Innovation
Zukunft durch Innovation
Wer derzeit am Wirtschaftsstandort Deutschland Befindlichkeiten nachspürt, gewinnt schnell den Eindruck: Es geht noch niemandem richtig schlecht, dennoch sind alle mit der Gesamtsituation unzufrieden. Diffuse Beschwerden, alles brauche zu lange und es werde mehr diskutiert als umgesetzt, erhalten Nahrung von immer neuen empirischen Belegen des drohenden Abstiegs. Jahrzehntelang hat Deutschland mit innovativen, qualitativ hochwertigen und zuverlässigen Produkten das weltweite Wachstum angetrieben – inzwischen scheint unser Land davon weitgehend abgekoppelt. 2025 wird Deutschland, so die Prognosen, beim Wachstumsschlusslicht aller OECD-Länder sein.
Traditionell starke Industrien wie Chemie, Automobil und Stahl schwächeln. Großunternehmen beginnen, ganze Werke zur Disposition zu stellen und Jobs zu streichen. Anwendungen neuer Technologien wie E-Mobilität, Künstliche Intelligenz und digitale Prozesse sorgen in anderen Teilen der Welt für viel Fantasie. Aber nur noch zwei (SAP und Siemens) der 100 wertvollsten Unternehmen der Welt kommen aus Deutschland. Das alles macht uns mindestens ein mulmiges Gefühl.
Dabei sind wir es gewohnt, dass sich einzelne Branchen verändern. Neue Geschäftsmodelle entstehen, alte fallen dem Fortschritt zum Opfer – das ist das Wesen des Kapitalismus. Spotify hat den CD-Player und der PC hat die elektronische Schreibmaschine vom Markt verdrängt. Aber kann es sein, dass wir gerade erleben, wie das Geschäftsmodell eines ganzen Landes in Gefahr gerät?
Innovationsstärke ist der entscheidende Faktor
Will man diese etwas dramatisierende Frage seriös beantworten, muss man sich vor allem die Innovationsstärke anschauen. Warum? Nun, sie stellt wie kaum ein anderer Faktor – zumal für ein Land ohne Bodenschätze – Wettbewerbsfähigkeit, Wertschöpfung und Wohlstand in Aussicht. Innovationsstärke verspricht Zukunft. Sie lockt Investoren und gut ausgebildete Menschen an. Sie sorgt für Optimismus und ist im Land der Ingenieure unverzichtbar für das Selbstverständnis. Hier, wo der Anspruch, Weltmarktführer zu sein, zur DNA von Großunternehmen und „hidden champions" gehört. Und, ganz wichtig, abseits von Marktanteilen und Geld verdienen: Innovationsstärke hilft, jene gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen erfolgreich anzugehen, die derzeit so viele Menschen beunruhigen. Klimawandel, Energiesicherheit und militärische Abwehrbereitschaft.
Es ist der stete Fluss an Innovationsfreude und Erfindergeist, der Deutschland einst zur Exportnation Nummer eins zur Lokomotive der europäischen Wirtschaft gemacht hat. Und diese Quellen sprudeln nach wie vor. Gemessen an wissenschaftlichen Publikationen, Patenten sowie Investitionen in Forschung und Entwicklung (FuE) sind wir immer noch eines der führenden Innovationsländer. Das Potenzial ist nach wie vor enorm hoch. Als die ganze Welt fieberhaft an Impfstoffen gegen Covid-19 forschte, war es das deutsche Unternehmen BioNTech, das als Erstes die Zulassung für ein mRNA-basiertes Vakzin erhielt.
Diese Prominenz erreichen natürlich nicht alle Innovationsschmieden in Deutschland, aber es gibt sie überall. Macht man sich auf und besucht die FuE-Zentren bei Bayer, Bosch oder BMW, die Labore der Hochschulen, die Innovation Hubs in der Provinz, dann trifft man überall Menschen, die voller Begeisterung forschen und entwickeln, umsetzen und anwenden, gründen und expandieren. Dort gewinnt man nicht den Eindruck, als hinke Deutschland der internationalen Konkurrenz hinterher.
