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Der „Papst Franziskus“-Effekt in Südafrika

Weshalb Cyril Ramaphosa das Land nicht retten kann
Cyril Ramaphosa während der Eröffnung des Weltwirtschaftsforums in Davos
Cyril Ramaphosa während der Eröffnung des Weltwirtschaftsforums in Davos © CC BY-ND 2.0 flickr.com GovernmentZa (bearbeitet)

Cyril Ramaphosa, der im Dezember 2017 zum neuen Parteivorsitzenden des African National Congress (ANC) gewählt wurde, gilt für viele als Hoffnungsträger und Reformer. Allerdings ist zu bezweifeln, dass er in der Lage sein wird, die bis ins Mark korrupte Partei grundlegend zu reformieren.

Als Cyril Ramaphosa beim Weltwirtschaftsforum in Davos auftrat, machte er alles richtig: Er sprach in allgemeinen Ankündigungen über Korruptionsbekämpfung, versicherte, dass es keine Immunität für alte Weggenossen in seiner Partei geben werde und ließ sich mit der IWF-Direktorin Christine Lagarde fotografieren. In seinem Interview mit CNNs Christiane Amanpour, das weltweit ausgestrahlt wurde, fand er zudem die passenden Worte und pries den Wirtschaftsstandort Südafrika.   

Allein die Tatsache, dass Cyril Ramaphosa, der im Dezember 2017 zum neuen Vorsitzenden des African National Congress (ANC) gewählt wurde, als Vertreter Südafrikas nach Davos reiste und nicht Präsident Zuma, ist beachtlich. Die südafrikanischen Kommentatoren reagierten wohlwollend auf Ramaphosas Auftritt.

Schon Wochen vor Davos hatte die Wahl Cyril Ramaphosas eine Art Boom ausgelöst: Der südafrikanische Rand stieg, Aktien von Gesellschaften, deren Gewinne hauptsächlich in Südafrika erwirtschaftet werden, erfuhren eine erhebliche Wertsteigerung an der Johannesburger Börse; und dies alles nachdem in den letzten Jahren unter Präsident Zuma hauptsächlich solche Firmen an der Börse floriert hatten, die vor allem außerhalb Südafrikas ihr Geld verdienten.

Der „Papst Franziskus“-Effekt in Südafrika

„Cyril Spring“

© 2018 Zapiro. Originally published on Daily Maverick. Re-Published with permission - For more Zapiro cartoons visit www.zapiro.com

Angesichts dieser Entwicklungen erscheint es durchaus nachvollziehbar, wenn inzwischen von einer Art „Cyril Spring“ (Cyril-Frühling) gesprochen wird. Doch einem Frühling folgt bekanntlich ein Sommer und dem Frühlingsnarrativ stehen eine Reihe von Entwicklungen gegenüber, die Zweifel daran aufkommen lassen, dass mit Cyril Ramaphosa wirklich eine neue Ära in Südafrika eingeläutet wird. Statt Frühling also eher ein Strohfeuer!  

Zunächst sollte man die Hintergründe der Wahl Ramaphosas zum neuen Parteivorsitzenden auf dem ANC-Parteitag im Dezember 2017 mit in Betracht ziehen. Zwar löste Ramaphosa  als Vizepräsident Jacob Zuma nach dessen zweiter Amtszeit als ANC-Parteivorsitzenden ab, die Ergebnisse dieser Wahlen waren jedoch alles andere als eindeutig. Drei von sechs Mitgliedern des neugewählten ANC-Vorstandes sind erklärte Zuma-Anhänger und hatten sogar auf Zumas Ex-Frau als dessen Nachfolgerin gesetzt. Auch bei rund der Hälfte des 80 Personen starken National Executive Council handelt es sich um Unterstützer des noch amtierenden Präsidenten – und selbst bei der anderen Hälfte sind Zweifel angebracht, ob es sich um echte Reformer handelt oder nicht vielmehr um Opportunisten, die sich um den neuen Parteivorsitzenden scharen.    

Ferner lässt sich in der Woche nach Davos eine Art erster Katerstimmung im Land beobachten. Die pro-Zuma Kräfte scheinen sich in der Zwischenzeit neu formiert zu haben und holen zu Gegenschlägen aus. So widerspricht der ANC Generalsekretär Ace Magashule öffentlich in fast jedem Punkt den von Ramaphosa in Davos abgegebenen Erklärungen zu Korruptionsbekämpfung, dem erwartenden Abtritt von Zuma  sowie zur zukünftigen Wirtschaftspolitik des ANC. Während Cyril Ramaphosa das Thema „Enteignungen ohne Entschädigung“ überhaupt nicht ansprach bzw. auf eine Rückfrage hin erklärte, es werde Enteignungen nur geben, wenn es wirtschaftlich sinnvoll sei, kündigte Ace Magashule an, dass „Enteignungen ohne Entschädigung“ klare ANC-Politik seien.

