Gründerinnenkonferenz
Frauensache: Unternehmen gründen
Selbstständige Frauen sind ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in Deutschland. Doch Frauen als Unternehmensgründerinnen sind hierzulande immer noch stark unterrepräsentiert. Laut der aktuellen Studie „Female Founders Monitor 2022“ des Startup-Verbandes liegt der Gründerinnenanteil unter deutschen Startups bei lediglich 20 Prozent. Welche wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen sind notwendig, damit mehr Frauen den Weg in die Selbstständigkeit wagen?
Zum Auftakt der Gründungswoche Deutschland 2022 lud die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Kooperation mit dem Bundesverband der Freien Berufe e. V. (BFB), die Zeitschrift Emotion, und der Verband deutscher Unternehmerinnen (VdU) zur Gründerinnenkonferenz ins Allianz Forum in Berlin ein. Unter dem Motto „Frauensache: Unternehmen gründen" diskutierten Expertinnen und Experten aus den Freien Berufen, Wirtschaft, Medien und Politik über die Förderung des Unternehmertums in Deutschland und gaben Einblick in Gründerinnen-Cases.
„Fakt ist, das Potential von Frauen nutzen wir noch viel zu wenig.“
In ihrer Keynote wies Katja Hessel MdB, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Finanzen, darauf hin, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland ohne die Leistung von Frauen nicht so erfolgreich wäre, wie er ist. „Gründungswillige Frauen stoßen auf Hindernisse, gerade wenn es um Zugang zu Finanzen und anderen Ressourcen geht.“ Gründer könnten von Gründerinnen viel lernen, denn von Frauen gegründete Unternehmen kämen besser durch die Krise. „Frauen interessieren sich viel mehr für Nachhaltigkeit und können ihre Unternehmen damit krisenfester aufstellen“, so Hessel. Frauen würden häufiger mit sozialem und ökologischem Mehrwert gründen. Sie entwickelten erfolgreiche Ideen und Innovationen, um anderen zu helfen.
Im anschließenden Panel unter der Moderation von Thomas Sigmund wurden verschiedene Aspekte zur Förderung des Unternehmertums in Deutschland diskutiert.
„Wir müssen mehr Investorinnen finden, die in weibliche Gründerinnen investieren“, erläuterte Magdalena Oehl, Mitglied des Vorstands des Startup-Verbands. Durch Business Angels bekämen Gründerinnen und Gründer nicht nur Geld, sondern auch Expertise. Dabei gelte es, auch mehr weibliche Business Angels ins Boot zu holen. Schon mit kleinen Summen könnten Frauen in Start-ups investieren. „Frauen gründen auf gewisse Art und Weise anders und bereiten sich anders vor“, so Oehl. Ein besonderes Hindernis sei der fehlende Mutterschutz für Gründerinnen. Sie plädierte dafür, dass bessere Rahmenbedingungen für Kinderbetreuung geschaffen werden sollten.
Jasmin Arbabian-Vogel, Präsidentin, Verband deutscher Unternehmerinnen e. V. (VdU), nannte die gesetzlichen Rahmenbedingungen in Deutschland als Hemmnisse. „Die Frage der Kinderbetreuung ist entscheidend - im internationalen Vergleich sind wir schlechter aufgestellt“, so Arbabian-Vogel. Männer und Frauen sollten sich die Care-Arbeit paritätisch teilen. Darüber hinaus sollte der Staat Unternehmen in der Gründungsphase mehr fördern – beispielsweise durch temporäre Übernahme der Lohnkosten.
Dr. Maren Jasper-Winter MdA, Mitglied des Vorstands der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, hob die Bedeutung eines starken Netzwerks hervor. „Ein Netzwerk mit Männern und mit Frauen ist ein Schlüssel, beim Gründen, aber auch in der Politik“, sagte Jasper-Winter. „Es ist wichtig, die MINT-Bildung in Schulen auch im Hinblick auf Gründung zu stärken, für Jungen und Mädchen, aber besonders für Mädchen.“ Das Ehegattensplitting aufzuheben, sei richtig, aber hier sei rechtlich noch ein langer Weg zu bestreiten. Auch die Lohnsteuerklassen 3 und 5 sollten abgeschafft werden. Wichtig bei der Gründung sei die Eigeninitiative. Erst wenn andere Instrumente auf lange Sicht nicht greifen, dann müsse man sich auch mit dem Gedanken der Quote auseinandersetzen. Die Frauenquote sei der schnelle Weg, aber man müsse erst ein gutes Setting und Kultur schaffen. „Das Mindset muss sich ändern“, so Jasper-Winter.
