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Die Außenpolitik von Joe Biden – Bündnisorientierung und Führungsanspruch

Präsident Biden hat außenpolitisch vieles von dem geliefert, was er angekündigt hat. Er hat Bündnisse gestärkt und Vertrauen aufgebaut.

Präsident Biden hat außenpolitisch vieles von dem geliefert, was er angekündigt hat: Er hat Bündnisse gestärkt und Vertrauen aufgebaut.

© picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Ben Curtis

Als Joe Biden am 20. Januar 2021 in sein Amt eingeführt wurde, stand er vor großen außenpolitischen Herausforderungen. Er übernahm ein durch seinen Vorgänger beschädigtes Verhältnis zu den Verbündeten, das außenpolitische Denken in den US war beherrscht vom globalen Wettbewerb mit China, während zahlreiche Staaten versuchten sich in der sich verändernden globalen Ordnung neu zu positionieren. Im Laufe seiner Amtszeit wurden zwei weitere Krisenherde akut und erforderten die volle Aufmerksamkeit der USA und ihres Präsidenten: Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und der großangelegte Terrorangriff der Hamas auf Israel und dessen Reaktion. Was hat Joe Biden erreicht, in welcher globalen Positionierung wird er das Land an seine Nachfolgerin oder seinen Nachfolger übergeben?

Bündnisse gestärkt, Führungsrolle konsolidiert

Von Anfang an hat Präsident Biden betont, wie wichtig ihm stabile Bündnisse und Partnerschaften sind. Auf diesem Feld hat er einige Erfolge erzielt – nicht nur atmosphärischer Art. Es ist ihm gelungen, innerhalb der NATO und gegenüber anderen Verbündeten neues Vertrauen aufzubauen – ohne von grundlegenden Forderungen hinsichtlich deren Engagements abzugehen. Unter der Führung von Joe Biden spielten die USA wieder eine deutlich konstruktivere Rolle im globalen Institutionensystem. Sie sind in die globalen Vertragswerke zum Klimaschutz zurückgekehrt und sie beteiligen sich wieder stärker an den Mechanismen der WTO.

Eines blieb jedoch auch unter diesem Präsidenten klar und letztlich unverhandelbar: Wenn die USA sich in Bündnissen und bei der Lösung von Konflikten mit all ihren Ressourcen engagieren, dann beanspruchen sie auch eine Führungsrolle. Diese Führungsrolle interpretiert Joe Biden relativ stark in Hinsicht auf die Förderung von Demokratie und Freiheit, aber der Anspruch bleibt.

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine zeigte deutlich, dass die USA als Führungsmacht und mit Abstand größte Militärmacht der Welt gebraucht werden. Obwohl die Europäer, für einige Beobachter überraschend, große Einigkeit zeigten und zu kollektivem Handeln in der Lage waren und sind, war jedoch von Anfang an klar: Ohne die massive Unterstützung durch die USA ist die Verteidigung der Ukraine unmöglich. Joe Biden war hier von Anfang an sehr klar und deutlich. Es ist ihm auch immer wieder gelungen, die Unterstützung des Kongresses für die militärischen und anderen Hilfsleistungen zu sichern – gegen einige, wenn auch nicht sehr große Widerstände.

Auch unter diesem Präsidenten mussten immer wieder Anpassungen an die Realitäten und Problemlagen vorgenommen werden. Am deutlichsten wurde das am Verhältnis zu Saudi-Arabien, das von Biden im Wahlkampf noch scharf kritisiert worden war, inzwischen aber wieder auf vielen Feldern ein wichtiger Partner der USA ist – trotz aller Bedenken hinsichtlich der Menschenrechtslage.

Dabei spielt ein Denkmuster eine Rolle, das in der US-Außenpolitik schon sehr lange präsent ist: Wer ein Gegner unseres Gegners ist, wird dadurch zum Partner oder gar Freund. Die Auseinandersetzung mit dem Regime in Teheran bleibt ein wichtiges Thema.

