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Emissionshandel
EU-Parlament lehnt die Ausweitung des Emissionshandels ab

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Das EU-Parlament hat gegen die Ausweitung des europäischen Emissionshandels gestimmt. Für den Klimaschutz wird das wohl fatale Folgen haben

© picture alliance / Zoonar | Stefan Ernst

Das EU-Parlament hat sich nicht auf eine Ausweitung des europaweiten Emissionshandels einigen können. Die Abgeordneten der extremen Rechten, der Sozialdemokraten und der Grünen stimmten mehrheitlich gegen die Schaffung eines separaten Emissionshandels für die Sektoren Gebäude und Verkehr. Nun wird das Gesetz zurück an den Umweltausschuss verwiesen, um einen neuen Kompromiss zu finden.

Das Dilemma beim Klimaschutz

In einem von fossilen Kraft- und Energiestoffen beherrschten Wirtschaftssystem bedeutet ein Verzicht auf den Einsatz dieser Energieträger auch einen Verzicht auf Wohlstand und Wirtschaftswachstum – zumindest kurzfristig. Doch politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Akteurinnen und Akteure werden zumeist an ihren kurzfristigen Ergebnissen gemessen. Daher kann ein kurzfristiger wirtschaftlicher Einbruch zuweilen das Mandat kosten.

Allerdings ist die Veränderung des Klimas weder kurzfristig bemerkbar noch kurzfristig abzustellen. Vielmehr besteht der Klimawandel aus langwierigen und subtilen Prozessen, die sich erst nach Jahrzehnten manifestieren – dann wenn es schon zu spät ist. Daher besteht aus politischer Warte eine Anreizproblematik. Auf der einen Seite gefährden wirksame Maßnahmen das eigene politische Fortbestehen, auf der anderen Seite gefährdet Tatenlosigkeit langfristig das Ökosystem, wie wir es kennen. Was bleibt ist ein Dilemma – allerdings ein lösbares. Es gilt allein, die zeitliche Lücke zwischen dem Freisetzen der Treibhausgase und der letztlich dadurch entstehenden Schäden durch politische Maßnahmen zu überbrücken.

Der Emissionshandel schafft echte Anreize zum Klimaschutz

Der Emissionshandel hat sich in diesem Kontext für die Erreichung der Klimaschutzziele als besonders effizient erwiesen. Die Grundidee ist denkbar einfach: Zunächst wird eine globale, akzeptable Erwärmungsgrenze festgelegt. Die Politik entscheidet daraufhin, basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, wie viele Treibhausgase noch maximal ausgestoßen werden dürfen – ohne besagte Grenze zu überschreiten. Anhand dieses Emissionsbudgets werden Zertifikate ausgegeben, die auf einem Markt gehandelt werden. Durch das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage erhalten diese Zertifikate einen Preis. Mit zunehmender Verknappung der Zertifikate steigt deren Preis und in der Konsequenz auch die Kosten der Emissionen.

Hierdurch werden echte Anreize zur Reduzierung von Treibhausgasen geschaffen. Stößt beispielsweise ein Industrieunternehmen weniger CO2 aus als vorgegeben, kann es die übrig gebliebenen Zertifikate an andere Marktteilnehmer verkaufen. Reichen die Berechtigungen hingegen nicht aus, muss der Ausstoß an Emissionen reduziert oder Zertifikate hinzugekauft werden. Der Emissionshandel sorgt somit für eine Marktlösung, die ein festgelegtes und politisch vorgegebenes Umweltziel mit minimalen volkswirtschaftlichen Kosten erreicht. Langfristig können die daraus entstehenden Innovationsanreize sogar als Wachstumsimpuls für die Wirtschaft und somit positiv auf die Gesellschaft wirken.

Die Zahlen zeigen die Wirksamkeit des Emissionshandels

Die EU hat bereits im Jahr 2005 ein solches Emissionshandelssystem implementiert. Bislang wurden in diesem System hauptsächlich Emissionen aus der Energiebranche und Großindustrie berücksichtigt. Dabei zeigt sich: das Instrument funktioniert! Seit Start des europäischen Emissionshandels im Jahr 2005 sind die Emissionen der beteiligten Wirtschaftsbereiche EU-weit um rund 43 % gesunken, in Deutschland um rund 38 %. Die ursprüngliche politische Vorgabe, die Emissionen bis zum Jahr 2030 im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent zu reduzieren, wurde für die Sektoren im Emissionshandel bereits 2020 erreicht. Diese Zahlen zeigen, wie wichtig die Implementierung des Emissionshandels für die Sektoren Verkehr und Gebäude gewesen wäre.

