USA
To Do List vs. Enemies List - Harris‘ Closing Argument vor dem Weißen Haus
Zu „Freedom“ von Beyonce kommt sie auf die Bühne. Kamala Harris wird umjubelt und nimmt sich Zeit. Vor dem Weißen Haus, auf der sogenannten Ellipse, hält sie ihre Abschlussrede des Wahlkampfs eine Woche vor Election Day. Als ehemalige Staatsanwältin nennt sie das ihr Closing Argument. Sie will den US-amerikanischen Wählerinnen und Wählern zeigen, was sie für eine Präsidentin sein möchte. Harris hält die Rede an einem symbolischen Ort: Hier hielt Donald Trump am 6. Januar 2021 seine Rede kurz bevor ein wütender und gewalttätiger Mob das Kapitol stürmte.
Der Ort ist bewusst gewählt. Das Weiße Haus und der Star-Spangled Banner bilden den Hintergrund. Harris zeichnet in 40 Minuten ein klares Programm dessen, was sie als Präsidentin vorhat. Sie erklärt, betont immer wieder Beispiele aus ihrem eigenen Leben, um zu zeigen, dass sie die Herausforderungen , die viele beschäftigen, aus eigenem Erleben kennt: bezahlbarer Wohnraum, die Finanzierung und Organisation der Pflege von Angehörigen, hohe Preise. Sie zeigt die klare Wahl auf, die den US-Wählerinnen und Wählern bevorsteht: Trump werde mit einer „enemies list“ ins Weiße Haus einziehen, sie mit einer „To Do List“. Sie verspricht, eine Präsidentin „for all Americans“ zu werden.
Der Kontrast zu Trumps Rede im Madison Square Garden in New York City zwei Tage zuvor könnte kaum größer sein: Trump schürte Ängste, kündigte an, er werde ab dem ersten Tag seiner Präsidentschaft seine Feinde verfolgen. Der Auftritt eines Comedians zu Beginn, der Puerto Rico als eine „Island of Garbage“ bezeichnet, hat für Aufruhr gesorgt. Harris betont, es sei an der Zeit, der bewussten Spaltung der Gesellschaft durch Trump ein Ende zu setzen und bezeichnet Trump in ihrer Rede als „petty tyrant“.
„Let’s turn the page on Donald Trump“ und „We’re not going back.“ – Kernsätze ihres Wahlkampfs – fallen mehr als einmal an diesem Abend. Sie halte Kritik aus, könne Menschen, die mehr wüssten als sie oder die von einer politischen Maßnahme betroffen sein, zuhören und sie einbeziehen. Vor allem sei sie in der Lage, mit Menschen umzugehen, die anderer Meinung seien als sie. Sie werde sie mit an den Tisch holen. Den Kontrast zur Haltung Trumps muss sie an dieser Stelle nicht mehr ziehen. Er steht für sich.