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9. November
Ein Aufruf zur Solidarität

Rosen stecken in Rissen am Mahnmal. Darunter steht das Datum der Reichsprogromnacht.

Rosen stecken in Rissen am Mahnmal. Darunter steht das Datum der Reichsprogromnacht.

© picture alliance / Fotostand | Fotostand / Matthey

Der 9. November 1938 markierte den Übergang von der allgegenwärtigen Diskriminierung und Ausgrenzung deutscher Juden hin zur systematischen Verfolgung, die nur wenig später in den Holocaust mündete. Dass heute überhaupt noch 94.000 Juden in Deutschland leben, ist alles andere als selbstverständlich. Umso erschreckender ist es, dass der Antisemitismus erneut bittere Realität in ihrem Alltag geworden ist. Ob auf dem Schulhof oder im Büro: Überall in Deutschland sehen sich Juden mit latentem wie offenem Antisemitismus konfrontiert. Die Angst in jüdischen Gemeinden vor Übergriffen und sozialer Ausgrenzung wächst seit Jahren – und das aus berechtigten Gründen. Die aktuelle Kriminalstatistik dokumentiert einen Höchststand von antisemitischen Delikten. Diese Vorfälle sind lediglich die Spitze eines Eisberges, unter dessen Oberfläche sich eine Vielzahl von Angriffen und Anschlägen verstecken. Hinzukommt eine Vielzahl von verbalen Beleidigungen gegenüber Jüdinnen und Juden, Verwüstungen und Schändungen jüdischer Friedhöfe und anderes mehr. Der Antisemitismus hat Hochkonjunktur im Deutschland dieser Tage.

Vom Aufbau Ost zum Aufbruch Ost

Ausgelassen feiern die Berliner am 31.12.1989 auf der Berliner Mauer vor dem Brandenburger Tor

Der Mauerfall am 9. November gibt unter anderem auch Anlass zu Optimismus und auf die positive Seite der Wiedervereinigung zu blicken. Der Osten entwickelt sich zu einer hochmodernen Wirtschaft des 21. Jahrhunderts. Es entsteht eine neue Industrie auf dem Erbe der fehlgeschlagenen sozialistischen Planwirtschaft, die Ostdeutschland, also die DDR, vierzig Jahre lang komplett von der weltwirtschaftlichen Arbeitsteilung abschnitt und das kleine Westberlin geografisch isolierte, analysiert Karl-Heinz Paqué, Vorstandsvorsitzender der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit. Aus „Aufbau Ost“ wurde „Aufbruch Ost“.

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Der Staat allein wird das Problem nicht lösen

Selbstverständlich ist es Aufgabe des Staates, Juden hierzulande zu schützen. Konzepte im Kampf gegen den Antisemitismus gibt es viele, finanziell ausgestattet und umgesetzt werden zu wenige. Seit Jahren wird gefordert, Projekte und Initiativen im Bereich der Prävention und Intervention zu stärken, die nicht nur auf wenige Monate oder Jahre befristet sind. Indes, es muss endlich gehandelt werden, wollen wir unsere demokratischen Werte auch morgen behalten.

Der Staat allein wird das Problem jedoch nicht lösen können – auch ein Rechtsstaat ist nicht vollkommen. Umso wichtiger ist es, dass wir alle unsere gesellschaftlichen Werte jeden Tag aufs Neue verteidigen. Es kommt auf jeden Einzelnen an, sich der Judenfeindlichkeit entgegenzustellen, wo immer sie auftritt. Das ist unser historisches Erbe und unsere demokratische Verpflichtung.