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Corona-Krise: Shutdown Forever?
Am Mittwoch im Plenum des Bundestags hat der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Lindner klargemacht: Es gibt eine Welt nach dem Shutdown und darauf müssen wir politisch vorbereitet sein. Dafür wurde er als voreilig kritisiert. Gestern hat nun aber auch der Virologe Professor Kekulé aus wissenschaftlicher Sicht das Gleiche wie Lindner gesagt. Beide haben Recht. So sieht es jedenfalls unser Vorstandsvorsitzender Professor Paqué.
Um es klar vorweg zu sagen: Die derzeitigen Kontaktbeschränkungen sind angemessen und richtig. Das Gleiche gilt für Kita- und Schulschließungen wie für das Verschieben des Semesterbeginns an den Universitäten auf den 20. April. Und das Gleiche gilt für das öffentliche Leben, das fast ganz zum Erliegen gekommen ist – Cafés und Restaurants zu, viele Geschäfte zu, Biergärten leer – auch bei zunehmend warmer Sonne. Zur Eindämmung von Corona brauchen wir diesen Shutdown. Und sollte es wider Erwarten nicht gelingen, den exponentiellen Trend der Corona-Ausbreitung zu stoppen, dann müsste eben der Shutdown noch länger dauern. Es ist in gewisser Weise die Strafe für die Nachlässigkeit, die es in Deutschland in der Frühphase der Infektionswelle gab – im krassen Unterschied zu Südkorea und Taiwan. Nun müssen wir eben zunächst gegen die exponentielle Ausbreitung kämpfen, mit härtesten Maßnahmen der Ausgangsbeschränkung.
Irgendwann wird dieser Kampf gewonnen sein. Wie geht es dann weiter, und zwar in dem, was wir als „normales Leben“ bezeichnen? Virologen sagen, dass die Gefahr weiterer Infektionswellen keineswegs gebannt ist – es sei denn, wir führen in den Alltag geeignete Vorsichtsmaßnahmen ein. Zwei davon sind dabei von besonderer Bedeutung: das vorsorgliche Testen und das Tragen von Schutzmasken.
Was das Testen betrifft, ist die Lage in Deutschland derzeit unbefriedigend – bei maximal 300 bis 500 Tausend Tests pro Woche in einem Land mit über 80 Millionen Menschen. Laut Szenarien des Innenministeriums ließe sich diese Kapazität in einem Monat drastisch erweitern – bis auf fast 1,5 Millionen. An Laborkapazität fehlt es wohl nicht. Mindestens genauso wichtig ist aber auch die Art der Testanwendung: nicht im Nachhinein, wenn ein Verdacht geprüft werden muss, sondern im Vorhinein, um überhaupt dem Eintreten der Infektion zuvorzukommen und die positiv Getesteten rechtzeitig isolieren zu können. Auch neue Testmethoden sind dabei einsetzbar, bei denen Testpersonen einen Rachenabstrich selbst vornehmen. Dies gilt vor allem für Kinder und deren Eltern, sobald Kitas und Schulen wieder öffnen. In dieser Hinsicht bieten Südkorea und Taiwan offenbar vorzügliches Anschauungsmaterial, bis hin zu Drive-In-Möglichkeiten zum Selbsttesten. Ob man dann wirklich noch eine Überwachung über die Mobilphone braucht, wie sie in Ostasien üblich ist, kann offen bleiben. Mit unseren Vorstellungen von Datenschutz wäre sie jedenfalls zu Recht kaum vereinbar.
Was den täglichen Umgang bei der gemeinsamen Arbeit in geschlossenen Räumen betrifft, müssen endlich für alle Schutzmasken her, die eine Tröpfcheninfektion durch nießende Kollegen verhindern. Offenbar lassen die sich auch sehr einfach und wirksam herstellen. Der kreativen Gestaltung der Masken, wenn sie aus einfachen Textilien hergestellt sind, sollten dabei keine Grenzen gesetzt sein. Das Logo von Firmen oder gar politischen Parteien und Stiftungen darauf wäre herzlich willkommen. Sorgt man dann zusätzlich noch für eine betriebliche Organisation der Arbeit, die allzu häufige Beratungen großer Personenkreise in relativ kleinen Räumen vermeidet, dann müsste doch ein produktives Arbeiten ohne drohende Infektionsgefahr möglich sein. Auch mehr Digitales bei weniger Analogem kann da hilfreich sein.
Sicherlich müssen diese Maßnahmen geraume Zeit durchgehalten werden. Ein ganz normales Leben so wie vor Corona wird deshalb noch länger nicht möglich sein, weil neue Infektionswellen immer mal wieder aufflackern können. Aber auf den kompletten Shutdown ließe sich verzichten – und damit auch auf die Schäden für menschliche Kommunikation und wirtschaftliche Tätigkeit, den der mit sich bringt.