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Uruguay
Machtwechsel in einer stabilen Demokratie: Yamandú Orsi ist neuer Präsident Uruguays

Uruguays neuer Präsident Yamandu Orsi und seine Vizepräsidentin Carolina Cosse.

Uruguays neuer Präsident Yamandu Orsi und seine Vizepräsidentin Carolina Cosse.

© picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Natacha Pisarenko

Am 24. November, wählten die knapp 3,5 Millionen Einwohner Uruguays im zweiten Wahlgang Yamandú Orsi zum Präsidenten des Landes. Uruguay, ein Leuchtturm demokratischer Stabilität in der Region, stellt angesichts der zunehmenden Polarisierung auf regionaler und globaler Ebene einen beeindruckenden Sonderfall dar. Das Land weist ein geringes Maß an Polarisierung auf, sowohl in politischer und ideologischer Sicht – es gibt keine extremistischen Kandidaten, die Chancen auf eine Regierungsbeteiligung hätten – als auch in sozialer Sicht.

Nach fünf Jahren Partido Nacional ist die Frente Amplio wieder an der Regierung

Yamandú Orsi, der Kandidat der Linkskoalition Frente Amplio („Breite Front“) gewann mit 49,8 % der Stimmen vor dem Kandidaten der Partido Nacional („Nationale Partei“), Álvaro Delgado, der 45,9 % der Stimmen erhielt, nachdem mehr als 98 % der Stimmen ausgezählt waren. Orsi, 57, wird somit der vierte Präsident in der Geschichte der Frente Amplio sein. Der Geschichtsprofessor und ehemalige Bürgermeister von Canelones wird sein Amt am 1. März 2025 antreten. Seine politische Laufbahn begann im Landesinneren, wo er sich durch seine politische Führungsstärke und seinen intensiven Kontakt zur Basis auszeichnete.

Während seines Wahlkampfes betonte er die Bedeutung von Ehrlichkeit und schlug eine Politik vor, die sich auf die Bekämpfung der Kinderarmut, den Ausbau der frühkindlichen Bildung und die Einrichtung von mehr Ganztagsschulen konzentrierte. Seine Botschaft war die eines graduellen Wandels bei grundsätzlicher Beibehaltung der Stabilität, die Uruguay auszeichnet.

Die liberale Partido Colorado („Rote Partei“) hatte im ersten Wahlgang mit 16,1 Prozent der Stimmen ein gutes Ergebnis erzielt, das jedoch nicht ausreichte, um in die Stichwahl für die Präsidentschaft zu kommen. Das gute Wahlergebnis wird es ihr jedoch ermöglichen, eine Schlüsselrolle im Parlament zu spielen. Grund hierfür ist, dass die Frente Amplio keine parlamentarische Mehrheit haben wird. Die Linkskoalition wird zwar 16 der insgesamt 30 Senatoren stellen (17, wenn man die künftige Vizepräsidentin Carolina Cosse mit einbezieht) und damit eine Mehrheit im Senat erreichen, aber nicht in der Abgeordnetenkammer. Dort wird sie 48 Abgeordnete haben, zwei weniger als die 50, die nötig sind, um die Annahme der von ihr unterstützten Gesetze zu garantieren.

Der reibungslose Wechsel an der Spitze des Landes bestätigt immer wieder die Stabilität der Demokratie. Nach 15 Jahren Regierung der Frente Amplio wurde vor 5 Jahren der bisherige Präsident Lacalle Pou von der Partido Nacional gewählt. Nach dessen Amtszeit hat Yamandú Orsi nun die Verantwortung, die nächste Regierung der Frente Amplio zu führen. Lacalle Pou hätte die Möglichkeit, bei den nächsten Wahlen wieder zu kandidieren, nachdem er mit einer hohen Zustimmungsrate während seiner Amtszeit aus dem Amt geschieden ist. Eine unmittelbare Wiederwahl ist laut Verfassung in Uruguay dagegen nicht möglich.