Nach wie vor hohes Potenzial, aber Führungsrolle wackelt
Es gibt viele harte Fakten und subjektive Eindrücke, die Mut machen. Genau als das sollten wir sie betrachten: als Mutmacher. Aber sie sollten uns nicht blenden. Die Führungsrolle des Innovationsstandorts Deutschland wackelt genauso wie die des Wirtschaftsstandorts. Zu diesem Ergebnis kommen alle vergleichenden Studien, die das „big picture" zeichnen wollen.
Drei Beispiele, alle 2024 veröffentlicht: Der Global Innovation Index, den die Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) herausgibt, sieht Deutschlands Innovationsstärke weltweit nur noch auf Platz 9, europaweit auf Platz 6. Hinter Schweiz, Schweden, UK, Finnland und Niederlande. Der Innovationsindikator vom Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) stufte Deutschlands Innovationsfähigkeit weltweit auf Rang 12 herunter, europaweit auf Rang 9. In ihrem Europäischen Innovationsanzeiger verortet die Europäische Kommission Deutschlands Innovationsleistung auf Platz 9 innerhalb der EU, im Mittelfeld der „starken Innovatoren“, mit gehörigem Abstand auf die Ländergruppe der „Innovationsführer“.
Alle drei Studien sind sich darin einig, dass Deutschlands Innovationssystem stabil ist. Aber: Es fehlt an Dynamik. Und weil andere Länder genau diese Dynamik aufweisen, büßt Deutschland relativ gesehen an Strahlkraft ein. Wettbewerbsvorsprünge lösen sich auf. Das ist nicht schön, aber allein noch nicht dramatisch. Schließlich fällt es auch anderen großen Volkswirtschaften schwer, Dynamik zu entfalten.
Innovationskraft von strukturellen Risiken bedroht
Weitaus mehr Anlass zur Besorgnis ist, dass in Deutschland das Niveau der FuE-Investitionen keineswegs gesichert scheint. Der staatliche Anteil ist trotz großer Verbesserungen nach wie vor vergleichsweise gering. Die privaten Aufwendungen für FuE wiederum tätigen ganz überwiegend die wenigen forschungsstarken Großunternehmen. 37 Prozent aller FuE-Ausgaben kamen 2021 aus der Automobilbranche. Folglich kann man, zumal angesichts der Krise der deutschen Autobauer, von einem nicht unerheblichen Klumpenrisiko sprechen. Die für eine große Volkswirtschaft hohe Abhängigkeit von einzelnen Industriezweigen – und letztlich sogar von wenigen Unternehmen – verdeutlicht auch eine andere Zahl: Mehr in FuE als seine Hauptwettbewerbsländer investiert Deutschland nur noch in 8 von 28 Wirtschaftszweigen.
Bedrohlich für die künftige Innovationsstärke unseres Landes ist auch, wenn bisherige Innovationstreiber wegfallen und strukturelle Innovationshemmnisse nicht abgebaut werden. Der freie Welthandel steht vor Einschränkungen durch Zollschranken – Gift für eine Exportnation. Die Energiekosten sind enorm gestiegen – ein großes Problem für die energieintensive Industrie.
Unser Bildungssystem büßt an Leistungskraft ein. Unsere digitale Infrastruktur ist unterentwickelt. Transportwege sind unzureichend instandgehalten. Zu wenig qualifizierte Zuwanderung. Günstige klimaneutrale Energie ist Mangelware, die Energienetze nicht intelligent und modern genug. Überalterung der Gesellschaft. Investitionsstaus bei Bundeswehr, Bahn, Straßen und Schulen aufzulösen, steht in Konkurrenz zu eigentlich dringend benötigten, zusätzlichen staatlichen Investitionen in FuE.
Die 7 K's zur Innovationsstärkung
Wie kann Deutschland trotzdem seine Innovationsstärke ausbauen? Neue Erfolgsgeschichten schreiben, um zu alter Dynamik zurückzufinden? Was kann Politik tun, um Innovationskräfte zu entfesseln, um Wissenschaft und Wirtschaft noch besser zu verzahnen? Es braucht keine Revolution oder Disruption in der Innovationspolitik. Aber es braucht ein ganzes Bündel an kleinen und großen Maßnahmen, die es schnell zu identifizieren und umzusetzen gilt. Mutiges, entschlossenes Handeln, um jenen Rückenwind zu geben, die andere begeistern und mitreißen können. Die eine neue Fortschrittsbewegung tragen können.
