Taiwan
Deutsche Marine-Schiffe in der Taiwanstraße
Auf dem Weg von Korea zu den Philippinen haben Deutschlands Fregatte „Baden-Württemberg“ und der Einsatzgruppenversorger „Frankfurt am Main“ die Taiwanstraße durchfahren. Verteidigungsminister Boris Pistorius bestätigte dem Deutschlandfunk den Kurs, ein Tracker zeigte die Fregatte am Freitagnachmittag in der Taiwanstraße.
Die Taiwanstraße ist ein 180 km breites, internationales Gewässer zwischen der Volksrepublik China und der von Peking beanspruchten Insel Taiwan, welche sich selbst regiert. Nach internationalem Recht – insbesondere dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (UNCLOS) – ist die Taiwanstraße frei passierbar. Die Volksrepublik China behauptet jedoch, die Straße sei chinesisches Gewässer und eine Durchfahrt verletze die Ein-China-Politik. Deutschlands Entscheidung, ihre Marine demonstrativ durch die Taiwanstraße fahren zu lassen, setzt endlich ein klares Zeichen für das internationale Recht.
Durchbruch in der deutschen Sicherheitspolitik
Vor drei Jahren, als Deutschlands Fregatte „Bayern“ in Asien unterwegs war, war aus Rücksicht auf Peking eine Durchfahrt der Taiwanstraße bewusst vermieden worden. Nun fiel in Berlin die politische Entscheidung zugunsten einer Durchfahrt. Der Kurswechsel ist ein Durchbruch in der deutschen Außen-und Sicherheitspolitik, der ein klares Signal sendet: Deutschland pocht auf Einhaltung internationaler Regeln, statt sich den rechtswidrigen Gebietsansprüchen Chinas zu beugen. „Freie Handelswege weltweit sind für unseren Wohlstand sehr wichtig“, sagt der FDP-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses, Dr. Marcus Faber, „die Durchfahrt unserer beiden Schiffe durch die Taiwanstraße zeigt unseren Wertepartnern Taiwan, Südkorea und Japan, dass sie sich auf Deutschland verlassen können“. Faber, der auch Präsident der Deutsch-Taiwanischen Gesellschaft ist, warnt vor dem Recht des Stärkeren: „Wir dürfen die Gültigkeit internationalen Rechts nicht Peking überlassen“.
Seit Jahren fahren Kriegsschiffe aus den USA, Großbritannien, Japan und Frankreich durch die Taiwanstraße, um Unterstützung für Taiwan und für die Freiheit der Schifffahrt zu signalisieren. Jüngst passierte auch ein Kriegsschiff der Niederlande die Seestraße. Für die Deutsche Marine ist die Durchfahrt in der heutigen Ausführung eine Premiere. Zuletzt hatten zwei ihrer Schiffe die Taiwanstraße 2002 als sogenannter Einsatzausbildungsverband durchfahren, also im Zuge einer Schulungsfahrt. Dieses Mal handelt es sich hingegen um einen regulären Einsatz der Marine. „Angesichts des zu erwartenden Widerstands aus Peking zeigt sich, dass Deutschlands Unterstützung für einen freien und offenen Indo-Pazifik nicht nur leere Worte sind, sondern auch in die Tat umgesetzt wird“, sagte die taiwanische Sicherheitsexpertin Dr. Chen-Yi Tu. „Deutschland signalisiert regelbasiertes, verantwortungsbewusstes, staatliches Verhalten.“
Globale Wasserstraßen müssen zugänglich bleiben
Der Widerstand der Volksrepublik China gegen westliche Kriegsschiffe, die die Taiwanstraße durchqueren, hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Mit einem massiven Ausbau des Militärs begann die Volksrepublik China, ihre Gebietsansprüche im Südchinesischen Meer und in der Taiwanstraße stärker durchzusetzen. Die Marine der Volksbefreiungsarmee hat ihre Fähigkeiten rasch ausgebaut, China hat mehr die Kontrolle über die Straße und die umliegenden Gewässer. Gleichzeitig führen vor allem die USA unbeirrt regelmäßig „Operationen zur Sicherstellung der Freiheit der Schifffahrt“ (FONOPs) durch – sowohl in der Taiwanstraße als auch im Südchinesischen Meer. So soll Chinas Gebietsansprüchen entgegengetreten und freier Zugang zu internationalen Gewässern gesichert werden.
Deutschland und andere europäische Länder, die Kriegsschiffe durch die Taiwanstraße schicken, tragen zur Sicherung der Schifffahrtsfreiheit bei. Angesichts der Abhängigkeit von globalen Lieferketten müssen globale Wasserstraßen offen und zugänglich bleiben. Gleichzeitig dürften deutsche Firmen befürchten, dass der nun härtere Kurs Deutschlands zu weniger Aufträgen aus der Volksrepublik führen könnte.
Wasserwerfer und Rammen
Nach ihrer Durchfahrt der Taiwanstraße werden die Fregatte „Baden-Württemberg“ und der Einsatzgruppenversorger „Frankfurt am Main“ in Manila erwartet. Die Philippinen haben – wie auch Taiwan – langjährige Erfahrung mit chinesischer Aggression. In einem Seegebiet in der Nähe der philippinischen Insel Palawan geht Chinas Küstenwache mit Wasserwerfern und durch Rammen gegen philippinische Schiffe vor. Peking beansprucht das Seegebiet, obwohl es 630 Seemeilen von China entfernt ist und 75 Seemeilen vor Palawan liegt. Da die Philippinen China militärisch nicht gewachsen sind, hat der philippinische Präsident Ferdinand Marcos Jr. die strategischen Beziehungen zu den USA und Japan vertieft.
Theresa Caroline Winter ist Sicherheits-Expertin im Berlin-Büro der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, Céline Nauer arbeitet im Stiftungs-Büro Taipei, Dr. Almut Besold leitet das Philippinen-Büro in Manila