Internationaler Tag der Pressefreiheit
Unterdrückte Stimme: Die Lage des afghanischen Journalismus
Der Weltpressetag, der alljährlich am 3. Mai begangen wird, ist ein besonderer Tag, an dem an die Bedeutung der Pressefreiheit und die Herausforderungen, denen Journalisten weltweit gegenüberstehen, erinnert wird. Die Lage der Medienfreiheit war in Afghanistan schon immer eine Herausforderung, seit der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 ist diese aber noch schwieriger geworden.
Alle Medienschaffenden, jedoch insbesondere die Frauen unter ihnen, sehen sich in Afghanistan mit erheblichen Hindernissen konfrontiert, wenn es darum geht, wahrheitsgetreu und objektiv über die Ereignisse im Land zu berichten. Die Presse wurde stark eingeschränkt, und viele Journalistinnen und Journalisten sind aus dem Land geflohen oder untergetaucht. Die Taliban haben während der zwei Demokratie-Jahrzehnte (2001-2021) immer wieder Journalisten und Medien in Afghanistan angegriffen. Deren Rückkehr an die Macht hat bei allen, die die Pressefreiheit schätzen, berechtigte Angst ausgelöst.
Eine der größten Herausforderungen für Medienschaffende in Afghanistan ist die Sicherheit. Solange die Taliban an der Macht sind, laufen Journalistinnen und Journalisten Gefahr, wegen ihrer Berichterstattung verfolgt zu werden. Die Taliban sind dafür bekannt, dass sie alle angreifen, die über ihre Aktivitäten berichten wollen, und haben seit ihrer Machtübernahme bereits mehrere Journalisten verhaftet und verprügelt. Darüber hinaus gibt es Berichte über Journalisten, die von den Taliban wegen ihrer früheren Arbeit für ausländische Medien ins Visier genommen wurden.
Zensur als Herausforderung für Medienschaffende
Eine weitere Herausforderung für afghanische Medienschaffende ist die Zensur. Die Taliban haben den Medien strenge Kontrollen auferlegt, einschließlich des Verbots, über bestimmte Themen überhaupt zu berichten, und des Erfordernisses einer Genehmigung, bevor etwas veröffentlicht werden kann. Journalisten, die sich nicht an diese Beschränkungen halten, riskieren, bestraft oder sogar verhaftet zu werden.
Die Rückkehr der Taliban an die Macht hat vor allem Herausforderungen für Journalistinnen mit sich gebracht. Unter der vorherigen Regierung konnten Frauen im Journalismus und in den afghanischen Medien arbeiten. Die Taliban haben jedoch auch in der Vergangenheit Frauen unterdrückt und jeden Zugang zu Bildung und Beschäftigung für sie eingeschränkt. Journalistinnen sehen sich jetzt mit noch größeren Hindernissen konfrontiert, wenn sie ihre Karriere fortsetzen wollen, und viele wurden gezwungen, aus dem Land zu fliehen.
Afghanische Journalisten sind allerdings daheim und in den Nachbarländern, in denen sie Zuflucht gesucht haben, zur Zielscheibe geworden. Beispielsweise in Pakistan fürchten viele afghanische Journalisten, verhaftet und abgeschoben zu werden. Einige Journalisten sehen sich gezwungen, verborgen und anonym zu arbeiten, weil sie sonst stets Gefahr laufen, von den Taliban oder anderen extremistischen Gruppen verfolgt zu werden. Die meisten Geflüchteten haben Schwierigkeiten, ihre Aufenthaltstitel zu verlängern, während in europäischen und amerikanischen Staaten die Überprüfung ihrer Fälle stattfindet.
Finanzielle und logistische Unterstützung
Was kann getan werden, um afghanische Medienschaffende in dieser schwierigen Zeit besser zu unterstützen? Ein wichtiger Schritt ist die finanzielle und logistische Unterstützung derjenigen, die bereits aus dem Land geflohen sind. Viele Journalisten benötigen lebensnotwendige Dinge wie Unterkunft und Nahrung, und internationale Organisationen können helfen, diese Dinge zu beschaffen. Darüber hinaus kann die Bereitstellung von Schulungen und Ressourcen für Journalisten, die sich noch in Afghanistan aufhalten, dazu beitragen, dass sie trotz der Einschränkungen, denen sie täglich ausgesetzt sind, weiterhin über die Situation berichten können. Die Sicherheit der afghanischen Journalisten innerhalb des Landes ist zu diesem Zeitpunkt sehr wichtig, und die Organisationen, die diese Art von Unterstützung leisten möchten, sollten indirekte Methoden in Betracht ziehen. Wenn man zum Beispiel aus dem Westen Mittel schickt, sollten diese unbedingt über ein Drittland bereitgestellt werden, das die Hilfe auch sicher ohne Gefährdung für die Empfänger nach Afghanistan liefern kann.
Außerdem muss die internationale Gemeinschaft Druck auf die Taliban ausüben, damit sie die Pressefreiheit respektieren. Regierungen und Organisationen können sich gegen die Einschränkungen der Medien durch die Taliban aussprechen und fordern, dass Journalisten ohne Angst vor Repressalien arbeiten dürfen. Dieser Druck kann dazu beitragen, ein sichereres Umfeld für Journalisten in Afghanistan zu schaffen und die Taliban zur Achtung der Menschenrechte und der Meinungs- und Pressefreiheit zu bewegen.
