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Vom Frieden weit entfernt

Die Minsker Vereinbarungen jähren sich zum dritten Mal. Im Gespräch mit unser Projektleiterin aus Kiew.
Ruinen
Im Krieg zerstörte Gebäude in der Donbass-Region © CC BY-NC-ND 2.0 Flickr.com/ Roberto Maldeno

Die Unterzeichnung der zweiten Minsker Vereinbarung zur Befriedung des Krieges in der Ostukraine jährt sich am 12. Februar zum dritten Mal. Die Donbass-Region ist vom Frieden weit entfernt. Über die Gründe, warum „Minsk II“ nicht funktioniert und wie es dennoch weiter gehen könnte, sprach freiheit.org mit der Stiftungsprojektleiterin Beate Apelt in Kiew.

Vor drei Jahren, am 12. Februar 2015, ist von der Trilateralen Kontaktgruppe die sogenannte „Minsk II“-Vereinbarung unterzeichnet worden, die zwischen den Präsidenten Poroschenko, Putin und Hollande sowie Bundeskanzlerin Merkel ausgehandelt worden war. Sie zielt auf die Befriedung des Krieges im Osten der Ukraine und konkretisiert die Umsetzung der „Minsk I“-Vereinbarung vom 5. September 2014. Wie sieht die Lage in der Konfliktregion heute aus?

Auch drei Jahre nach dem Abkommen muss man immer noch von einem Krieg sprechen. Die Beobachterkommission der OSZE dokumentiert jeden Tag unzählige Verstöße gegen die Waffenruhe, jede Woche gibt es Tote und etliche Verletzte. Die humanitäre Situation ist zum Teil katastrophal, die Versorgungslage der Menschen – unter ihnen viele Alte und Kinder – verschärft sich zusehends. Hinzu kommen schwere Umweltprobleme, die die Gesundheit der Menschen beeinträchtigen. So dringt nahe der Stadt Gorlowka dicht an der „Kontaktlinie“ verseuchtes Wasser aus alten Bergbauschächten an die Oberfläche und ins Trinkwasser.

Das am 18. Januar 2018 im ukrainischen Parlament verabschiedete Gesetz zur Reintegration der besetzten Gebiete ist insofern eine politische Positionierung, ändert aber an der akuten Situation vor Ort nichts. Es nimmt übrigens keinen expliziten Bezug auf das Minsk-Abkommen, widerspricht ihm aber nach Einschätzung von Experten auch nicht. Inwieweit es zu einer Lösung des Konfliktes beitragen kann, ist bisher völlig unklar.

Woran ist die Umsetzung des Minsk-Abkommens bisher gescheitert? Warum geht es nicht voran?

Dazu muss man verstehen, dass das erste Minsk-Abkommen vor allem ein Mittel war, um die Kampfhandlungen zu beenden und einen Waffenstillstand zu erreichen. Dieses Ziel ist weitgehend erreicht worden. Das Abkommen wurde aber in einer für die Ukraine militärisch katastrophalen Situation geschlossen und trägt daher stark die Handschrift Moskaus. Einiges, was in Minsk I und II gefordert wird, ist realistisch gar nicht umsetzbar, zum Beispiel die Durchführung von Kommunalwahlen, bevor die Ukraine wieder die volle Kontrolle über das Gebiet erlangt. Die „Regierungen“ in den sogenannten Volksrepubliken wären als kriminelle Gruppen wohl besser beschrieben, und das von ihnen verbreitete Klima der Angst und Gewalt führt jeden Gedanken an freie Wahlen ad absurdum.

Beate Apelt

Beate Apelt, Projektleiterin der Stiftung in der Ukraine.

© FNF

Ein weiteres großes Manko der Minsk-Vereinbarungen ist, dass Russland dort nicht als Konfliktpartei benannt ist und sich weiterhin auf die Position zurückzieht, es handle sich um einen innerukrainischen Konflikt. De facto hat es die Entwicklungen in den besetzten Gebieten völlig in der Hand. Und es hätte ebenso in der Hand, sich zurückzuziehen und einer Befriedung den Weg zu ebnen.

Wenn das Minsk-Abkommen also gar nicht 1:1 umsetzbar und praktisch nur ein Platzhalter für eine andere diplomatische Lösung ist, wie könnte diese denn aussehen?

In der Tat scheint im Moment weder eine massive Eskalation mit weiterer Landnahme durch russisches oder russisch unterstütztes Militär noch eine baldige Rückkehr der Gebiete unter Kiewer Kontrolle besonders wahrscheinlich. Die Frage ist, wie man mit Mitteln der Diplomatie einen Weg finden kann, die festgefahrene (nicht jedoch eingefrorene) Situation zu gestalten. Die größte Hoffnung machen bisher die Gespräche über eine UN-Mission, die bereits mehrfach zwischen dem amerikanischen Ukraine-Sondergesandten Kurt Volker und dem russischen Chef-Unterhändler Wladislaw Surkow geführt wurden. Bisher liegen die Positionen weit auseinander. Aus ukrainischer Sicht muss das Mandat sich auf das gesamte besetzte Gebiet erstrecken und an der Mission dürfen keine russischen Soldaten beteiligt sein. Russland schwebt ein Mandat nur entlang der „Kontaktlinie“ zum Schutz der OSZE-Mission vor, was einer Zementierung des Status quo gleichkäme. Es wird viel darauf ankommen, dass die internationale Gemeinschaft mit intensiver Diplomatie und anhaltendem Sanktionsdruck diese Gespräche beweglich hält und auf eine sinnvolle, tatsächlich das ganze Gebiet umfassende Friedensmission hinwirkt. Eine besondere Verantwortung kommt dabei dem neuen deutschen Außenminister zu, der (wenn es denn der alte bleibt) bisher allerdings nicht durch besonders kremlkritische Positionen aufgefallen ist.

Beate Apelt ist Projektleiterin der Stiftung für die Freiheit für die Ukraine & Belarus mit Sitz in Kiew.