Politik
Frauen in der Politik in Südasien
Frauen in der Politik – ein spannendes Thema weltweit. FNF Südasien nahm den Internationalen Frauentag am 8. März zum Anlass, den Status Quo und zukünftige Entwicklungen in Sri Lanka, Nepal und Pakistan mit politisch aktiven Vertreterinnen zu diskutieren und zu beleuchten. Mit Grußworten von Annette Witte, der ersten weiblichen Geschäftsführerin der Friedrich Naumann Stiftung, und Renata Alt, Mitglied des deutschen Bundestags, wurde das Webinar mit persönlichen Erfahrungen aus Deutschland eingeleitet und bereichert. Die Panelistinnen sprachen offen über ihre Herausforderungen und es ist klar, dass es noch ein weiter Weg für Frauen in Führungspositionen in der Politik in Südasien ist.
Auch wenn Sri Lanka mit Sirimavo Bandaranaike bereits 1960 die erste frei gewählte Regierungschefin der Erde hatte und 1947 mit Florence Senanayake die erste Frau im Parlament, sind die heutigen Statistiken, 64 Jahre später, enttäuschend. Mit Stand der letzten Wahl von 2020 gibt es nur einen 5%igen Frauenanteil im sri-lankischen Parlament. Obwohl Sri Lanka Frauenquoten festgelegt hat, ist die Durchsetzung aufgrund verwirrender rechtlicher Rahmenbedingungen schwierig und das völlige Fehlen rechtlich durchsetzbarer Vorgaben auf nationaler Ebene führt zu einer erheblichen Unterrepräsentation von Frauen im Parlament in Sri Lanka. Es gibt in der derzeitigen Legislaturperiode Bestrebungen, das bestehende Quotenrecht zu aktualisieren, aber der Weg dahin ist steinig und die Änderungen werden nicht von den vorrangig männlichen Parlamentariern unterstützt. Panelistin Sudarshani Fernandopulle, seit 2010 Mitglied im sri-lankischen Parlament, gibt auch zu bedenken, dass Frauen häufig dann in die Politik gehen bzw. gewählt wurden, wenn enge männliche Familienmitglieder wie der Ehemann oder der Bruder politisch motiviert ermordet wurden. Wahlkämpfe kosten viel Geld und insbesondere bei den hart umkämpften Wiederwahlen konkurrieren Frauen dann nicht nur mit den Kandidaten anderer Parteien, sondern vor allem auch innerparteilich. Umso weniger Frauen schaffen es daher in eine zweite oder dritte Amtszeit, da jede weitere Runde schwieriger wird.
Auch Pakistan hatte bereits von 1988 bis 1990 und von 1993 bis 1996 mit Benazir Bhutto die erste weibliche Premierministerin, Tochter des ehemaligen Premierministers Zulfikar Ali Bhutto. Panelistin Sania Kamran, Mitglied der Provinzialversammlung des Punjab von 2018-2023, merkt dazu an, dass politische Aktivitäten von Frauen in Pakistan häufig aus einer Familientradition heraus entstehen. Der Wettbewerb zwischen Kandidaten ist sehr intensiv und sehr teuer. Frauen haben es traditionell sehr viel schwerer, die benötigten finanziellen Mittel zu sammeln, da der islamische Staat eine männlich dominierte Gesellschaft ist, auch wenn der Koran dies nicht so expliziert beschreibt. Korruption und Schmiergelder sind wichtige Themen – Wahlkampfspender müssen überzeugt werden, dass auch eine weibliche Kandidatin ihre Agenda durchsetzen könnte und dafür kämpfen würde. Durch 20% der Parlamentssitze in Pakistan sind mit Frauen besetzt.
Panelistin Anusha Nepal, Communication Officer im Büro des nepalesischen Parlamentariers Gagan Kumar Thapa, beschreibt, dass selbst schon die initiale Kontaktherstellung zu politischen Key Players schwierig ist. Frauen haben einfach keinen breiten Zugang in der nepalesischen Öffentlichkeit, insbesondere außerhalb der Hauptstadt Katmandu. Trotz dieser schwierigen Erfahrungen sind jedoch aufgrund positiver Gesetzgebung durchschnittlich ein Drittel der Mitglieder in den nationalen Parlamenten Nepals Frauen.
Alle Panelistinnen sind sich daher einig, dass es aufgrund der gesellschaftlichen Strukturen und des starken Wettbewerbs mit Männern immens schwieriger für Frauen in Südasien ist, überhaupt nominiert zu werden, Wahlkampfmittel zu sammeln und z.B. abends politisch zu netzwerken, da angemessenes Verhalten, korrekte Kleidung und der Ruf weiblicher Kandidaten sehr viel stärker beachtet werden. „Jede Minute als Politikerin ist eine Herausforderung, da deine Kleidung, dein Aussehen, dein Verhalten, mit wem Du redest, wann Du mit wem redest, ständig beobachtet und bewertet werden.“ Und selbst wenn eine Frau ihr Wahlkampfbudget selbst organisiert, kann es sein, dass die Partei einen anderen Kandidaten bestimmt, da sie dem Kandidaten höhere Chancen einräumen. Letztendlich kommt es auf das Verhalten der parteilichen Führungskräfte an – sie wählen aus, sie (können) unterstützen und sie beeinflussen das Verhalten der Partei. Politische Auseinandersetzungen in Südasien werden auch gern häufig öffentlich auf der Straße ausgetragen anstatt in einer geordneten Diskussion im Parlament. Aus diesen vielen unterschiedlichen Schwierigkeiten heraus treffen vergleichsweise wenige Frauen die aktive Entscheidung in die Politik zu gehen. Es muss einen initialen Anlass geben wie bspw. die Familie, Traditionen oder Grassroots Aktivismus.
Einhellig wurde von allen Teilnehmern bekräftigt, dass, wie Renata Alt einleitete, „Frauen sind wichtige Schlüsselpersonen, aber oft limitiert und unterrepräsentiert, da die Parameter zur Bewertung für Frauen ganz anders sind als die für Männer.“