Für eine Frauenquote sprach sich Regina Vieler, Vizepräsidentin, Bundesverband der Freien Berufe e. V.; Landespräsidentin, Wirtschaftsprüferkammer in Sachsen, aus. „Eine Quote ist gut, weil Frauen eine Chance haben, ihre Qualifikation unter Beweis zu stellen. Es ist nicht abwertend, die Quotenfrau zu sein.“
Im zweiten Panel standen die politischen Rahmenbedingungen im Fokus der Debatte.
„Wir wollen in der Stadt der Freiheit ein Gründungsklima“, sagte Sebastian Czaja MdA, Fraktionsvorsitzender der Berliner FDP im Berliner Abgeordnetenhaus.
Berlin habe kurze Wege, Gründerinnen und Gründer könnten sich in Berlin gut vernetzen. Es brauche aber ein politisches Klima, das Gründern mehr Anreize schaffe. Beispielsweise dauere es 39 Tage bis zur Eintragung ins Handelsregister, München seien es 29 Tage. Hier könnte Berlin schneller werden.
Vivien Wysocki, Gründerin, saint sass GmbH, betonte, dass Role Models, Netzwerk und Kapital die drei wichtigsten Aspekte bei der Gründung seien. „Role Models sind wahnsinnig wichtig“, so Wysocki. Schon lokal müsse man Gründer nahbar machen und sich vernetzen.
Im dritten Panel ging es um den Zugang zu Kapital für Gründerinnen. Moderiert wurde die Diskussion von Teresa Widlok, Leiterin Team Recht und Revision der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.
Nur 1 Prozent des Venture Capital geht laut Female Founders Monitor an Frauen in Europa. Was sind die Gründe? „Venture Capital geht eher an techlastige Unternehmen“, erklärte Verena Pausder, Unternehmerin, Gründerin und Autorin. Frauen würden aber eher in anderen Bereichen wie Ernährung oder Gesundheit gründen. Wenn man investieren will, müsse man das finden, was zu einem passe. Wichtig seien Herzblut, Know-how, Timing, eine sehr gute Idee und die passende Person. „Erfolg bedeutet Langfristigkeit, Tradition und Loyalität“, so Pausder. „Es ist ein Business Case, dass wir Frauen Kinderbetreuung zur Verfügung stellen. Nicht, dass es alle wollen, aber die es wollen, sollen es dürfen.“ Gründerinnen und Gründer unterscheiden sich laut der Unternehmerin in ihrer grundsätzlichen Haltung und Vorsicht. „Wenn du hältst, was du versprichst und das ist dein Wert, dann wirst du nicht so viel versprechen. Weil du auf keinen Fall die Erwartungen nicht erfüllen willst,“ so Pausder.
Dass es zu wenig Investorinnen gebe, bedauerte auch Bettine Schmitz, Mitgründerin von
Auxxo. „Wir müssen diesen Kreislauf durchbrechen. Es gibt eine Million Gründe, aber es ändert sich langsam“, sagte Schmitz.
Birgit Spors, Leiterin Inlandsmarketing, Digitale Kanäle der KfW Bankengruppe, stellte die Gründerplattform vor - eine zentrale Plattform, um nachhaltig zu gründen. Thea Broszio, Gründerin, Womatics, hat mit ihrem Startup Womatics ein Gel gegen Brustschmerzen für Frauen in der Stillzeit entwickelt. Eine Idee, die aus eigener leidvoller Erfahrung entsprang.
Im anschließenden Q & A beantwortete die Unternehmerin Catharina Bruns Fragen zum Thema „Female Empowerment" unter der Moderation von Peter Klotzki, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Freien Berufe e.V.
Den Abschluss der Diskussionen bildete die Vorstellung von Gründerinnen-Cases mit Christina Diem-Puello, Gründerin und Geschäftsführerin „Deutsche Dienstrad"; Franziska von Hardenberg , Unternehmerin, Gründerin & Autorin; Dr. Judith Füller , Notarassessorin, Referentin Bundesnotarkammer; Mirjam Berle, Executive Advisor & Coach für Change- & Krisenkompetenz; Dr. Judith Kraus, Notarassessorin & Referentin, Bundesnotarkammer; Eliza Seifert, Restauratorin „Duvar Restaurierung" und Dr. Gloria Gaviria.
Einen besonderen Gastauftritt hatte die Ukrainerin Olha Okhrimenko von Espreso TV, die über ihre Medienarbeit in Krisenzeiten und ihr Engagement für Kinder berichtete.
Ein Aspekt wurde auf der Gründerinnenkonferenz deutlich: dass Vernetzung wichtig ist, um erfolgreich zu gründen und Investorinnen und Investoren zu gewinnen. Beim anschließenden Female Founders‘ Festival gab es dann ausreichend Gelegenheit für die Teilnehmenden zum Get-together und Networking.
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