China bleibt im Fokus

Das beherrschende Thema der US-amerikanischen Außenpolitik bleibt die Auseinandersetzung mit China. Spätestens seit der Präsidentschaft von Barack Obama sind sich alle wesentlichen Kräfte in den USA einig, dass China der wesentliche Konkurrent und oft auch Gegner auf der globalen Bühne ist. Die Felder des Wettbewerbs gehen dabei weit über die klassische Außen- und Sicherheitspolitik hinaus. Es geht um wirtschaftliche Fragen ebenso wie um den Einfluss in verschiedenen Regionen der Welt. China ist hier sehr aktiv – und die USA versuchen dagegenzuhalten. Neben militärischer Präsenz findet die Auseinandersetzung vor allem auf dem Feld der Wirtschafts-, insbesondere der Handelspolitik statt. Bei allen Anpassungen in Details hat Joe Biden doch weiter eine immer restriktiver werdende Handelspolitik gegenüber China verfolgt. Die Instrumente wurden gegenüber denen seines Vorgängers geschärft, so dass sie gerade in Bezug auf strategische Industrien und Hochtechnologien zielgenauer wurden

Gleichzeitig stärkten die USA ihr sicherheitspolitisches, aber auch ihr darüber hinausgehendes Engagement im indopazifischen Raum deutlich. Hier hat Joe Biden viel getan, um Beziehungen zu stärken und Partnerschaften aufzubauen, so beispielsweise mit Indien. Der Besuch des indischen Premierministers Modi in Washington war eines der größten diplomatischen Ereignisse der Amtszeit.

Sanktionen

Ein Instrument, dessen Anwendung die USA unter Joe Biden intensiviert haben, sind verschiedene Formen der Sanktionen. Sie richten sich gegen individuelle Verletzer von Menschenrechten und internationalen Regelwerken, aber auch gegen als terroristisch und feindlich eingestufte Organisationen und Regierungen, etwa im Iran. Die Gesetzgebung zur Bekämpfung von Zwangsarbeit in China, der „Uyghur Forced Labor Prevention Act“, leistet einen großen Beitrag dazu, dass Unternehmen alternative Lieferketten unter Umgehung Chinas entwickeln.

Innenpolitische Spannungsfelder und Prioritäten

Wie jeder Präsident vor ihm musste Joe Biden seine Außenpolitik unter Beachtung verschiedener innenpolitischer Konstellationen gestalten. Er brauchte Mehrheiten im Kongress – und in seiner eigenen Partei. Das gelang bei der Unterstützung der Ukraine gut. Bei der Auseinandersetzung mit China besteht ohnehin ein überparteilicher Konsens – hier gibt es nur zuweilen Uneinigkeit über die einzusetzenden Mittel.

In Bezug auf die Unterstützung Israels in seinem Kampf gegen die Terrorattacken seiner Feinde steht Joe Biden einiger Kritik in seiner eigenen Partei gegenüber, wo sich einige lautstarke Kräfte kritisch zu eben dieser Unterstützung positionieren.

Zu einem nicht geringen Teil innenpolitisch motiviert ist auch die Wirtschafts- und Handelspolitik. So teilen beide Parteien in den USA die Auffassung, dass es gut für die eigene Wirtschaft sei, Importe zu reduzieren und US-Unternehmen zu bevorzugen. Hier führte er eine protektionistische Politik weiter, die in den USA inzwischen sehr populär ist und kaum hinterfragt wird. Dafür hat Präsident Biden auch erhebliche Irritation bei vielen Verbündeten in Kauf genommen, die von verschiedenen diesbezüglichen Maßnahmen betroffen sind, darunter Deutschland.

Fazit

Präsident Biden hat außenpolitisch vieles von dem geliefert, was er angekündigt hat. Er hat Bündnisse gestärkt und Vertrauen aufgebaut. Er hat die USA in den globalen und multilateralen Institutionen wieder stärker und konstruktiver verankert. Bei den während seiner Amtszeit akut gewordenen Konfliktherden hat er Führung gezeigt und seine Politik auch auf nationaler Ebene durchgesetzt. Gleichzeitig hat er den Weg zu mehr Protektionismus weiterbeschritten. Er übergibt seiner Nachfolgerin oder seinem Nachfolger viele Probleme, aber auch eine USA, die ihre weltpolitische Rolle klarer definiert hat als noch vor vier Jahren.

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