Menschenrechte
Russlands Verbrechen gegen die eigenen Minderheiten
Ein aktueller Bericht von „Important Stories“, einem unabhängigen russischen Medium, enthüllt einen beunruhigenden Trend: seit 2021 haben nationale Minderheiten zahlenmäßig einen tiefgreifenden Rückgang in Russland erlebt. Hinter dieser alarmierenden Statistik verbirgt sich ein offenes Geheimnis. Indigene Völker und ethnische Minderheiten in Russland tragen die schwere Last systematischer Diskriminierung und weit verbreiteter Unterdrückung. Diese Situation ist durch den aggressiven Krieg Putins gegen die Ukraine verschärft, der diese bereits marginalisierten Minderheiten an den Rand des Untergangs bringt. Die Konsequenzen beschränken sich nicht auf nationale Grenzen; sie erstrecken sich auf ständige Verstöße gegen Russlands internationale völkerrechtliche Verpflichtung, was zur Selbstisolierung des Landes auf Kosten seiner eigenen nationalen Minderheiten führt.
Systematische Diskriminierung und Unterdrückung von nationalen Minderheiten
Gemäß Artikel 19 (2) der russischen Verfassung von 1993 ist der Staat in Russland verpflichtet, die Rechte und Freiheiten aller Bürgerinnen und Bürgern zu schützen, unabhängig von ihrer Nationalität, Sprache, Herkunft, Wohnort und Religion. Der nachfolgende Absatz von Artikel 19 erweitert die Schutzmaßnahmen, indem er jegliche Formen von diskriminierenden Einschränkungen basierend auf den genannten Kriterien verbietet.
Bedauerlicherweise werden nationale Minderheiten in Russland in der Praxis und auf politischer Ebene mit einer harten Realität konfrontiert, die von systematischer Diskriminierung und Verletzungen ihrer Grundrechte geprägt ist. Ein bezeichnendes Beispiel für eine solche Diskriminierung zeigt sich in der Einführung einer Einsprachpolitik im gesamten Land. Seit 2018 hat sich die Situation mit dem Erlass eines neuen Gesetzes, das die Unterrichtung anderer Sprachen, bis auf das Russische, in verschiedenen Minderheitsregionen freiwillig macht, weiter verschlechtert und erhebt die russische Sprache zur alleinigen Amtssprache innerhalb der Russländischen Föderation, einem per se multiethnischen Staatsgebilde.
Bedrohung für nationale Minderheiten und Menschenrechtsaktivisten
Diese gesetzgeberische Entwicklung trägt zur allmählichen Erosion der Identität nationaler Minderheiten bei und kulminiert in der Auslöschung ihrer Kulturen und Identitäten. Dies spiegelt Putins Streben nach einem expansiven kulturellen Imperialismus innerhalb der russischen Gebiete wider, ein Vorhaben, das auf Kosten aller nationalen Minderheiten geht. Das dient auch dem Zweck ein ethnisch homogeneres Russland zu schaffen. Gleichzeitig nutzt Russland die vorgegaukelte Begründung, die russischen Minderheiten außerhalb der russischen Staatsgrenzen beschützen zu wollen, um dort mit Krieg und Terror zu drohen bzw. diesen zu verbreiten. Das beste Beispiel dafür ist der aggressive Angriffskrieg auf die Ukraine.
Versuche des Widerstands für Minderheitenrechte werden systematisch unterdrückt, wobei Aktivistinnen und Aktivisten einer brutalen Verfolgung ausgesetzt sind. Ein jüngstes Beispiel für die Verbrechen ereignete sich am 17. Januar 2024, als der Aktivist für Minderheitenrechte, Fail Alsynov, zu vier Jahren Haft verurteilt wurde, unter dem Vorwand der Anstiftung zum Hass. Die eigentliche Motivation für dieses politisch motivierte Urteil lag jedoch in Alsynovs Kampagne zum Schutz der Bashkim-Sprache und -Kultur sowie gegen die russischen Umwelt-Sünden in dessen Heimatregion, in der wirtschaftlich benachteiligten Region Bashkoristan, einem beispielhaften Mikrokosmos der breiteren Herausforderungen, denen Minderheitengemeinschaften in Russland gegenüberstehen. Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidger und Journalistinnen und Journalisten werden ungerechtfertigt als Feinde des Staates dargestellt und oft gewaltsam zum Schweigen gebracht.
Krieg gegen die Ukraine: Eine brutale Belastung für Minderheiten
Seit Beginn des aggressiven russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine muss auf Seiten Russlands eine düstere Bilanz gezogen werden, bei der Dutzende von russischen Soldaten das ultimative Opfer von Putins völkerrechtswidrigem Krieg wurden. Die größten Verluste in Bezug auf Rekruten stammen aus den Regionen Buryat, Kuban, Tschetschenien und Dagestan. Bemerkenswert ist, dass die Mobilisierung der russischen Armee eine unverhältnismäßige Konzentration von Soldaten aus diesen wirtschaftlich benachteiligten, von anderen, nichtrussischen Ethnien bevölkerten Gebieten aufweist. Das unterstreicht den starken Kontrast zu den bemerkenswert niedrigen Verlustzahlen in Moskau und St. Petersburg.