Sieben Handlungsfelder beschreiben die Aufgaben für eine Innovationspolitik, die getragen wird von den Grundsätzen der Freiheit und des Ermöglichens: Köpfe, Kultur, Know-how, Kreativität, Kapital, Kooperation und Katalyse.
1. Köpfe
Innovation braucht kluge Köpfe. Sie spüren drängende Probleme frühzeitig auf, entwickeln Ideen und realisieren sie – wenn man sie lässt. In den vergangenen Jahren haben immer mehr Talente unser Land still und unbemerkt verlassen. Auch wenn viele später wieder zu uns zurückkehren, ist der Saldo seit Jahren negativ. Diese Entwicklung muss umgekehrt werden.
- Begeisterung, Wertschätzung und bessere Rahmenbedingungen für kluge Köpfe aus dem eigenen Land und der ganzen Welt, die am und mit dem Innovationsstandort Deutschland zusammenarbeiten wollen.
- Stärkung weicher und harter Standortfaktoren. Freiheit und Sicherheit, innere Liberalität, Offenheit gegenüber Diversität und Neuem, gute Bedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, beste Bildungschancen.
- Senkung der Steuer- und Sozialabgaben anteilig an den Gesamtarbeitskosten mindestens auf den Durchschnittswert der skandinavischen Länder.
- Beschleunigung bei Anerkennung von Abschlüssen und Vergabe von Visa sowie bürokratische Entlastungen durch den Einsatz digitaler Prozesse in den Verwaltungen.
- Initiativen, um Experten und Fachkräfte zu gewinnen und zu binden. Gezieltes Monitoring und Rückwerbe-Initiativen. Weltweiter Wettbewerb um die besten Köpfe in Wissenschaft, Industrie, Handel, Handwerk und Gewerbe, Verwaltungen und sozialen Einrichtungen.
2. Kultur
Innovation braucht eine Kultur des Möglich-Machens. Innovation first, Bedenken second. Begeisterung für Innovation kann nur entstehen, wenn Möglichkeiten und Chancen betont werden. Nur so lassen sich Grenzen überwinden und neue Räume für Fortschritt und Wohlstand eröffnen.
Innovationslust und Innovationsfertigkeiten müssen früh im Bildungssystem verankert und durch lebenslanges Lernen nachhaltig erhalten bleiben. Menschen brauchen über den gesamten Lebenszyklus erleichterten Zugang zu neuen Technologien, um ihre Lebensbedingungen zu verbessern und ihre Neugierde zu erhalten.
- Forschungsfreiheit. Lebenslanges Lernen. Durchlässigkeit des Bildungssystems. Talente besser erkennen und gezielter fördern. Stärkung der MINT-Fächer und bessere, digital unterstützte Bildungsangebote.
- Experimentierfreude stärken und Bürger im Sinne des Open Innovation frühzeitig in Projekte einbeziehen.
- Missionsorientierung bei herausragenden Vorhaben wie der schnellen Erforschung und Nutzung von Schlüsseltechnologien in den Bereichen digitale Plattformen, Halbleiter, Biomedizin, Batteriespeicher, klimafreundliche Energiesysteme.
- Fähigkeit und Bereitschaft zur Nutzung neuer Technologien, wie etwa Wasserstoff, E-Mobilität oder autonome Systeme. Moderne Netz-Infrastruktur mindestens so schnell und intelligent realisieren wie dies unseren wichtigsten Wettbewerbern gelingt.
- Keine Entbürokratisierungsgesetze mehr, die mehr neue Bürokratie schaffen, als bestehende abzubauen. Stattdessen mehr Entscheidungsgewalt und mehr Verantwortung an Macherinnen und Macher mit klarem Projektauftrag.
- Ethisch verantwortbare und zugleich global anschlussfähige Forschungsbedingungen, um etwa in der biomedizinischen Forschung und bei der Nutzung neuer Züchtungstechniken in der Landwirtschaft weltweit mitzuhalten.
3. Know-how
Innovation lebt von Know-how und seiner ständigen Erneuerung. In unserem Land ist noch immer ein enormes Wissen darüber vorhanden, wie neueste Produkte und Dienstleistungen entwickelt, hergestellt und weltweit vertrieben werden. Zugleich treten immer mehr Länder in den Innovationswettbewerb ein, und in den dynamisch wachsenden Innovationsregionen Nordamerikas und Asiens entsteht ständig neues Wissen. Das setzt uns unter Druck. Die Halbwertzeit von Erfolgsmodellen läuft schneller ab als früher.
