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Krieg in Europa
Die Auswirkungen des Ukraine Krieges auf das Weimarer Dreieck

Drei Fragen, drei Antworten mit Nicola Beer
Nicola Beer

NIcola Beer 

© picture alliance / Geisler-Fotopress | Dwi Anoraganingrum/Geisler-Fotop

Friedrich-Naumann-Stiftung: Welchen Beitrag kann das Weimarer Dreieck in Sachen Sicherheit für Europa konkret leisten?

NIcola Beer: Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat die Friedensordnung in Europa in Frage gestellt. Die EU steht vor großen Herausforderungen, die die Mitgliedstaaten gemeinsam angehen müssen. Durch mutige politische Entscheidungen muss Europa parallel zur Unterstützung der Ukraine seine strategische Autonomie und Krisen-Resilienz weiter ausbauen und gleichzeitig die transatlantische Partnerschaft stärken. Europa muss sich wirtschaftlich breiter aufstellen, den Zugang zu strategischen Rohstoffen sichern, Lieferketten stabilisieren, die Transformation seiner Energieversorgung vorantreiben und die europäische Verteidigung stärken. Hier ist eine enge Kooperation zwischen Polen, Frankreich und Deutschland entscheidend, um Impulse zu setzen und gemeinsam auch schwierige, kontroverse Themen in der EU anzugehen. Über drei Jahrzehnte nach seiner Gründung ist dieses trilaterale Gesprächs- und Kooperationsformat auf Regierungs-, politischer und zivilgesellschaftlicher Ebene wichtiger denn je, um Impulse zu geben und Brücken zu bauen.

Friedrich-Naumann-Stiftung : Im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine hat Polen gegenüber Deutschland mehrfach Misstrauen geäußert. Deutschland verspiele das Vertrauen Europas. Wie wirkt sich das auf das Dreieck aus? Wie sieht Ihrer Meinung nach die Partnerschaft in den kommenden Jahren aus? 

NIcola Beer: Hier muss unterschieden werden: Nicht Polen hat Deutschland das Misstrauen ausgesprochen, sondern einzelne Politiker haben sich in den Medien entsprechend geäußert. Aussagen, die auch im Zuge des Wahlkampfes getroffen werden, dürfen wir nicht überbewerten und gleichsetzen mit der Meinung Polens. Natürlich gibt es Differenzen und in einzelnen Bereichen auch fundamentale Meinungsverschiedenheiten wie zum Beispiel beim Thema Rechtsstaatlichkeit. In anderen Bereichen und gerade in der Unterstützung der Ukraine arbeiten Deutschland und Polen eng zusammen. Beide Länder stellen jeweils ein Hauptquartier im Rahmen der Unterstützungsmission EUMAM Ukraine und arbeiten sehr gut und reibungslos zusammen. Ich bin der festen Überzeugung, dass es uns gerade angesichts des russischen Angriffskrieges gelingen muss und gelingen wird, politische Differenzen zu überwinden und mit unseren polnischen Partnern gemeinsam die großen Herausforderungen, vor denen Europa steht, anzugehen.

Friedrich-Naumann-Stiftung: Wie kann das Weimarer Dreieck und die Europäische Union die Zivilgesellschaft schützen und die dahingehenden Herausforderungen bewältigen?  

Nicola BeerDie Europäische Union stärkt ihre Resilienz. Nicht nur in den Bereichen Verteidigung und Militär, sondern auch im Bereich menschlicher Sicherheit, Schutz im Cyberraum, Schutz unserer bürgerlichen Freiheiten. Und gerade beim letzteren haben wir im Kontext der Debatten um Rechtsstaatlichkeit gesehen, welche Rolle die EU bei der Verteidigung der bürgerlichen Freiheiten spielen kann. Hier sind alle drei Mitgliedstaaten des Weimarer Dreiecks aufgerufen, eng zusammen zu arbeiten. Das geht nicht ohne Konflikte, ist aber alternativlos. Zivilgesellschaft spielt dabei eine bedeutende Rolle, als Vermittler und als Brücke zwischen unseren Nationen aber auch, um neugierig aufeinander zu machen. Der zivilgesellschaftliche Austausch ist von großer Bedeutung und Kernaufgabe des Weimarer Dreiecks. Zahlreiche Projekte, vor allem der Jugendaustausch zeugen von dessen Erfolg. Aber dieses Interesse, einander kennenzulernen dürfen, wir nicht als gegeben voraussetzen, sondern wir müssen uns weiter dafür einsetzen, dass der Jugendaustausch weitergeführt wird, dass Studierende und Auszubildende an Austauschprogrammen teilnehmen, dass mehr Städtepatenschaften initiiert werden.