Die beunruhigende Gleichgültigkeit der Regierung wird in ihrer minimalen Investition in die Bildung und wirtschaftliche Entwicklung dieser Regionen deutlich. Folglich verleitet die Aussicht auf vergleichsweise höhere Löhne innerhalb der russischen Infanterie, die am Krieg in der Ukraine beteiligt ist, junge und unerfahrene Männer aus diesen Gebieten dazu, dem Ruf an die Front zu folgen.
Ein Blick auf den Haushalt der zentralen Regierung in Moskau enthüllt eine niederschmetternde Realität – eine 10%-ige Verringerung der Mittel für Entwicklungsprogramme in den entlegensten Gebieten des nicht-slawischen ethnischen Russlands. Diese erkennbare Politik der verringerten wirtschaftlichen Aufmerksamkeit, gepaart mit der fortgesetzten Rekrutierung aus diesen marginalisierten Regionen, erfüllt einen doppelten Zweck: Erstens schützt sie Präsident Putin vor erheblicher Kritik innerhalb der slawischen Bevölkerung, insbesondere vor dem Hintergrund der Unbeliebtheit des Krieges gegen die Ukraine. Zweitens erleichtert sie die Praxis der Entfernung unzufriedener Jugendlicher aus diesen Gemeinschaften, um potenziellen Widerstand und das Streben nach Selbstbestimmung effektiv zum Schweigen zu bringen. Die gezielte Orchestrierung solcher Politiken verdeutlicht eine strategische Maßnahme zur Bewältigung sowohl interner Spannungen als auch externer Wahrnehmungen, um den Preis des Wohlergehens derjenigen, die in diesen vernachlässigten Regionen leben.
Ausstritt aus dem Europäischen Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten
Am 10. Oktober 2023 erließ Präsident Putin ein Edikt, das den Rückzug Russlands aus dem Europäischen Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten zur Folge hatte. Dieser Austritt aus dem Übereinkommen des Europarats von 1994 wirft ernste internationale Bedenken hinsichtlich schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen gegen ethnische Minderheiten in Russland auf, die seit Jahrzehnten unter anhaltender Diskriminierung leiden. Russland setzt konsequent auf die strategische Abkehr von bestehenden internationalen Verträgen, um so die internationalen Menschenrechtsverpflichtungen bei begangenen Verstößen zu umgehen.
Die Auswirkungen dieses Rückzugs sind sowohl erheblich als auch alarmierend. Erstens steht Russland nun kurz davor, jeglicher Form von „Human Rights Monitoring“ seiner Menschenrechtsverletzungen zu entgehen, wodurch eine anschließende internationale Aufmerksamkeit vermieden wird. Zweitens ebnet diese Maßnahme den Weg für weiteren Opferzuwachs unter nationalen Minderheiten im laufenden Krieg mit der Ukraine, Alle Bewegungen zum Schutz von Minderheiten werden zum Schweigen gebracht. Der Rückzug stellt daher eine erhebliche Herausforderung für die internationale Gemeinschaft dar, Menschenrechtsfragen in Russland anzugehen und die potenzielle Eskalation von Gräueltaten gegen ethnische Minderheiten zu mildern.
Europarat und internationale Institutionen für die Rechte von Minderheiten aktiv unterstützen
Angesichts der unmenschlichen Behandlung von Minderheiten in Russland und ihrer beabsichtigten Eliminierung im Krieg gegen die Ukraine, ist es von entscheidender Bedeutung, nationale Bewegungen für die Rechte von Minderheiten zu stärken. Der Europarat und andere internationale Institutionen sollten Einzelpersonen und Gruppen, die sich für die Rechte von Minderheiten in Russland einsetzen, aktiv unterstützen und fördern.
Darüber hinaus besteht auf internationaler Ebene, insbesondere auf der Ebene der UN- human rights treaty bodies, ein dringender Bedarf, die gezielte Beobachtung Russlands zu vertiefen. Dieses intensivierte Monitoring ist entscheidend, um das Land für sein Handeln zur Verantwortung zu ziehen und die Einhaltung internationaler Menschenrechtsstandards sicherzustellen.
Es ist auch wichtig zu erkennen, dass ein Ende Putins ungerechtfertigten Krieges in der Ukraine nicht nur die Rettung für die ukrainische Zivilbevölkerung bringen wird, sondern auch dazu beitragen wird, die Verbrechen gegen Russlands ethnische und sprachliche Minderheiten zu stoppen, die täglich ihr Leben verlieren.