.
Dutertes Verfehlungen beschränken sich dabei nicht nur auf innerphilippinische Belange, sondern reichen in die Außenpolitik. Dass Chinas Agitationen im Südchinesischen Meer (die Philippinen nennen es „Westliche Philippinensee“) Woche für Woche zunehmen, ist auch darin begründet, dass Duterte China während seiner Amtszeit gewähren ließ. Sein Nachfolger, Präsident Marcos Jr., riss hier das Ruder rasch herum. Er navigiert nun durch die außenpolitisch schwierigen Gewässer mit der Gewissheit, dass die USA den Philippinen aufgrund eines Militärbündnisses zur Seite stehen werden. Auch wenn sich die philippinische Regierung nach wie vor optimistisch gibt, dass die Provokationen Chinas eben nur Provokationen seien, denen die Philippinen niemals nachgeben würden: Tatsache ist, dass Chinas Provokationen zunehmen.
Noch hat niemand bei den Zusammenstößen auf dem Meer das Leben verloren,
doch es scheint immer offensichtlicher, dass das näher rückt. Was dann? Die
Philippinen wissen, dass sie militärisch gegen China nicht bestehen können und
appellieren an ihre Bündnis- und auch Wertepartner, ihnen dann beiseite zu stehen. Denn es geht nicht nur um Streitigkeiten regionaler Natur wie umstrittene Eilande und Bodenschätze, sondern auch um freie Handelswege und, ja, auch um Rechtstaatlichkeit. Die Philippinen berufen sich auf ein Urteil des Internationalen Schiedsgerichtshofes von 2016, das Pekings Ansprüche auf die Westliche Philippinensee sowie ihre Exklusive Wirtschaftszone zurückweist. China erkennt dieses Urteil nicht an.
Sara Duterte bringt sich in Position
Der Konflikt mit China wird sehr bald wieder die Schlagzeilen beherrschen. Doch
aktuell feiern Liberale in den Philippinen erst einmal den Freispruch Leila de Limas. Ihre juristische Rehabilitierung ist eine Niederlage des ehemaligen Präsidenten Duterte. Der ist zwar seit zwei Jahren nicht mehr Präsident, doch reicht sein Arm noch immer weit. Seine Tochter Sara Duterte ist seit zwei Jahren Vizepräsidentin der Philippinen. Bis vor wenigen Tagen war sie auch Bildungsministerin. Sie trat zurück und kam damit ihrer Entlassung durch Präsidenten Marcos zuvor. Der Präsident und die Vizepräsidentin, die in separaten Wahlen jeweils direkt vom Volk gewählt wurden, waren früher ein Team - mittlerweile sind sie Konkurrenten. 2028 werden die nächsten Präsidentschaftswahlen stattfinden, Sara Duterte bringt sich schon jetzt in Position.