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BRICS – Was sind die Schlüsselthemen für 2025?

Leaders of BRICS

Der brasilianische Präsident Luiz Inacio Lula da Silva, der chinesische Präsident Xi Jinping, der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa, der indische Premierminister Narendra Modi und der russische Außenminister Sergej Lawrow posieren für das Gruppenfoto auf dem 15. BRICS-Gipfel am 23. August 2023 in Johannesburg, Südafrika.

© picture alliance / ZUMAPRESS.com | Prime Ministers Office/Press Inf

Mit der jüngsten Aufnahme Indonesiens als Mitglied und Nigerias als Partner unterstreicht BRICS, dass es auch in diesem Jahr expandieren will und kann. Einschließlich der neuen Partnerstaaten umfasst der Staatenverbund nun 46% des globalen BIP und 55% der Weltbevölkerung.

Höhepunkte von BRICS in 2024 waren die „Putin-Show“ im Oktober beim Gipfel im russischen Kasan ebenso wie die Erweiterungsrunde zu Beginn des Jahres um vier neue Mitglieder im nordostafrikanischen und arabischen Raum (Ägypten, Äthiopien, Iran, Vereinigte Arabische Emirate).

Mit weiteren Staaten rund um den Globus, die ihr Interesse an einer Mitgliedschaft bereits geäußert haben, wird die wirtschaftliche und politische Bedeutung des Staatenverbundes weiter zunehmen. Gründe hierfür sind insbesondere die Aufnahme von neuen Mitgliedern in weiteren Regionen der Welt, neue sich abzeichnende Spannungen mit den USA unter Präsident Trump und fortwährende Krisenherde unter Beteiligung von BRICS-Ländern, allen voran der Krieg Russlands in der Ukraine. Zudem wird zu beobachten sein, welche Fortschritte BRICS bei seinen inhaltlichen Zielen als Plattform des „Globalen Südens“ und Rivale zu G7 unter der brasilianischen Präsidentschaft machen kann.

Auf diese Punkte wollen wir in unserem Jahresausblick 2025 für BRICS im Folgenden kurz eingehen.

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Brasilianische Präsidentschaft – Was sind die Prioritäten?

Die brasilianische BRICS-Präsidentschaft in diesem Jahr steht unter dem Motto: „Stärkung der Zusammenarbeit im ‚Globalen Süden‘ für eine integrativere und nachhaltigere Governance“ und fügt sich damit nahtlos an die Schwerpunkte der brasilianischen G20-Präsidentschaft im letzten Jahr an. Als Höhepunkt wird der BRICS-Gipfel voraussichtlich im Juli in Rio de Janeiro stattfinden.

Brasilien verfolgt mit seiner Präsidentschaft die folgenden fünf Ziele:

1. Erleichterung von Handel und Investitionen: Förderung der wirtschaftlichen Integration durch die Entwicklung effizienter Zahlungssysteme
2. Regulierung der künstlichen Intelligenz: Förderung einer inklusiven und verantwortungsvollen KI-Governance für Entwicklungszwecke

3. Bewältigung des Klimawandels: Verbesserung der Finanzierungsmechanismen zur Unterstützung der globalen Bemühungen in Abstimmung mit dem Klimagipfel COP30 (der im November ebenfalls in Brasilien stattfindet)
4. Zusammenarbeit im Bereich der öffentlichen Gesundheit: Stärkung der Kooperationsprojekte zwischen den Mitgliedsländern mit Schwerpunkt auf der Verbesserung der öffentlichen Gesundheitssysteme
5. Institutionelle Entwicklung: Stärkung des internen Rahmens von BRICS zur Gewährleistung einer wirksamen Governance und Entscheidungsfindung.

Präsident Lula hat beim G20-Gipfel im vergangenen November in Rio de Janeiro bewiesen, dass er ein taktisch erfahrener Verhandlungsführer ist, indem es ihm gelungenen ist, trotz großer Gegensätze unter den G20-Staaten das Abschlusskommuniqué einstimmig durchzubringen. Zudem stehen 2026 in Brasilien Präsidentschaftswahlen an, bei denen Lula voraussichtlich eine Wiederwahl anstrebt. Insoweit wird er die BRICS-Präsidentschaft (und COP30) als Chancen nutzen wollen, sich auf internationaler Bühne als durchsetzungsfähiger Staatsmann zu präsentieren. Dabei steht er allerdings vor der Herausforderung, dass auch die BRICS-Mitglieder keine homogene Gruppe darstellen: Eindeutig antiwestlich agierende Staaten wie Russland, Iran und China stehen hier oft im Gegensatz zu Staaten, die BRICS als eine wichtige zusätzliche Plattform zur Stärkung ihrer nationalen Interessen betrachten. Zu letzterer Gruppe gehört auch Brasilien. So spricht die brasilianische Präsidentschaft auch ausdrücklich davon, dass BRICS „ein Teil der Schaffung einer besseren, nachhaltigeren Welt sein muss“.

