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Wo Trumps Tiraden ins Schwarze treffen

Der US-Präsident hat Recht: Chinas Staatskapitalismus gefährdet die Welthandelsordnung
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Mehr Fairplay zwischen China, Usa und Europa - fordert unser stellv. Vorstandsvorsitzender Professor Paqué.

© MicroStockHub/ iStock / Getty Images Plus / GettyImages

Donald Trump schimpft auf vieles, was aus dem Ausland kommt. Kein Wunder, denn in seinem Weltbild des „America First“ ist der Rest der Welt ein Hort der Bedrohung der nationalen Interessen seiner eigenen großen Nation, der Vereinigten Staaten. Allerdings muss man genau hinschauen, bevor man seine Argumente vom Tisch wischt, nur weil er sie häufig aggressiv und anmaßend vorträgt. Gelegentlich hat er im Kern Recht. So zum Beispiel in seinem Urteil über den chinesischen Staatskapitalismus. Unser stellv. Vorstandsvorsitzender Professor Paqué erklärt warum. Es ist sein zweiter Beitrag nach seiner USA-Reise, der erste handelte vonTrumps neuer Haushaltspolitik.

Um es vorweg klarzustellen: Der wirtschaftliche Aufstieg Chinas ist großartig. Und die Öffnung des riesigen Landes zum Rest der Welt seit den marktwirtschaftlichen Reformen von Deng Xiaoping in den achtziger Jahren ist ein gewaltiger Fortschritt. Als Liberaler wünscht man sich natürlich auch eine radikale politische Reform, denn Meinungsfreiheit und demokratische Teilhabe werden den Chinesen weiterhin von den kommunistischen Machthabern verweigert. Aber immerhin integriert sich das Land in die Weltwirtschaft und rückt Schritt für Schritt dorthin, wo es historisch zu Zeiten Marco Polos schon einmal war: in die Gruppe der wohlhabenden Länder der Welt.  Das heißt: 1,4 Milliarden Menschen entkommen bitterer Armut. Das kann man nur begrüßen.

Auch die Exporterfolge des Landes sind bewundernswert. Längst hat das riesige China den Exportweltmeister Deutschland überholt, jedenfalls was die schiere Quantität der Ausfuhren von Waren und Dienstleitungen betrifft. Und auch bei der Qualität macht das Reich der Mitte gewaltige Fortschritte. Längst ist China herausgewachsen aus der klassischen Rolle des Billiglohnproduzenten von Textilien und Stahl. Längst verfügt das Land über Industrien der Hochtechnologie bis hin zu den Spitzensegmenten des „smart manufacturing“ zur Herstellung von Robotern und CNC-Maschinen mit modernster elektronischer Steuerungstechnik. Auch dagegen ist im Ergebnis nichts einzuwenden, wohl aber in den wirtschaftspolitischen Methoden, die der Staat anwendet.

Und genau hier setzt Trumps Kritik an, wenn auch mit allzu polemischer Wortwahl. China ist ohne Zweifel  das größte Labor des industriepolitischen Merkantilismus, das es jemals in der Welt gegeben hat. Wo man nur hinsieht subventioniert der chinesische Staat die Forschung & Entwicklung in den industriellen Unternehmen, von denen viele ohnehin staatlich oder halbstaatlich geführt werden oder zumindest einer öffentlichen Lenkung unterliegen. Einen neuen Höhepunkt erreichte diese Entwicklung mit der Proklamation der Strategie „Made in China 2025“, die Präsident Xi 2015 auf den Weg brachte. Es ist politisch eine Art Kampfansage an die (noch) weltweit führenden Länder der industriellen und technologischen Innovation, darunter natürlich Deutschland und auch die Vereinigten Staaten. Gestützt wurde diese Strategie – Stand 2016 – durch mindestens 780 (!)  staatliche Investitionsfonds, deren Kapital sich auf 326 Mrd. Dollar summiert, rund fünfmal mehr als der nächstgrößte Start-up-Fonds der Welt auf die Waage bringt. Daneben gibt es massive verdeckte Staatshilfen auf der Ebene von Provinzen und Städten sowie einen 30-Mrd.-Dollar Fonds, der sich allein um die rein staatlichen Industriekomplexe kümmert. Hinzu kommen in wichtigen Industriebranchen hohe Handelshemmnisse, z. B. in der Automobilindustrie Wertzölle in Höhe von 25 Prozent sowie Anforderungen an die Offenlegung von Technologien im Falle von Joint Ventures sowie eine systematische (und staatlich geförderte) Politik des Erwerbs technologisch führender ausländischer Unternehmen.