Besonders hart erfährt das derzeit die Automobilbranche. China hat innerhalb weniger Jahre die komplette Wertschöpfungskette in der E-Mobilität – von den nötigen Rohstoffen über Batterien bis zum Komplett-Auto – für sich erschlossen. Teslas Marktkapitalisierung übersteigt die der Mercedes-Benz Group um mehr als das Zwanzigfache.
- Deutschland hat das erste Elektroauto und das erste autonom fahrende Fahrzeug der Welt auf die Straße gebracht. Die Rolle als Innovationsführer im Bereich der individuellen Mobilität muss Deutschland selbstbewusst verteidigen.
- Der Anspruch sollte lauten, die attraktivsten, digitalsten und nachhaltigsten E-Fahrzeuge, E-Fuel-Verbrenner und Wasserstoff-Fahrzeuge der Welt mit den günstigsten Lebenszykluskosten und den effizientesten klimaneutralen Motoren und Batterien zu entwickeln und auf die globalen Märkte zu führen. Über eine entsprechende Modulstrategie kann eine hinreichende Skalierung erreicht werden, die dringend notwendig ist, um wettbewerbsfähig zu sein.
- Deutschland hält vielversprechende Patente für autonomes Fahren im Individualverkehr und ÖPNV. Diese Patente müssen zu Marktführerschaft und Wertschöpfung genutzt werden. Es braucht mehr Experimentierräume und den frühestmöglichen Einsatz dieser Technologien außerhalb der Labore. Sonst wird die Welt spätestens 2028 bei Olympia in L.A. autonomen, klimaneutralen Transport ausgerechnet von dem Land vorgeführt bekommen, das bei Mobilität als Pick-Up- und Erdöl-hörig gilt.
- Deutschland muss Forschung und Innovation in diesem Bereich weiter fördern und – wie im Falle von Tesla – die innovativsten Unternehmen der Welt für den Standort Deutschland gewinnen. Nicht durch Subventionen, sondern durch beste Standortfaktoren.
4. Kreativität
Innovation entsteht durch Kreativität und Mut. Bessere Lösungen liegen nicht immer nur um die berühmte Ecke, sondern brauchen manchmal den Mut zur Sprung-Innovation. Seien wir offen für neue Wege und wagemutige Schritte! KI, Big-Data und Quantencomputing sind längst dabei, als Enabler ganze Branchen umzukrempeln. Wir brauchen mehr Mut, neue Möglichkeiten aufzuspüren, zu testen und für unsere Gesellschaft nutzbar zu machen.
- Sprung-Innovationen dauerhaft beste Rahmenbedingungen eröffnen, wie sie mit SPRIND geschaffen wurden.
- Experimentierklauseln schaffen.
- Ziele vorgeben, aber nicht den Weg dahin. Technologieoffenheitsgebot in Gesetzen und allen öffentlichen Fördermaßnahmen verankern.
5. Kapital
Innovation braucht Geld. Risikotragendes Kapital ist in jungen wie in etablierten Unternehmen notwendig, um Ideen in innovative Produkte und Dienstleistungen zu überführen. Dies gilt besonders für DeepTech mit einem üblicherweise längeren Übergang zwischen Entwicklungsphase und Marktreife. In diesem „Valley of death“, wo staatliche FuE-Förderung nicht mehr und private noch nicht fließt, verschwinden selbst vielversprechende Innovationen.
Um dieses Tal zu durchschreiten, braucht es Risiko-Kapital – und eine besonders starke Idee, eine überzeugende Story und den unbedingten Willen, die Neuerungen möglichst schnell auf einen möglichst großen Markt zu bringen (time-to-market und Scaling sind die entscheidenden Stellhebel). Zur Verwirklichung wachstumsträchtiger Innovationen bedarf es je nach Geschäftsmodell erheblicher Investitionen in Infrastruktur und Markt. Sorgen wir dafür, dass gute Ideen auf Finanzierung und auf schnelle Umsetzung treffen, damit Fortschritt marktfähig wird.
