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Südafrika
Ein gemeinsames Ziel: Das Ende der Rassentrennung

Der Beitrag der liberalen Kräfte zur Überwindung der Apartheid in Südafrika
Ein gemeinsames Ziel: Das Ende der Rassentrennung

Die Teilnehmer der IDASA-ANC Konferenz in Leverkusen, 1988

© Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

„Der Dakar Prozess. Der Anfang vom Ende der Apartheid in Südafrika“, ein Buch, das leicht verständlich die wichtigsten Hintergründe, Abläufe und Folgen der Dakar Konferenz zusammenfasst. Der Beitrag der liberalen Kräfte zur Überwindung der Apartheid in Südafrika war in der Offiziellen Geschichtsschreibung bisher zu wenig gewürdigt worden. Das vorliegende Buch hilft, dieses Defizit zu überwinden, so Dr. Gabriele Reitmeier in ihrer Rezension des Werkes.

Der Überwindung des Apartheid-Regimes in Südafrika waren viele Jahre des politischen Dialogs zwischen den verfeindeten Gruppen vorausgegangen. Seit 1983 bis zum Ende der Apartheid 1990 gab es nicht weniger als 160 Meetings mit ca. 1200 Vertretern des ins Exil verbannten ANC unter ihrem Anführer Thabo Mbeki und weißen Südafrikanern aller gesellschaftlichen und politischen Schattierungen. Sie alle einte ein Ziel: das Ende der Rassentrennung. Die Treffen fanden sowohl auf als auch außerhalb des afrikanischen Kontinents statt, wobei vor allem das ANC-Hauptquartier in Lusaka und das Londoner-Büro beliebte Treffpunkte waren. Zwei heraus-ragenden Persönlichkeiten kam in all diesen Jahren eine besondere Vermittlerrolle zu: H.W. van der Merwe, Gründer des „Institute for Interracial Studies“ an der Universität Kapstadt, und dem legendären Erzbischof von Kapstadt, Desmond Tutu.

Wichtigster Akteur im liberalen Lager war das „Institute for a Democratic Alternative for South Africa“ (IDASA), das 1986 von Frederik van Zyl Slabbert und Alex Boraine gegründet worden war. Von ihm war im Juli 1987 das bis dahin größte Treffen zwischen weißen Südafrikanern und ANC-Vertretern in Dakar, Senegal organisiert worden. Jeder der 61 weißafrikanischen Teilnehmer war von IDASA ausgewählt und persönlich eingeladen worden. Sie standen mehrheitlich dem liberalen Lager nahe. Fünf waren Mitglieder der liberalen „Progressive Federal Party“ (PFP). Für sie alle war die Teilnahme mit einem hohen Sicherheitsrisiko verbunden. Inhaltlich ging es vor allem um Fragen der nationalen Einheit, der neuen politischen und ökonomischen Ordnung in einem Post-Apartheit Südafrika sowie um die Beendigung der staatlichen Repression und des bewaffneten Kampfes des ANC. Zu jedem der vier großen Themenblöcke hatte IDASA vor der Konferenz Diskussionspapiere ausgearbeitet. Nach der Konferenz veröffentlichte es Beiträge und Schlussfolgerungen von Konferenzteilnehmern und übte so nachhaltigen Einfluss auf die Mainstream-Debatte aus. Die Dakar-Konferenz trug auch entscheidend dazu bei, den als kommunistische Terrororganisation verunglimpften ANC als potentiellen Dialogpartner salonfähig zu machen.  Sie fand in der internationalen Presse große Beachtung. Im Anschluss an Dakar fanden noch zahlreiche andere, von IDASA organisierte Treffen statt: so in Frankfurt, Leverkusen, Bonn, London, New York, Paris, Harare und Victoria.  

IDASA war seit seiner Gründung enger Partner der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit (FNF). Ihr damaliger Vorstandsvorsitzende Otto Graf Lambsdorff unterhielt engste Kontakte zu Frederik van Zyl Slabbert. Die FNF trug ein Drittel der Kosten der Dakar-Konferenz aus Mitteln des Auswärtigen Amtes (die restlichen stammten aus Skandinavien und der Soros-Stiftung). Im Auftrag der FNF nahm der  Politikberater und SWP-Mitarbeiter Freiherr von der Ropp als einer von nur drei Deutschen an der Dakar-Konferenz teil (sein ausführlicher Konferenzbericht ist im Anhang des Buches abgedruckt).  
 