All dies hat nur wenig mit den Vorstellungen einer marktwirtschaftlichen Ordnung zu tun. Es ist Staatskapitalismus, und zwar in einem Umfang, der natürlich allein schon wegen der Größe des Landes weltweit disruptiv wirken muss. Ob diese Politik auf Dauer wirtschaftliche Effizienz und dynamisches Wachstum für China verspricht, mag durchaus zweifelhaft sein, denn jeder vernünftige Ökonom fragt sich da schon, woher dieser mächtige Staat so viel Wissen über zukünftige Entwicklungen hernimmt, dass er die Weichen wirklich richtig stellen kann. Für die Handelspartner Chinas ist das aber zweitrangig. Für sie zählt allein, wie viel ein wirtschaftlicher Riese wie China an Innovationskraft in anderen Ländern zerstört oder unrentabel macht, wenn er sich – staatlich gelenkt und gesteuert – mit merkantilistischer Macht in den Kampf um globale Märkte stürzt.

Insofern ist ein großes Korn Wahrheit in Trumps Kritik an China. Und auch an seiner Kritik an Amerika und Europa, die diesem Treiben zu lange untätig zugesehen haben. Die Frage bleibt allerdings: Was ist zu tun? Die Antwort ist theoretisch einfach zu geben, aber politisch schwer in die Tat umzusetzen. Es muss harter gemeinsamer Druck auf China entstehen – mit klarer Botschaft, und die lautet: Ein staatskapitalistischer Elefant im marktwirtschaftlichen Porzellanladen der World Trade Organisation (WTO) wird auf Dauer nicht akzeptiert. Dafür müssen Europa und Amerika zusammenarbeiten  – möglichst im Rahmen der WTO, aber auch darüber hinaus. Ansätze dazu gibt es: Der WTO-Status der Marktwirtschaft, der große Vorteile bringt, ist China bisher gemeinsam von der EU und den USA verweigert worden, was zu scharfen Reaktionen auf chinesischer Seite führte. Weiterer Fortschritt im Marktzugang für China muss davon abhängig gemacht werden, dass China – Schritt für Schritt – alle üblichen Standards der Fairness akzeptiert, so etwa im Bereich der Achtung intellektueller Eigentumsrechte oder der Transparenz von  Staatseingriffen. Schließlich muss der Staatseinfluss zurückgedrängt werden, Schritt für Schritt, und zwar auch dann, wenn die kommunistischen Machthaber Chinas gebetsmühlenhaft beteuern, es handele sich um eine „innere Angelegenheit“. Dies ist es nicht, jedenfalls für Mitglieder der WTO, der China seit 2001 angehört.

Kurzum: eine Mammutaufgabe. Sie lässt sich nur angehen, wenn die USA und Europa ihre eigenen Konflikte untereinander in den Griff bekommen und zur Kooperation zurückkehren. Dies verlangt von Trump mehr Vernunft und Weitsicht, als er bisher zeigt. Europa wiederum braucht endlich eine präzise Analyse dessen, was vielleicht doch an wahrem Kern im Getöse dieses egomanischen Präsidenten drin steckt. Nachdenken statt schimpfen, das sollte auch hierzulande die Maxime sein.