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picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Claudio Furlan

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© picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Claudio Furlan

Silvio Berlusconi, der schillernde, umstrittene Medienunternehmer und mehrmalige Ex-Ministerpräsident Italiens ist tot, doch sein Erbe wirkt fort: Er hat durch seine langjährige – auch mediale - Macht Italiens Parteienlandschaft maßgeblich verändert.

Silvio Berlusconi, Italiens längster amtierender Regierungschef seit dem Zweiten Weltkrieg, verstarb vergangene Woche in Mailand im Alter von 86 Jahren. Sieben Tage Staatstrauer wurden ausgerufen– eine Ehre, die nur wenigen Politikern bisher zuteil geworden ist und von Politikern wie der liberalen Politikerin Emma Bonino als überzogen kritisiert wurde.   

Von seinen politischen Ambitionen konnte Berlusconi nur der Tod trennen; der Vorsitzende seiner Partei „Forza Italia“ („Vorwärts Italien“) errang noch 2022 einen Sitz im Senat. Der alternde Berlusconi fiel zuletzt durch teils wirre Aussagen zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine auf. Kurz nach Beginn des Krieges erklärte er, man müsse die Ukraine dazu bringen, Putins Forderungen zu erfüllen; eine Aussage, die er wenig später wiederrief.

Lange Zeit schienen die Italiener dem „Cavaliere“ so ziemlich jede Entgleisung zu verzeihen, die im Ausland mitunter zu Bedauern und Belustigung führten. So fand er bspw. den damaligen US-Präsidenten Barack Obama „schön gebräunt“ und den Erdbebenopfern im 2009 schwer zerstörten Ort L’Aquila empfahl er, ihre vorübergehende Unterbringung in Notzelten als „Camping-Wochenende“ zu betrachten. Selbst Sex-Skandale, „Bunga, Bunga“-Parties und die dubiosen Finanzierungskanäle seiner Mediengruppe Mediaset, der Italiens größte kommerzielle Fernsehsender angehören, konnten ihm nichts anhaben; erst 2014 wurde er wegen Steuerbetrugs verurteilt.

Als in Italien in den frühen 1990er Jahren das Parteiensystem der Ersten Republik infolge von Korruptionsskandalen, Klientelpolitik und illegaler Parteienfinanzierung („Mani pulite – saubere Hände“) kollabierte, führte dies abrupt zum Zerfall der christdemokratischen Partei (Democrazia Cristiana, DC) und Sozialistischen Partei (PSI, Partito Socialista Italiano). Von der Enttäuschung und Abwendung der Wähler profitierten vor allem die Ränder des politischen Spektrums; die Kommunisten und die extreme Rechte: Mit einem Referendum wurde eine Verfassungs- und Wahlrechtsänderung vom Verhältniswahlrecht zu einem fast uneingeschränkten Mehrheitswahlrecht herbeigeführt, das es Berlusconi ermöglichte, das politische Vakuum zu füllen. Er bildete eine neue italienische Rechte, indem es ihm gelang, sich mit seiner „Forza Italia“ mit der fremdenfeindlichen Lega Nord und den Postfaschisten zu verbünden und ein breites Wählerspektrum abzudecken. Kurz darauf wurde er 1994 zum ersten Mal zu Italiens Regierungschef der sogenannten Zweiten Republik gewählt; drei weitere Amtszeiten in unterschiedlichen Abständen folgten. Die Partei führte Berlusconi mit Hilfe seines Medienimperiums und seiner immensen Finanzmittel wie sein Eigentum; er traf alle Entscheidungen und musste sich kein einziges Mal einem Parteivotum stellen. Selbstdarstellung gehört zum politischen Geschäft, aber mit Berlusconi erreichte die Inszenierung des eigenen Ichs und die Ausrichtung einer Partei auf ihren charismatischen Parteivorsitzenden eine neue Dimension. Populismus und radikale Personalisierung waren von Anfang an prägende Elemente seines Politikstils. Lange bevor ein Donald Trump in den USA die politische Bühne betrat, stilisierte sich Berlusconi in Italien als „Anti-Politiker“ und Antagonist zum Politik-Establishment, der als Unternehmer die Dinge anpackte, anstatt nur zu reden. Als Sprachrohr der „einfachen Leute“ im Kampf gegen die etablierten „Parteikartelle“ setzte er gezielt auf die Politikverdrossenheit seiner Landsleute, machte viele Versprechungen fern von Fakten und hebelte mit Hilfe der gesetzgeberischen Arbeit „checks and balances“ (Gewaltenteilung) aus, um seine Interessen zu schützen.

Seinen politischen Gegnern trat er mit antagonistischer Konfrontation entgegen; er beschwörte den Kampf gegen die „rote Gefahr“ des Kommunismus und wetterte gegen die Justiz und kritische Medien.

Berlusconis Erbe wirkt bis heute nach: Mit der Umstrukturierung der italienischen Rechten trug Berlusconi mit seiner Politik zur Entstehung eines bipolaren Parteiensystems massiv bei. Populismus von links und rechts gehören seitdem zum politischen Mainstream; von der linkspopulistischen 5-Sterne-Bewegung und bis zu den rechtsextremen „Brüdern Italiens“, deren Vorsitzende Giorgia Meloni seit ihrem Wahlsieg im September letzten Jahres die Geschicke des Landes führt. Mit seiner Medienmacht unterband er jegliche Versuche einer Bildung einer moderaten Kraft. Zuletzt befand sich seine Partei ebenso wie die Lega von Matteo Salvini angesichts miserabler Wahlergebnisse und Umfragewerte in einer Abwärtsspirale und in der ungewohnten Rolle des Juniorpartners in Melonis Rechtskoalition wieder. Wie es nun mit der Forza Italia weitergeht, ist offen. Gemäßigte Parteimitglieder könnten nach einer politischen Alternative suchen und damit liberalen Parteien neuen Zulauf bescheren.