Völkerrecht
Drei Jahre Kampf gegen einen Aggressor

Der russische Präsident Wladimir Putin.
© picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Alexander KazakovSeit Beginn des völkerrechtswidrigen Aggressionskriegs Putins in der Ukraine sind mehr als 12.300 ukrainische Zivilisten getötet worden, darunter viele Frauen und Kinder. Dokumentierte Fälle von Folter und sexueller Gewalt durch russische Streitkräfte häufen sich. Besonders in besetzten Gebieten wurden Kriegsverbrechen registriert, darunter Massaker an Zivilisten, Verschleppungen von Kindern und gezielte Angriffe auf zivile Infrastruktur. Aber nicht nur in der Ukraine – drei Jahre Krieg haben weltweit Populisten und Autokraten ermutigt, Putins Kurs zu übernehmen. Sie stellen mit rhetorischen Angriffen die Glaubwürdigkeit und Legitimität demokratischer Regierungen sowie der internationalen Rechtsordnung in Frage. Erst kürzlich bezeichnete Donald Trump Präsident Wolodymyr Selenskyj als „Diktator“ (BBC). Mit dieser Aussage versuchte er, Selenskyjs Glaubwürdigkeit zu untergraben – und das in einer ohnehin äußerst schwierigen Zeit für die Ukraine. Auch wenn er von der Äußerung zuletzt selbst nichts mehr wissen wollte. Es ist daher von enormer Bedeutung für liberale Demokratien, den Krieg in der Ukraine und die populistische Rhetorik mit voller Kraft zu bekämpfen und die liberale und regelbasierte Weltordnung rechtlich sowie politisch zu verteidigen.
Angriff auf die Ukraine – Angriff auf Recht und Gerechtigkeit
Mit der Invasion der Ukraine hat Russland die Grundprinzipien des internationalen Rechts massiv herausgefordert. Die Charta der Vereinten Nationen, die von Russland auch unterzeichnet wurde, verbietet ausdrücklich in Artikel 2 (4) die Anwendung von Gewalt in den internationalen Beziehungen. Russlands Einmarsch verstößt gegen dieses Prinzip und verletzt zudem die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine, die auch durch das Budapester Memorandum von 1994 garantiert wurde. Der Internationale Gerichtshof (IGH) bestätigte in seinem vorläufigen Urteil vom 16. März 2022, dass Russland seinen Militärangriff sofort einstellen müsse, womit der Grundsatz der territorialen Integrität der Ukraine weiter gestärkt wurde. Russland hingegen verstößt seitdem gegen diese Entscheidung.
Es sollte klargestellt werden, dass Völkerrechtsnormen sich nicht dafür eignen zwischenstaatliche Beziehung zu regeln, sondern dafür da sind, die katastrophalen Folgen für die unschuldigen Menschen und Opfer eines Angriffs zu verhindern. Es ist daher nicht umsonst, dass der Haftbefehl des international Strafgerichtshof gegen Putin und sein Militär nach juristisch und nicht politischen geprägten Ermittlungen ausgestellt wurde. Dies unterstreicht nicht nur die Bedeutung internationaler Justizmechanismen zur Wahrung der internationalen Rechtsstaatlichkeit, sondern verschafft auch den Opfern der grausamen Völkerrechtsverletzungen durch Putin Gerechtigkeit. Es scheint, dass internationale Akteure diesen Krieg hinnehmen. Doch wenn er geduldet und normalisiert wird, hat das enorme Folgen – auch für ihre eigene Existenz.
Populistische Rhetorik und ihre Bedrohung
In den letzten drei Jahren haben Populisten und illiberale Sympathisanten von Putin versucht die Aggression zu oft mit geopolitischen, wirtschaftlichen und ideologischen Argumenten zu rechtfertigen. Sie behaupten, die NATO habe Russland provoziert, die Ukraine sei eine Marionette des Westens und westliche Waffenlieferungen verlängerten den Krieg unnötig. Zudem übernehmen sie russische Narrative, etwa, dass die Ukraine historisch zu Russland gehöre oder von Neonazis regiert werde, und stilisieren Russland als Verteidiger „traditioneller Werte“ gegen westlichen Liberalismus.
Diese Narrative verschleiern die eigentliche Dynamik: Russlands Angriff auf die Ukraine ist nicht nur eine Verletzung der territorialen Integrität eines souveränen Staates und ein dokumentiertes Verbrechen, sondern auch eine fundamentale Herausforderung für die normenbasierte internationale Ordnung, die den Grundstein der liberalen Demokratien darstellt. Diese Ordnung gerät zunehmend ins Wanken, was sich sowohl auf dem Schlachtfeld als auch auf diplomatischer Ebene zeigt.