Ein gemeinsames Ziel: Das Ende der Rassentrennung

Thabo Mbeki beim Diskussionsbeitrag, Frederik van Zyl Slabbert und Professor Solodownikow hören zu

© Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

Das Buch ist eine sehr übersichtliche, flüssig geschriebene und leicht verständliche Zusammenfassung der wichtigsten Hintergründe, Abläufe und Folgen der Dakar-Konferenz. Historische Karikaturen, Plakate und Fotos machen die Geschichte wieder lebendig. Die Dokumente im Anhang sind wichtige Zeitzeugnisse, die z.T. erstmals veröffentlicht wurden. Der Beitrag der liberalen Kräfte zur Überwindung der Apartheid in Südafrika war in der Offiziellen Geschichtsschreibung bisher zu wenig gewürdigt worden. Das vorliegende Buch hilft, dieses Defizit zu überwinden.  Mit Blick auf die hohe Gesamtzahl der Treffen und die Bedeutung der daran beteiligten Akteure erscheint die Dakar-Konferenz im vorliegenden Buch vielleicht aber etwas überbewertet.

Unwillkürlich hätte man sich etwas mehr über die Hintergründe und Folgen von Dakar gewünscht. So bleibt unerwähnt, dass die Konferenz mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die Verhandlungsposition des ANC wesentlich beeinflusst hat. „Freiheits-charta“ wurde 1988 – nur ein Jahr nach Dakar – von den sog. „Richtlinien für eine Verfassung“ abgelöst. Darin wurde die ANC-Position in einem demokratischen und pluralistischen Sinne die seit 1955 geltende konkretisiert (allgemeines Wahlrecht, Vielparteiensystem, Minderheitenrechte) - wenn auch mit erheblichen Einschränkungen aus Sicht der weißen Liberalen. 

Zu kurz kommt wohl, dass der liberale Widerstand gegen das Apartheit-Regime in Südafrika bereits eine lange Tradition hatte. Diese nahm 1953 mit der kleinen, ethnisch gemischten „Liberalen Partei Südafrikas“(LPS) unter Vorsitz des entschiedenen Apartheid-Gegners Alan Paton ihren Anfang. Die Partei trat ein für Meinungsfreiheit, Rechtsstaat, unabhängige Justiz sowie ein neues Wahlrecht jenseits der Rassenschranken. Die zunehmende Unterstützung auch durch die schwarze Bevölkerung führte zu wachsender Repression von Seiten der Regierung Botha. Diese gipfelten im 'Bann' gegen rund 50 führende Parteimitglieder– weiße und schwarze. Mit dem Verbot von ethnisch-gemischten Parteien wurde die LPS 1968 zur Auflösung gezwungen.

Zu wenig herausgearbeitet wurde der Konflikt innerhalb der liberalen „Progressive Federal Party“ (PFP) über die Frage, welcher Weg besser geeignet und erfolgversprechender sei zur Überwindung der Apartheit: der innerparlamentarische oder der außerparlamentarische. Die PFP stellte seit 1981 mit 26 Mandaten die stärkste Oppositionsfraktion im südafrikanischen Parlament. Ihr Vorsitzender Frederik van Zyl Slabbert schlug 1986 mit Niederlegung seines Partei- und Parlamentsmandates und der Gründung IDASAs den außerparlamentarischen Weg ein. Mehrere  Parteifreunde folgten ihm. Sie sahen angesichts der absoluten Mehrheit der Nationalen Partei von Präsident Botha keinen Sinn mehr in der parlamentarischen Arbeit und suchten mit der Gründung von IDASA nach neuen Wegen zur Überwindung der Apartheit. In der Folgezeit bekam IDASA jedoch die zunehmende Repression der Regierung Botha zu spüren.

Dagegen kämpfte die international renommierte Helen Suzman mit der PFP innerhalb des Systems weiter für einen politischen Wandel. Sie lief jedoch Gefahr, jede Unterstützung an der Basis zu verlieren, da sie als Stütze des Apartheitsregimes gesehen wurden. Viele weiße Liberale wollten sich keinem der beiden Wege anschließen und verließen das Land resigniert in Richtung Australien, Westeuropa und Kanada.

Was bleibt von Dakar? Auch heute, 30 Jahre nach der Dakar-Konferenz, sind deren Leitmotive - politischer Dialog und Vertrauensbildung – so dringend gefragt wie damals. Rassismus und Apartheid gehören in Südafrika noch immer nicht der Vergangenheit an. Nelson Mandelas Traum von der „Regenbogennation“ ist noch nicht Wirklichkeit geworden.

,,Der Dakar-Prozess. Der Anfang vom Ende der Apartheid in Südafrika", geschrieben von Ulrich van der Heyden im Solivagus Praeteritum-Verlag 2018, Kiel.

Dr. Gabriele Reitmeier ist Referentin für Entwicklungspolitik der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.

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Gabriele Reitmeier
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