WTO
Vom Fisch bis zum Netz: Keine großen Fänge in der WTO
Vom 26. bis zum 29. Februar findet gemäß dem Zweijahres-Rhythmus die 13. Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) in Abu Dhabi statt. Das höchste Entscheidungsorgan der Organisation widmet sich in gewohnter Manier diesmal wieder vor allem technischen Fragen. Anstatt die großen politischen Themen anzupacken, bleibt die Organisation ein Schauplatz der geopolitischen Blockade.
Nachdem die letzte Ministerkonferenz zwar einen ersten Erfolg bei Fischereisubventionen verzeichnen konnte, stehen die Chancen auf ein Folgeabkommen eher schlecht. Für die Mammutaufgabe der Regulierung von staatlichen Subventionierung im Fischfang verlangt Indien extensive Ausnahmen. Auf eine 200-Meilen exklusive Fischereizone um sein Staatsgebiet und 25-jähriges Verbot an Subventionen für Flotten die in internationalen Gewässern fischen, werden sich Industriestaaten wohl nicht einlassen. Auch die Bauernproteste finden ihre Entsprechung in der WTO. Indien hat angekündigt ohne weitgehende Zugeständnisse für seine Wirtschaft sämtliche agrarpolitische Themen in der WTO in Zukunft zu blockieren.
Kann Einigkeit zum digitalen Handel hergestellt werden?
Seit 1998 ermöglicht das e-Commerce Moratoriums den zollfreien Transfer von Daten. Erstmals stellen sich WTO-Mitglieder, wie Indien, Indonesien und Südafrika, gegen eine Verlängerung, welche bei jeder Ministerkonferenz benötigt wird. Im Zeitalter von Streamingdiensten hätte eine Verzollung des grenzüberschreitenden Datenverkehrs nicht nur große Folgen für Konsumentinnen und Konsumenten, sondern auch für die internationale Wirtschaft. Laut einer Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) könnte zwar ein Anstieg von durchschnittlich 0,68% der Zolleinnahmen realisiert werden, allerdings auf Kosten einer Reduktion der Exporte von 2,5%. In einem offenen Brief warnten daher 175 Unternehmensverbände und Organisationen vor einem „historischen Rückschritt“ und warben für die Verlängerung.
Trotz dieses Gegenwinds wollen einige WTO-Mitglieder den digitalen Handel durch ein Abkommen stärken. Darin sollen globale Rahmenbedingungen zu Themen wie Verbraucherschutz, elektronischen Verträgen, Signaturen und Datenschutz geschaffen werden. Nach dem Rückzug der USA im vergangenen Jahr sind politisch brisante Fragen zwar vorerst vom Tisch, allerdings scheint dies die Einigung trotz dessen nicht beschleunigt zu haben.
Widerstände und Systemkonflikt – die WTO als weitere Arena der Geopolitik
Bereits abgeschlossen sind die Verhandlungen zur Regulierung des Dienstleistungssektors im Inland und zu Investitionserleichterungen für Entwicklung, welche sich mit administrativen Hürden und harmonisierten Rahmenbedingungen beschäftigen. Die beiden Abkommen zählen zu den plurilateralen Abkommen und decken nur einen Teil der WTO-Mitglieder ab. Sie benötigen nun nur noch die Bestätigung der Ministerkonferenz.
Widerstand kommt hier von Indien, Südafrika und Namibia, die durch diese Abkommen das „Mitspracherecht jedes einzelnen Mitglieds an der Verhandlungsagenda“ zunehmend untergraben sehen. Indien zweifelte sogar an der generellen Zuständigkeit der WTO bei Themen, wie Investitionen, und warnte vor dem Missbrauch plurilateraler Abkommen um die Organisation thematisch zu erweitern und so in Zukunft auch Zwangsarbeit, Demokratie oder Menschenrechte in deren Rahmen verhandeln zu können. Dadurch wird der WTO nun auch ihre Funktion als politisches Forum abgesprochen.
Der globale Systemwettbewerb wird in kaum einem anderen Forum so deutlich wie bei der WTO. In den vergangenen Jahren wurde nur durch sektorale Kooperation Fortschritt in der Organisation erreicht. So auch eine Interims-Lösung beim Streitbeilegungsmechanismus, dessen Nachbesetzung wohl auch dieses Mal nicht erfolgreich sein wird. Die Organisation bleibt damit unter einer strukturellen Blockade. Kompromisse werden vermehrt als politisches Druckmittel verwendet um Zugeständnisse zu erreichen. Große Fragen bleiben damit auf der Strecke. Ein Hoffnungsschimmer am Rande bleibt der Beitritt der Komoren und Timor-Leste, insgesamt steht die Ministerkonferenz aber unter keinem guten Stern.