- Schaffung einer gemeinsamen europäischen Kapitalmarktunion, mit einer leistungsstarken Börse für wachstumsstarke Start-Ups aus Europa.
- Eigenmittelstarke Pensionsfonds und Versicherungen sollten mehr Möglichkeiten erhalten, einen Teil ihrer Kapitalanlagen in Start-Ups zu investieren – im Interesse ihrer Versicherten, eines dynamischen Gründergeschehens und eines nachhaltigen Wachstums.
6. Kooperation
Innovation entsteht nahezu nur noch in kooperativen, multidisziplinären Umfeldern. Mindestens wird sie durch Zusammenarbeit stärker, schneller und besser. Kooperationen müssen parallel in Theorie und Praxis, möglichst agil, kollaborativ und global ablaufen. Die Devise lautet: raus aus den Silos, rein in inter-, intra- und transdisziplinäre Zusammenarbeit auf allen Ebenen.
- Die Digitalisierung baut Grenzen zwischen Disziplinen und Branchen ab. Automobile entwickeln sich zu Computern auf Rädern. Roboter kommen nicht mehr nur in der Produktion, sondern in allen Lebensbereichen von der Bildung bis zu medizinischen Eingriffen zum Einsatz.
- Internationale Kooperationen sind vielfach von existentieller Bedeutung, etwa bei der Energieversorgung oder bei Pandemien, Cyberattacken und Naturkatastrophen.
- Um mittel- und langfristig die Verfügbarkeit von bezahlbarer Energie in Deutschland zu gewährleisten, braucht es eine engere Vernetzung innerhalb Europas. Insbesondere bei der Erzeugung und dem Transport von Wasserstoff und der Vorhaltung von Energiespeichern ist Deutschland auf Kollaboration angewiesen.
- Eine europäische Missionsstrategie muss die FuE-Aktivitäten in Schlüsselbereichen bündeln. Die EU muss Innovationstreiber werden bei Big Data, Plattformen, KI, innerer und äußerer Sicherheit.
- Hoheit über die Plattformen und strategische Unabhängigkeit kann es nur mit hinreichend resilienten Systemen geben, die Europa bislang fehlen.
7. Katalyse
Innovation ist angewiesen auf einen wirksamen Staat mit funktionierender Verwaltung. Die Rolle des Staates im Innovationsgeschehen kann nicht die des Innovators sein. Der Staat sollte Zukunftsräume öffnen, wo sie durch Regulierung verschlossen sind. Er muss Forschungsmittel zur Verfügung stellen und als Pilotkunde dem Neuen den Weg ebnen.
Will Deutschland zur „Innovation Nation“ werden, reicht kein Hochglanzprogramm der Bundesregierung. Das Ziel muss sich in einer inneren Haltung spiegeln, zur ständigen Kontrollfrage werden: Wie können wir in Wissenschaft und Verwaltung so schnell und unbürokratisch agieren, dass keine gute Idee aufgrund staatlicher Hürden verloren geht?
- Inkubatoren, Acceleratoren und Startup-Factories sind wichtige institutionelle Arrangements, um Kollaboration über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg zu vereinfachen und zu beschleunigen. Sie gilt es zu stärken und auszubauen.
- Neben exzellenter Forschung und Lehre braucht es ebenso exzellenten Transfer. Dafür müssen Bund und Länder mehr Mittel bereitstellen. Gründeraktivitäten, Patente, Validierung und Kooperation an Hochschulen sollten im Umfang von drei bis fünf Prozent der staatlichen Hochschulfinanzierung gefördert werden. Dieser Anteil kann in den kommenden Jahren schrittweise bis zur Hälfte von Privaten getragen werden.
- Mehr agile Förderinstrumente wie SPRIND. Überprüfung des Wissenschaftsfreiheitsgesetzes und seiner Verwaltungsvorschriften im Hinblick auf bürokratische Hürden und Agilität in den Prozessen.
Zum Autor: Andreas Pinkwart (64) ist Professor für Innovations- und Technologiemanagement an der TU Dresden. Zehn Jahre war der frühere stellv. FDP-Bundesvorsitzende Innovations-, Wissenschafts- und Wirtschaftsminister in Nordrhein-Westfalen. Der Text basiert auf seinem Vortrag anlässlich des Zukunftsforums25 der Friedrich-Naumann-Stiftung im November in Berlin.