Wenn auch an der eigentlichen Kompetenz und der starken Persönlichkeit von Ramaphosa kaum Zweifel bestehen, so zeigt sich immer mehr das größte Problem mit dem er konfrontiert ist. Eine grundlegende Reform des endemisch korrupten ANC kann kaum gelingen, da einfach zu viele Funktionäre vom gegenwärtigen System profitieren. Das korrupte System hat den Parteiapparat so durchdrungen, dass er immun gegenüber Veränderung ist, da im Zweifel alle nur verlieren können. Ähnlich wie Papst Franziskus am Anfang als Reformer in Rom mit einem „Papst Franziskus“-Effekt gefeiert wurde, löste Cyril Ramaphosa nun eine Lawine guten Willens bei enttäuschten ANC-Anhängern und Wählern aus. Denn man sollte nicht vergessen, dass für viele Südafrikaner die Zugehörigkeit zum ANC und die Wahl des ANC mit der Zugehörigkeit zu einer Glaubensgemeinschaft vergleichbar ist. Identität und Wertvorstellungen sind durch diese Organisation geprägt und die Menschen berufen sich auf diese. Ähnlich wie die katholische Kirche eine Vielzahl von Anhängern nach entsprechenden Skandalen verlor, verlor der ANC unter Jacob Zuma erheblich an Unterstützung – doch der jeweilige Nachfolger lässt dann wieder die Hoffnung auf Erneuerung aufflammen.

Ein erster Hinweis, dass sich doch nicht allzu viel geändert hat, zeigt die in einer Woche zu haltenden „State of the Nation“-Ansprache. So weiß doch bis zum aktuellen Zeitpunkt niemand, wer denn die Rede halten wird. In dieser wichtigen Ansprache vor dem Parlament wird ein Rückblick auf das vergangene Jahr sowie ein Vorausblick für das kommende gegeben. Es handelt sich um den öffentlichkeitswirksamsten Termin des gesamten politischen Jahres, der mit viel Pomp und aufwändiger Zeremonie begangen wird und als eine Veranstaltung von nationaler Bedeutung gilt. Falls Jacob Zuma der Redner wird, wäre dies ein deutliches Zeichen für die schwache Position Ramaphosas im ANC. Die Entscheidung über den Redner liegt beim ANC-Vorstand, der immerhin zur Hälfte aus Zuma-Anhängern besteht - und diese Fraktion noch nicht aufgegeben hat. Die Entscheidung ist noch vollkommen offen, aber die Ansprache am Abend des 8. Februar wird einen wichtigen Indikator für die Macht Ramaphosa’s innerhalb des ANCs darstellen.

Der „Papst Franziskus“-Effekt in Südafrika
Wer wird die „State of the Nation“-Ansprache halten - Jacob Zuma oder Cyril Ramaphosa? © CC BY-ND 2.0 flickr.com GovernmentZa/ (bearbeitet)

Das grundsätzliche Problem besteht allerdings darin, dass der ANC den Übergang von einer Befreiungsorganisation im Exil hin zu einer demokratischen Regierungspartei nie wirklich vollzogen hat. Die endemische Korruption auf allen Ebenen – bis hin zum politischen Auftragsmord - machen eine wirkliche Reform kaum möglich. Die Partei wird nur durch ihr  Patronagenetzwerk zusammengehalten. Dort, wo sie die Wahlen verloren hat und sich dieses Netzwerks nicht bedienen kann, verfällt ihre politische Kraft dann auch immer weiter, wie z.B. im Westkap.

Für den Stiftungspartner Democratic Allicance, wie auch für die anderen Oppositionsparteien, ist die Person Cyril Ramaphosas nicht unproblematisch: Die Opposition ist sich zwar einig, dass der ANC un-reformierbar bleibt, sie muss aber befürchten, dass Ramaphosa genug guten Willen bei ‚abgefallenen‘ ANC-Wählern erzeugt, um der Partei bei den Landtags- und Parlamentswahlen 2019 wiederum eine Mehrheit zu bescheren.

 

Barbara Groeblinghoff ist Projektleiterin der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit für Südafrika und Simbabwe. 

Ekaterini Georgousaki, Assistenz der Regionalbüroleitung der Stiftung in Johannesburg, Republik Südafrika