Das Instrument ermöglicht außerdem, die Anreizproblematik der politischen Entscheidungsträger zu mildern. Denn gerade am Anfang sind die Emissionsrestriktionen noch vergleichsweise locker und die Zertifikatspreise noch relativ niedrig. Folglich sind auch die wirtschaftlichen Konsequenzen für Industrie, Gewerbe und Endverbraucher zu verkraften. Erst mit zunehmender Verknappung steigt der Preis für Zertifikate und somit auch der Druck mit innovativen Methoden den Treibhausgasausstoß zu verringern. Im politischen Betrieb erleichtert die anfängliche Milde daher die Implementierung der Maßnahme und ermöglicht eine effiziente Verringerung des Treibhausgasausstoßes.

Auch Ottmar Edenhofer, der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, sieht in der Abkehr von der Ausweitung des Emissionshandels ein fatales Signal für den Klimaschutz. Erst mit dem zweiten Emissionshandel für Verkehr und Gebäude würde die EU aus der Sicht von Edenhofer „das dringend erforderliche Signal geben, dass sie die Nachfrage nach Öl und Gas dauerhaft drastisch reduzieren wird“. Die Alternative dazu sei hingegen „ein Flickenteppich der nationalen Maßnahmen“, mit dem man jedoch keine signifikante Reduktion der CO2-Emissionen erreichen kann. Zwar ist ein Scheitern im Parlament „nicht das endgültige Aus“, weitere europäische Verhandlungen könnten sich jedoch deutlich erschweren.

Ein separater Emissionshandel wäre besser als kein Emissionshandel gewesen

Die Schaffung eines separaten Emissionshandels für Gebäude und Verkehr war aus liberaler Sicht immer nur die zweitbeste Alternative. Die sofortige Integration der beiden Sektoren in den bestehenden EU-Emissionshandel wäre die effizientere Option gewesen. Einerseits sind die Klimaeffekte einer Emission dieselben unabhängig von deren Ursprung. Daher ergeben unterschiedliche Budgets und verschiedene sektorspezifische Preise wenig Sinn. Andererseits lassen sich auch nur mit einem Emissionshandel, der möglichst alle Sektoren einschließt, die Emissionen dort reduzieren, wo die Kosten dafür am geringsten sind. Dennoch war der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission zu begrüßen, denn es war ein Schritt in die richtige Richtung – ein Schritt hin zur Ausweitung des europäischen Emissionshandels. Dieses Vorhaben wurde nun abgelehnt – wie lange es brauchen wird, bis ein alternativer Vorschlag verhandlungsfähig vorliegt ist ungewiss. Klar ist allerdings, dass der europäische Ausstoß an Treibhausgasen noch in diesem Jahrzehnt drastisch verringert werden muss, um im Rahmen der Zielsetzungen und Klimakorridore zu bleiben. Ob das ohne Anwendung des effizientesten Instrumentes gelingen kann, wird sich zeigen. Genauso wenig lässt sich das nun entgangene Innovationspotenzial beziffern. Es ist allerdings davon auszugehen, dass ein von Verboten und Standards geprägter alternativ Vorschlag entweder auf Grund mangelnder Durchsetzbarkeit weniger effektiv oder aber mit deutlich höheren wirtschaftlichen Kosten verbunden sein wird. Hinzu kommt die beschriebene politische Anreizproblematik: Die politische Kommunikation effektiver, ordnungspolitischen Instrumente wird dadurch deutlich komplexer werden - daher ist eine Verwässerung der Wirksamkeit etwaiger Maßnahmen zu befürchten.

Fazit

Durch das Scheitern der Erweiterung des europäischen Emissionshandels hat das EU-Parlament eine wichtige Chance für den Klimaschutz verspielt. Nun kann man sich auf ein Potpourri aus neuen Auflagen, Regelungen und Verboten sowie eine wachsende unternehmensseitige Investitionsunsicherheit vorbereiten. Die wirtschaftlichen Schäden werden vermutlich nur von den Klimaschäden übertroffen werden.