Menschenrechte
25 Jahre Römisches Statut
Vor 25 Jahren wurde mit der Verabschiedung des Römischen Statuts der Grundstein für den Internationales Strafgerichtshof gelegt. Es beendete die jahrtausendealte Straflosigkeit schwerster Verbrechen und führte zu einer globalen Rechtskultur. Doch trotz des Erfolgs sind die Feierlichkeiten zum Jubiläum gedämpft: Der Internationale Strafgerichtshof kann sein volles Potenzial noch nicht entfalten, da er vom politischen Willen der Staaten abhängig ist.
Ist die Verabschiedung des Römischen Statuts vor 25 Jahren ein Grund zum Feiern? Für das internationale Recht war das Abschlussdokument der Verhandlungen in Rom ein Erfolg. Mit dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) wurde die Jahrtausende alte Kultur der Straflosigkeit schwerster Verbrechen beendet. Ein permanenter Internationaler Strafgerichtshof wurde geschaffen. Bis heute sind 123 Staaten dem Römischen Statut beigetreten. Fast alle diese Staaten haben zudem die Völkerrechtsverbrechen des Römischen Statuts in ihre nationalen Rechtsordnungen überführt. In Deutschland geschah dies in Form des Völkerstrafgesetzbuches. So können internationale Straftaten vor nationalen Gerichtshöfen verfolgt werden. Seitdem entwickelt sich langsam sich eine globale Rechtskultur.
Das Römische Statut basiert auf dem Grundsatz des sogenannten Komplementaritätsprinzips. Es besagt, dass vorrangig die nationale Gerichtsbarkeit internationale Straftaten verfolgen muss. Ein Beispiel ist die Strafanzeige von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Gerhart Baum gegen russische Generäle und Machthaber beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe. Schon in den ersten Wochen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine war genügend Beweismaterial zusammengetragen worden, um Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit an der ukrainischen Zivilbevölkerung durch das russische Militär zu dokumentieren. Nie zuvor wurden in einem Krieg derart früh und professionell Beweise von verschiedenen Ermittlerteams erhoben.
Die Aggression in der Welt
Zugleich hat der Aggressionskrieg Russlands gegen die Ukraine demonstriert, dass es bisher nicht gelungen ist, zur „Verhütung solcher Verbrechen beizutragen“, wie es in der Präambel des Römischen Statuts heißt. Zahlreiche andere aktuelle und frühere Kriege und bewaffnete Konflikte auf der Welt wurden nicht verhindert. Der Internationale Strafgerichtshof kann sein Potenzial derzeit noch nicht ausschöpfen. Dies liegt an den unterschiedlichsten politischen Faktoren. Der IStGH ist am Ende nur so stark, wie es die Vertragsstaatengemeinschaft zulässt, sei es bei der Finanzierung oder der Kooperation mit dem Gerichtshof.
Letzteres zeigt sich besonders bei ausgestellten Haftbefehlen, die oftmals nicht vollzogen werden. Südafrika ist als Vertragsstaat des Römischen Statuts bei dem anstehenden Treffen der BRICS Staaten im August mit dem Haftbefehl des IStGH gegen Wladimir Putin konfrontiert. Sofern der russische Präsident persönlich nach Johannesburg käme, müsste er direkt von den südafrikanischen Behörden festgenommen und nach Den Haag ausgeliefert werden.
Der politische Wille fehlt auch beim Verbrechen der Aggression. Die Verfolgung dieses internationalen Grundverbrechens durch den IStGH ist an so viele rechtliche Bedingungen geknüpft, dass seine Anwendung praktisch unmöglich ist. Außerdem schwächt es den IStGH, dass große Staaten, nämlich China und Russland, aber besonders auch die USA das Römische Statut bis heute nicht ratifiziert haben.
Abhängig vom politischen Willen
Mit Blick auf diese politische Realität und vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine, sowie den bewaffneten Auseinandersetzungen im Sudan und andernorts, mag sich keine rechte Feierlaune zum 25. Geburtstag des Römischen Statuts einstellen. Die Feierlichkeiten der Vertragsstaatengemeinschaft in New York, zu denen auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock gereist ist, wirken beinahe befremdlich.
Eine Erkenntnis bleibt in der Bilanz: Das Römische Statut stellte eine Zäsur im internationalen Recht dar. Seit seinem Bestehen hat der IStGH an Statur und internationaler Aufmerksamkeit deutlich gewonnen. Sein Erfolg hängt in erster Linie vom politischen Kooperationswillen der Staaten ab. Eine positive Botschaft ist nach 25 Jahren Römisches Statut lauter denn je: Der Internationale Strafgerichtshof ist da. Und er wird bleiben.