Internationaler Tag der Pressefreiheit
Durch die gläserne Decke: Afrikanische Journalistinnen erobern sich ihren Platz in der Führungsetage
Die Energie im Raum flirrt, als Anna-Lena von Hodenberg, Geschäftsführerin von HateAid, mit den sieben Journalistinnen aus Kenia, Tansania und Simbabwe über ihre Erfahrungen mit Hass im Netz diskutiert. Jede der Anwesenden hat bereits psychische und sexualisierte Gewalt sowohl durch Fremde als auch durch die eigenen Kollegen und Vorgesetzten erlebt.
Die Frauen entwickeln gemeinsam neue Ideen, wie sie sich in Zukunft besser auf solche Attacken vorbereiten können: Sichere Passwörter, technischer Schutz der eigenen Daten und Geräte, eine starke Gemeinschaft aus Freundinnen und verbündeten männlichen sowie weiblichen Kollegen und das Einfordern von Loyalität durch den Arbeitgeber. Statt sich als Opfer auch noch rechtfertigen zu müssen, werden sie in Zukunft auf Strategien zurückgreifen, die ihre Rechte verteidigen, ihnen Stärke verleihen.
Sexuelle Belästigung und Diskriminierung gehören zum Berufsalltag
Als leitende Frauen in afrikanischen Medienhäusern sind die meisten Journalistinnen einen steinigen Weg gegangen. Sie haben die Erfahrung gemacht, dass sexuelle Belästigung zum Alltag gehört und ihre Kompetenzen ständig in Frage gestellt werden. „Bei Beförderungen werden immer wieder die männlichen Kollegen bevorzugt, selbst wenn sie weniger qualifiziert sind“, schildert Martha Mamombe, Moderatorin bei ZiFM Stereo. Um in Führungspositionen zu gelangen, brauchten afrikanische Journalistinnen einen langen Atem und geradezu übermenschliches Durchhaltevermögen. „Oftmals kommen hoch motivierte junge Frauen von der Uni in unsere Redaktionen und halten dem Druck aus Übergriffen und erwarteten Gefälligkeiten nicht stand. Keiner bereitet sie auf das Überleben im Job vor“ sagt Faith Zaba, Herausgeberin von The Zimbabwe Independent. Aus diesem Grund hat sie zusammen mit der Friedrich-Naumann-Stiftung in Harare das Womentorship Programm ins Leben gerufen, bei dem junge Journalistinnen auf ihrem Karriereweg begleitet und gestärkt werden.
Schritthalten mit technische Neuerungen
Serfine Achieng, Nachrichtenredakteurin bei Citizen Television Kenya, unterstreicht noch weitere Aufgaben, vor denen Journalistinnen gegenwärtig stehen: „Unsere Medienhäuser müssen dringend in die Zukunft blicken. Technische Ausstattung, Datenjournalismus, Faktencheck, Fake News und Deepfakes sind völlig neue Herausforderungen für uns“, sagt sie nach dem Austausch mit der Faktencheckerin Sarah Thust von Correctiv.
Eigene Kompetenzen kennen und vermarkten
Dass neben fachlich guter Arbeit auch die Selbstvermarktung wichtig ist, darüber sprechen die afrikanischen Journalistinnen mit zwei selbstständigen Kolleginnen, die sich in Berlin als Freiberuflerinnen etabliert haben. Elena Matera, Wissenschaftsjournalistin, und Jacobia Dahm als Fotojournalistin stellen ihre Websites sowie Social Media Präsenz vor und inspirieren die Afrikanerinnen zu mehr positiver Selbstdarstellung und dazu, die eigenen Kompetenzen zu kennen und zu bewerben.
Gleichstellung und Mentoring
Eine der wichtigsten Erfahrungen aus der Woche in Berlin ist, dass dank des deutschen Bundesgleichstellungsgesetzes Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitenden eine Gleichstellungsbeauftragte einsetzen können. Als Impuls aus dem Gespräch mit Gleichstellungsbeauftragten der Deutschen Welle Susan Bonney-Cox, hat Faraja Kihongole, Journalistin und Kamerafrau beim tansanischen Channel Ten, gleich die Einrichtung einer solchen Stelle in ihrem Sender angeregt.
Und eine weitere Erkenntnis bestärkt die Journalistinnen aus Kenia, Tansania und Simbabwe: „Auch in Deutschland kämpfen Frauen in Führungspositionen einen ähnlichen Kampf wie wir. Durch Gesetzesänderungen, Sensibilisierung der Menschen, Mentoringprogramme und Netzwerke habt ihr schon viel erreicht. Wir fühlen uns ermutigt und miteinander verbunden in unseren täglichen Herausforderungen und unserer Arbeit für Gleichberechtigung. “
Erfahren Sie mehr über die Internationale Akademie für Führungskräfte (IAF).
Die Besuchs- und Informationsprogramme der Abteilung Internationaler Austausch und Fortbildung (IAF) bieten Politikern und Vertretern der Zivilgesellschaft aus verschiedenen Ländern ein Forum zum Austausch von Ideen und Erfahrungen in Deutschland und Europa. Aktuelle und zukünftige Entscheidungsträger aus den Projektregionen der Stiftung nehmen an einem einwöchigen Programm teil, in dem sie deutsche Regierungsmitglieder, Parteien, Verbände und Think Tanks kennenlernen.