Uruguay von politischer Polarisierung verschont

Anders als in den meisten lateinamerikanischen Ländern haben die beiden Kandidaten, die sich in der zweiten Wahlrunde gegenüberstanden, Yamandú Orsi und Álvaro Delgado, keine radikalen Reden gehalten, die demokratischen Institutionen nicht bedroht und den politischen Gegner als legitimen Konkurrenten und nicht als Feind behandelt. Das Wahlergebnis wurde von den Verlierern wie stets klaglos akzeptiert. Dieser gegenseitige Respekt, der sich im Vertrauen und in der Wertschätzung der Institutionen des Landes widerspiegelt, stärkt den Ruf Uruguays als eine der solidesten Demokratien der Welt, noch vor Ländern wie dem Vereinigten Königreich, Frankreich und den Vereinigten Staaten. In demokratisch vorbildhafter Weise hat sich Lacalle Pou sofort mit Yamandú Orsi in Verbindung gesetzt, um den reibungslosen Regierungswechsel zu organisieren.

Solide Institutionen und sozialer Zusammenhalt sind die Pfeiler der politischen und sozialen Kultur des Landes. Nach Angaben der Weltbank hat Uruguay die geringste Ungleichheit in Lateinamerika und die größte Mittelschicht in der Region, die mehr als 60 % der Bevölkerung ausmacht. Dies geht einher mit einer soliden öffentlichen Politik, einem allgemeinen Gesundheitssystem, einer Arbeitslosenversicherung und der Unterstützung von Kinder- und Altenbetreuung. Auch die Korruption ist für lateinamerikanische Verhältnisse gering, was das Vertrauen in die öffentlichen Institutionen fördert.

Das Beispiel Uruguays zeigt, dass die Überwindung der Polarisierung nicht nur eine gemäßigte politische Führung erfordert, sondern auch starke Institutionen und eine Politik, die effektives und professionelles Regierungshandeln priorisiert. Uruguays Demokratie ist kein Zufall, sondern das Ergebnis einer kollektiven Anstrengung zum Aufbau einer integrativen und widerstandsfähigen Gesellschaft.

Uruguay als strategischer Partner für Deutschland

Die politische und gesellschaftliche Stabilität des Landes machen Uruguay zu einem interessanten strategischen Partner für Deutschland mit viel Potenzial für eine Ausweitung der politischen und wirtschaftlichen Kooperation.

Uruguay verfolgt das Ziel, ein Zentrum für Innovation in der Region zu werden. Hierfür hat es ein günstiges Umfeld für die Ansiedlung von Investitionen geschaffen mit Steuervergünstigungen (z. B. das Freihandelszonengesetz), die die Einrichtung regionaler Logistik- und Technologiezentren ermöglichen. Zudem gibt es Anreize für Unternehmen, Betriebe ins Land zu verlegen (wie im Fall von Google und Microsoft, die in Uruguay regionale Betriebszentren eingerichtet haben). Potenzielle Anknüpfungspunkte für deutsche Unternehmen gibt es auch im Bereich der erneuerbaren Energien. So stammen 98 % der erzeugten Energie des Landes aus erneuerbaren Quellen.

Fazit und Ausblick

Yamandú Orsi wird für die nächsten 5 Jahre der Präsident Uruguays sein. Das relativ knappe Wahlergebnis und der reibungslose Machtwechsel spiegeln ein Land wider, das trotz großer politischer Differenzen weit entfernt ist von der Polarisierung, die viele andere Länder zunehmend kennzeichnet. Der Wechsel festigt die politische und soziale Stabilität. Uruguay bleibt politisch und wirtschaftlich ein attraktiver Partner für Deutschland und Europa. Dieses Potenzial sollte genutzt werden, bevor geopolitische und ökonomische Konkurrenten die Lücke für sich nutzen wie vor allem China. Hierzu gehört insbesondere auch die überfällige Finalisierung des EU-Mercosur-Abkommens.

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Florian von Hennet
Florian von Hennet
Leiter Kommunikation, Pressesprecher
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