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Eine Kolumne von Karl-Heinz Paqué

Schuldenbremse
Politik der Prioritäten

Das Bundesverfassungsgericht hat eine neue Ära eingeläutet. Das ist gut für die Finanzdisziplin der Politik.
Bundesverfassungsgericht verkündet Urteil

Bundesverfassungsgericht verkündet Urteil zum Nachtragshaushalt am 15.11.2023

© picture alliance/dpa | Uli Deck

“Wir werden mit weniger Geld wirksamere Politik machen müssen als im vergangenen Jahrzehnt.“ So Bundesfinanzminister Christian Lindner in seiner Bundestagsrede nach dem spektakulären Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse. In diesem hat das höchste deutsche Gericht im Grunde jede „kreative“ Buchung zum Umgehen der Bremse durch Umwidmung von Mitteln untersagt. Konkret ging es um das Verwenden von nicht genutzten Kreditermächtigungen aus der Zeit der Corona-Notlage für die Energie- und Klimapolitik. Dahinter stand aber die Grundsatzfrage, ob künftig nicht-verausgabte Mittel aus jedweder Notlage, die eine Ausnahme von der Schuldenbremse begründet, in der anschließenden „normalen“ Haushaltslage anderweitig genutzt werden können.

Dem hat das Bundesverfassungsgericht in außerordentlich weiter Auslegung seiner Kompetenzen, über die sich streiten lässt, einen eisernen Riegel vorgeschoben. Dies wird alle Haushaltsgesetzgeber disziplinieren, und zwar nicht nur im Bund, sondern auch in den Ländern. Es ist längst allerorten gängige Praxis gewesen, das Sonderbudget für Notlagen – wenn diese eintraten – unter dem Applaus des Publikums besonders groß zu veranschlagen, um dann das, was regelmäßig übrigblieb, anschließend für „weit interpretierbare“ Zwecke zu verwenden. Ob Finanzkrisen, Fluten oder Flüchtlingswellen – es war immer das gleiche politische Spiel, und alle machten mit.

Damit ist jetzt Schluss. Dass ist gut so für die Finanzdisziplin – überall im Land. Und auch gut für die Machtposition der Finanzminister in ihren jeweiligen Kabinetten, allen voran in der Bundesregierung. Es macht allerdings die politischen Fronten noch viel härter, als sie ohnehin schon sind. Denn all diejenigen, die zum Beispiel teure Ziele der schnellstmöglichen Transformation verfolgen – und dies bei großzügigem Ausbau des Wohlfahrtsstaats – werden noch viel unsanfter als bisher an die Grenzen der Finanzierbarkeit stoßen. Schon rufen einige von ihnen nach Steuererhöhungen, die allerdings das Hochsteuerland Deutschland im wirtschaftlichen Standortwettbewerb noch unattraktiver machen, als es ohnehin schon ist. Oder sie verlangen die Abschaffung der Schuldenbremse, was künftige Generationen mit mehr Bürden belastet und die Bonität des Landes an den globalen Finanzmärkten gefährdet. Und all dies zu Lasten des Wirtschaftswachstums!

Es bleibt also letztlich nur das Umsteuern zum sparsamen Umgang mit den Steuermitteln. Sparen aber heißt: politische Prioritäten setzen. Christian Lindner hat also vollkommen Recht, wenn er „wirksamere Politik mit weniger Geld“ anmahnt. Das wird schwierig, aber keineswegs unmöglich, zumal in den nächsten Jahren die Summe der Steuereinnahmen in Deutschland die magische Grenze von 1 Billion (!) Euro überschreiten wird. Allerdings erfordert dieser neue Kurs Reformen, was den Sozialstaat und das Rentensystem betrifft, denn beide addieren sich zu riesigen (und wachsenden) Etatposten der staatlichen Unterstützung und Finanzierung. Und er verlangt ein Durchforsten des Dickichts all jener teuren Programme der forcierten klimapolitischen Transformation, die im letzten Jahrzehnt der sprudelnden Steuereinnahmen allzu leichtfertig beschlossen wurden.

Das Bundesverfassungsgericht hat also – einmal mehr – Geschichte geschrieben. Es hat die Finanzminister gestärkt.  Gut so!