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Veranstaltungsbericht
„Beim Lesen der Reden von Walter Scheel geht einem das liberale Herz auf“

„WALTER SCHEEL: UNERHÖRTE REDEN – Buchpräsentation & Diskussion über einen großen Liberalen der Bonner Republik“
Walter Scheel Rede
Walter Scheel während einer seiner Reden im Bonner Bundestag © Archiv des Liberalismus / FD 0115

Der ehemalige Bundespräsident Walter Scheel, der im August 2016 – vor fast genau fünf Jahren – im Alter von 97 Jahren verstarb, ist für seine Darbietung des Volksliedes »Hoch auf dem gelben Wagen« in der kollektiven Erinnerung geblieben. Dabei gehörte er jenseits dieses Klischees – so stellte der Stiftungsvorsitzende Professor Karl-Heinz Paqué in seiner Begrüßung zu Recht fest – „zweifellos zu den wichtigsten und erfolgreichsten Politikern der Bonner Republik“. Trotzdem drohten die Reden dieses herausragenden Rhetorikers zu Unrecht in Vergessenheit zu geraten.

Für die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit sei die Erinnerung an Walter Scheels politisches Wirken Auftrag und Vermächtnis. Denn schließlich lagern in den Gummersbacher Archivmagazinen etliche Meter an Unterlagen von und über den ehemaligen Bundespräsidenten. Dieses Vermächtnis Scheels hat nunmehr seinen Niederschlag in der Förderung und Mitwirkung der Stiftung am Buch „Walter Scheel – Unerhörte Reden“ gefunden, das Ende März im Berliner Be.bra Verlag erschienen ist. Der Band zeichnet – auf gut 300 Seiten und mit rund 70 Fotos – Walter Scheels politisches Wirken anhand von 16 Ansprachen als Bundesminister, Bundespräsident und Parteipolitiker nach.

Die digitale Buchvorstellung wurde vom Länderbüro Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern in Kooperation mit dem Archiv des Liberalismus organisiert. Nach einer historischen Einführung von Archivleiter Ewald Grothe nahm die anschließende Podiumsdiskussion die Reden Scheels näher in den Blick. Moderiert durch Anja Reinhardt vom Deutschlandfunk gingen der Herausgeber des Bandes Dr. Knut Bergmann und Ulrich Lechte, MdB (FDP) und Mitglied im Auswärtigen Ausschuss, der Frage nach, welche Bedeutung Scheels Reden heute noch haben können. Sie seien, so Ulrich Lechte, nicht nur lesenswert als historischer Einblick, sondern sie taugten als „liberaler Kompass“, weil Scheel mit vielen Themen, wie Integration und Demokratisierung, „seiner Zeit weit voraus“ gewesen sei und den Dialog der Generationen gefördert habe.

Der Politikwissenschaftler Knut Bergmann, Initiator der Sammlung, lobte besonders die Rede zum Jahrestag des Kriegsendes 1975. Sie enthalte neben dem persönlich geprägten Schuldeingeständnis eines ehemaligen Kriegsteilnehmers die Botschaft, die Nachkriegsgeneration müsse die Demokratie als „ungeheures Geschenk“ ansehen. Lechte stellte heraus, dass der in der Rede betonte Gedanke der „Befreiung“ vom Nationalsozialismus eine „Blaupause“ für die zehn Jahre spätere Ansprache des Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker gewesen sei.

Beide Diskutanten waren sich einig darin, dass die Lektüre der Redensammlung äußerst empfehlenswert sei. Ulrich Lechte wörtlich: „Beim Lesen der Reden von Walter Scheel geht einem das liberale Herz auf“.

Knut Bergmann (Hrsg.): Walter Scheel – Unerhörte Reden. Mit Beiträgen von Ewald Grothe und Gundula Heinen. Be.bra Verlag, Berlin 2021, 336 Seiten, 70 s/w-Abb., 26 Euro, ISBN 978-3-89809-188-6.