Um konkreter zu werden: der UN-Sicherheitsrat verabschiedete am dritten Jahrestag des Kriegsbeginns eine von den USA eingebrachte Resolution, die ein Ende des Krieges in der Ukraine fordert. Bemerkenswert ist, dass der Text Russland nicht als Aggressor benennt. Die Resolution erhielt die erforderliche Mehrheit mit zehn von fünfzehn Stimmen, wobei Russland und China zustimmten und europäische Mitglieder wie Frankreich und das Vereinigte Königreich sich enthielten. Dieses Abstimmungsverhalten verdeutlicht die wachsenden Spannungen und die Erosion der westlichen Geschlossenheit in der Ukraine-Politik. Gleichzeitig zeigt sich in den USA eine innenpolitische Debatte über die Unterstützung der Ukraine. Präsident Donald Trump hat wiederholt die NATO-Unterstützung für die Ukraine infrage gestellt und die russische Aggression relativiert. Seine jüngsten Äußerungen, in denen er die Stationierung europäischer Friedenstruppen in der Ukraine vorschlägt und behauptet, Russland würde diese unterstützen, wurden von Moskau umgehend zurückgewiesen. Dennoch hält Trump an seiner Position fest, was die geopolitischen Spannungen weiter verschärft.
Ein Rückzug oder eine Reduzierung der US-Unterstützung für die Ukraine würde nicht nur die Position Kyjiws schwächen, sondern auch die internationalen Menschenrechte, liberale Demokratie und Rechtsstaatlichkeit untergraben. Historische Parallelen zeigen, dass Nachgiebigkeit gegenüber Aggressoren meist zu weiterer Destabilisierung führt. Die aktuelle Schwächung multilateraler Institutionen durch populistische Regierungen gefährdet langfristig die Sicherheitsarchitektur Europas und darüber hinaus. Es ist daher von einer enormen Bedeutung, dass liberale Demokratien das Bewusstsein schafften, um zu verdeutlichen, dass die internationale Gemeinschaft vor einer klaren Wahl steht: Entweder sie verteidigt konsequent die Prinzipien von Souveränität, unverzichtbaren Menschenrechten, territorialer Integrität und dem Gewaltverbot in den internationalen Beziehungen, oder sie riskiert, dass deren Erosion langfristig auch die eigene Sicherheit untergräbt.
Schutz durch liberalen Ansatz
Die liberale Demokratie ist nicht nur ein politisches System, sondern auch ein Instrument zum Schutz der Menschenrechte und der Opfer von deren Verletzung. Drei Jahre nach Ausbruch des Krieges ist es entscheidend, dass die internationale Gemeinschaft konsequent für Gerechtigkeit eintritt. Konkret sind die Durchsetzung von Sanktionen gegen Russland und die Unterstützung internationaler Strafverfahren – etwa durch den Internationalen Strafgerichtshof sowie die Anwendung des Weltrechtsprinzips und nationaler Strafrechtszuständigkeiten – unerlässlich, um das Völkerrecht zu wahren. Auch die Kontinuität der militärischen und finanziellen Unterstützung ist von zentraler Bedeutung. Die NATO und die EU müssen ihre Verpflichtungen gegenüber der Ukraine aufrechterhalten, um das Gleichgewicht der internationalen Sicherheitsarchitektur zu bewahren. Dies sollte parallel zum Kampf gegen populistische Narrative geschehen. Liberale Demokratien sollten sich aktiv gegen Desinformation und autoritäre Rhetorik zur Wehr setzen.
Um Gerechtigkeit für die Opfer von Putins Aggression zu erreichen, sollte Europa seinen eigenen Weg gehen. Es sollten konkrete Schritte gegangen werden, indem zum Beispiel die Schaffung eines Sondertribunals vorangetrieben wird, das die politische und militärische Führung Russlands für die Aggression zur Verantwortung zieht. Da der Internationale Strafgerichtshof dieses Verbrechen nicht erfassen kann, braucht es eine europäische Initiative, ähnlich den Tribunalen nach dem Zweiten Weltkrieg und in den 1990er Jahren. Die EU und ihre Partner müssen handeln, um die internationale Rechtsstaatlichkeit zu stärken und klarzustellen, dass Angriffe gegen europäische Gesetze und die Stabilität dieses Kontinents nicht ohne Konsequenzen bleiben.