Bewusstsein weltweit schärfen
Darüber hinaus kann die Bereitstellung einer Plattform für afghanische Journalisten, auf der sie ihre Geschichten und Perspektiven mitteilen können, dazu beitragen, das Bewusstsein für ihre Herausforderungen weltweit zu schärfen. Diese Unterstützung kann darin bestehen, Artikel und Videos afghanischer Journalisten zu veröffentlichen und sie einzuladen, auf Veranstaltungen und Konferenzen zu sprechen. Indem wir der Stimme afghanischer Journalisten Gehör verschaffen, können wir dafür sorgen, dass ihre Geschichten gehört und ihre Arbeit anerkannt werden.
Schlussendlich ist es wichtig, die Entwicklung unabhängiger Medien in Afghanistan zu fördern. Unabhängige Medien können dazu beitragen, die Regierung und andere mächtigen Akteure zur Verantwortung zu ziehen und marginalisierten Gemeinschaften eine Stimme zu geben. Diese Unterstützung umfasst die Bereitstellung von Ressourcen für neue Medien und die Förderung des Wachstums der bereits bzw. noch bestehenden.
Am Weltpressetag an die weltweit entscheidende Rolle der Medienschaffenden bei der Förderung von Transparenz und Rechenschaftspflicht zu erinnern und sich mit denjenigen zu solidarisieren, die bei der Ausübung ihrer Arbeit vor größten Gefahren stehen, ist elementar wichtig. Die afghanischen Journalistinnen und Journalisten stehen exemplarisch für diesen besorgniserregenden Zustand.
Freshta Hemmati, eine afghanische Journalistin und Geschäftsführerin der Afghanistan Journalists' Support Organization (AJSO).
Olga Romanova: "Die Bedrohungen gegen den Journalismus gehören dazu"
Existiert der unabhängige Journalismus noch in Russland? Für die seit fünf Jahren im Exil lebende Journalistin Olga Romanova steht fest, dass jedes Jahr mehr russische Journalistinnen und Journalisten dazukommen und arbeiten – trotz des großen Risikos. Auch auf Olga Romanova würde in ihrer Heimat eine Strafe wegen Verrats am Vaterland warten. Wie man die Bedrohungen gegen den freien Journalismus bekämpft, erklärt sie im Interview.
Tatsiana: "Wenn ich nach Belarus zurückkehre, warten fünf Jahre Gefängnis auf mich"
Nach Einschätzungen der UN hat sich die Menschenrechtslage in Belarus dramatisch verschlechtert. Demnach befinden sich mindestens 1400 politische Gefangene in Haft. Auch die belarussische Journalistin Tatsiana floh aufgrund des Drucks der Regierung auf Journalisten 2021 aus dem Land. Im Interview berichtet sie, wie sie die Unterstützung der internationalen Organisationen und Stiftungen für unabhängige Journalisten und Journalistinnen bewertet.
Dmytro Ladvishchenko: "Menschen in und außerhalb der Ukraine müssen weiterhin Informationen erhalten"
Am 24. Februar 2022 war der ukrainische Journalist Dmytro Ladvishchenko gerade an der Grenze zu Rumänien, als der Beschuss Kiews mit Raketen begann. Er entschied sich, die Ukraine zu verlassen. Im Interview berichtet er über die ersten Tage des Krieges und wie er zusammen mit seiner Frau eine Anlaufstelle für Flüchtlinge gründete, wo er vor allem Frauen bei der Unterbringung half. Den aktuellen Zustand der ukrainischen Medien bewertet er als sehr schlecht - daher ist für ihn die Unterstützung des Westens für unabhängige Journalistinnen und Journalisten in der Ukraine essenziell.
Anna Savchenko: "Die einzige Bedrohung für Medienschaffende in der Ukraine ist der Krieg"
Am 24. Februar 2022 entschied die ukrainische Journalistin Anna Savchenko an die Grenze zu fahren und ihre Heimat zu verlassen. Seitdem lebt sie in Deutschland und hofft auf das Ende des Krieges. Von ihrem Land erwartet sie eine große Phase der Entwicklung und des Aufblühens – trotz all des Grauens, dass die ukrainische Bevölkerung erleiden muss. Für Anna Savchenko steht fest: Nur gemeinsam ist es möglich, ein freies, unabhängigeres, stärkeres und demokratischeres Land aufzubauen.
Marta Petrovskaja: "Ich musste mich zwischen meinem Beruf oder meinem Heimatland entscheiden"
Die Situation in Belarus spitzt sich immer weiter zu. Die Journalistin Marta Petrovskaya arbeitete bis 2021 für „tut.by“, eines der größten Medienportale in Belarus. Doch nachdem die Website gesperrt wurde, fanden sowohl Durchsuchungen in den Büros als auch in den Wohnungen vieler Redakteure statt. Auch Marta wurde festgenommen und befand sich in U-Haft. Sie entschied sich, ihrem Beruf weiter nachzugehen und war gezwungen, ihr Heimatland zu verlassen. Jetzt arbeitet sie als unabhängige Journalistin in Berlin. Über ihre Erlebnisse spricht sie mit uns im Interview.