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Bildung
Studie: Große Mehrheit fordert digitale Unterrichtspflicht

Die Digitalisierung des Unterrichts ist ein Grundbedürfnis, um aus dem Krisenmodus herauszukommen.
Digitaler Unterricht
© picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Sebastian Kahnert

Wie ein Damoklesschwert hängt das Coronavirus über den Schulklassen, die in diesen Tagen mit dem Präsenzunterricht beginnen. Wer in der aktuellen Diskussion bislang glaubte, die Maskenpflicht sei dabei das größte Problem, sieht sich getäuscht: Die Skepsis bei den Menschen zum Unterricht in Corona-Zeiten ist groß. Das zeigt eine aktuelle Umfrage, die „dimap - das institut für markt- und politikforschung“ für die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit durchgeführt hat.

Gleichzeitig wird deutlich, dass die Befragten vor allem bei digitalen Unterrichtsangeboten großen Handlungsbedarf sehen.

Nur 28 Prozent der Befragten sind überzeugt, dass der Unterricht im Schuljahr 2020/21 vollkommen normal stattfinden wird. Zwei Drittel sehen das völlig anders, bei den jüngeren Altersgruppen sind es sogar 79 Prozent. Auch über die Konsequenzen eines eingeschränkten Schulbetriebs sind sich die Befragten überraschend einig. Fast zwei Drittel (64 Prozent) rechnen damit, dass die Coronakrise insgesamt zu mehr Bildungsungerechtigkeit führen wird. Bei der Bewertung der digitalen Unterrichtsangebote während den Schulschließungen im Frühjahr zeigt sich dagegen ein differenziertes Bild. Ein Drittel der Befragten meint, dass diese Angebote während der Corona-Krise gut funktioniert hätten und beibehalten werden sollten – 53 Prozent sehen das anders. Während Frauen lediglich zu 28 Prozent eine positive Sicht auf die bisherigen Angebote vertritt, sind es bei den Männern immerhin 40 Prozent. Rückschlüsse auf die tatsächliche Qualität des Unterrichts oder gar die Leistung einzelner Lehrkräfte, lassen sich daraus freilich nicht ziehen – zu sehr unterscheiden sich die Voraussetzungen in den einzelnen Schulformen und teilweise sogar in den einzelnen Schulen.

Im Zentrum sollte daher die Frage stehen, welche Konsequenzen sich für den Unterricht im „Coronaschuljahr“ ziehen lassen.  Ein Vorschlag stößt dabei auf besonders hohe Resonanz: 77 Prozent der Befragten fordern, dass der Staat gesetzlich verpflichtet sein müsse, auch digitalen Unterricht anzubieten; nur 20 Prozent stimmen dieser Forderung nicht zu. Besonders die Befragten in Ostdeutschland schließen sich mit 82 Prozent dieser Forderung an. Damit die Länder dieser digitalen Unterrichtspflicht allerdings auch nachkommen können, muss es einfacher werden, die Mittel aus dem Digitalpakt abzurufen. Zudem braucht es einen realistischen Blick auf die Kapazitäten der Lehrkräfte, die in der Krise ohnehin schon in besonderem Maße beansprucht worden sind. Neben dem Ausbau der Infrastruktur – in Berlin wurde dieser noch nicht einmal in Auftrag gegeben – gehört dazu ein umfassendes Fortbildungsangebot für Lehrkräfte, das nur greifen kann, wenn diese an anderer Stelle entsprechend entlastet werden. "An keinem anderen Arbeitsplatz in Deutschland müssen Mitarbeiter mit 30 Menschen ohne Abstand im Raum sitzen", betonte vor Kurzem Ilka Hoffmann von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Sie verweist mit Recht darauf, dass zurzeit hohe Ansprüche an die Lehrkräfte gestellt wird. Umso wichtiger ist, den digitalen Unterricht nicht als zusätzliche Forderung an die Schulen heranzutragen, sondern als Hilfsmittel zu begreifen, welches bei entsprechender Unterstützung durch die Politik – zum Beispiel über die Bereitstellung von geschulten IT-Fachkräften für die Schulen – eine Entlastung gerade auch für Lehrkräfte aus Risikogruppen sein kann.

„Der Schulbeginn erfolgt derzeit im Notbetrieb“, kommentiert Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué, Vorstandsvorsitzender der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, die Ergebnisse der Befragung. „Von bester Bildung sind wir noch weit entfernt. Das hat aber nicht nur mit den Auswirkungen der Corona-Krise zu tun. Die Digitalisierung des Unterrichts ist ein Grundbedürfnis, um aus dem Krisenmodus herauszukommen. Das sehen die Menschen im Land anscheinend klarer als viele in der Politik.“

Trendguide: Schulen der Zukunft

Trendguide Bildung

Die Umsetzung des DigitalPakts 2019 läuft nur schleppend. Von den fünf Milliarden Euro Fördergeld des Bundes für digitalen Unterricht sind nur 15,7 Millionen Euro abggerufen worden. Weitere Milliarden müssen folgen, wenn der Pakt ein Erfolg werden soll. Beste Bildung gibt es nicht umsonst. Wir brauchen Investitionen in digitale Bildung: Laptops, schnelles W-Lan an Schulen und neue Lehrkonzepte. Was jetzt für den digitalen Aufbruch nötig ist, erklären wir im Trendguide Schulen der Zukunft.

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