Brasilien hat die Staffel für die G20 Präsidentschaft im Jahr 2025 an Südafrika übergeben, wo im November der G20 Gipfel stattfinden wird. Die Welt schaut mit Spannung auf das afrikanische Gründungsmitglied von BRICS, in dem seit Mai 2024 eine Koalitionsregierung u.a. aus dem progressiven African National Congress (ANC) und der liberalen Democratic Alliance (DA) regiert, die erst noch eine gemeinsame Haltung zur geopolitischen Positionierung des Landes finden muss.

Indonesien neues BRICS-Mitglied – Beginn einer weiteren Expansion in ASEAN?

Das Jahr war noch keine Woche alt und schon hatte BRICS sein 10. Mitgliedsland: Indonesien. Am 6. Januar kündigte die brasilianische BRICS-Präsidentschaft an, dass der südostasiatische Staat mit der viertgrößten Bevölkerung der Welt mit sofortiger Wirkung BRICS-Mitglied sei. Der Zeitpunkt kam überraschend: Indonesien war erst im vergangenen Oktober beim Gipfel in Kasan als eines von 13 Ländern der neue BRICS-Partnerstatus verliehen worden. Dieser berechtigt zur Teilnahme an Gremiensitzungen des Staatenverbundes, allerdings ohne Stimmrecht. Indonesien war bereits beim vorletzten BRICS-Gipfel im August 2023 in Johannesburg die Mitgliedschaft angeboten worden. Indonesiens damaliger Präsident Joko Widodo blieb zurückhaltend. Sein Nachfolger Prabowo Subianto, der seit Oktober 2024 im Amt ist, nahm die Einladung dagegen an. Mit Indonesien, der mit Abstand größten Volkswirtschaft Südostasiens, bekommt BRICS einen weiteren G20-Staat.

Die brasilianische Präsidentschaft begründete die Aufnahme Indonesiens mit dessen „positivem Beitrag zur Vertiefung der Zusammenarbeit im „Globalen Süden" und dem geteilten Ziel, „internationale Institutionen zu reformieren“.

China, bereits heute Indonesiens größter Handelspartner, wird die Aufnahme als Chance nutzen, die bilateralen wirtschaftlichen und politischen Beziehungen weiter zu intensivieren und seinen Einfluss in Südostasien auszubauen. Allerdings dürfte Indonesien die Mitgliedschaft in BRICS primär als Erweiterung seiner strategischen Optionen und nationalen Interessen sehen und nicht als Entscheidung gegen den Westen. Ein Indikator hierfür ist, dass Indonesien sich derzeit auch um die Mitgliedschaft in der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bemüht.

Neben Indonesien stehen mit Malaysia, Thailand und Vietnam noch drei weitere ASEAN-Staaten in der Warteschlange für eine BRICS-Mitgliedschaft, nachdem ihnen in Kasan der Partnerstatus angeboten wurde. Eine Schlüsselfrage wird daher sein, ob es noch weiteren dieser Länder in diesem Jahr gelingt, den Mitgliedsstatus zu erreichen und was dies für den Einfluss Chinas in der Region und für den Einfluss von BRICS insgesamt im „Globalen Süden“ bedeutet.

Nigeria als neuer Eckpfeiler von BRICS in Afrika

Am 17. Januar wurde Nigeria als Partnerland in die BRICS-Gruppe aufgenommen. Damit ist BRICS nun auch in Westafrika angekommen. Für die Gruppe stellt Nigeria eine strategisch wichtige Ergänzung dar. Mit über 220 Millionen Einwohnern und einer dynamischen Wirtschaft ist Nigeria nicht nur Afrikas bevölkerungsreichstes Land, sondern auch ein enorm attraktiver Markt für Handel und Investitionen. Gerade der Ressourcenreichtum, insbesondere in den Bereichen Öl, Gas und kritischen Rohstoffen, ist für energiehungrige BRICS-Mitglieder wie China und Indien von großem Interesse.

Durch die Zusammenarbeit mit BRICS erhofft sich Nigeria Investitionen in Infrastrukturprojekte und den Zugang zu alternativen Finanzquellen wie der BRICS-eigenen New Development Bank. Die Bank bietet Finanzierungsmöglichkeiten, die weniger restriktiv sind als die Bedingungen westlicher Institutionen wie dem Internationalen Währungsfonds oder der Weltbank.

Darüber hinaus stärkt der Beitritt Nigerias geopolitisch seine Rolle als führende Wirtschaftsmacht in Subsahara-Afrika und ermöglicht dem Land, in globalen Entscheidungsprozessen eine stärkere Stimme zu haben. Zudem hilft die Partnerschaft BRICS, seine Präsenz und seinen Einfluss auf dem afrikanischen Kontinent weiter auszubauen und sich global als Gegengewicht zur westlichen Dominanz zu positionieren.

Die Aufnahme Nigerias in die BRICS-Gruppe spiegelt somit eine Win-Win-Situation wider: Nigeria profitiert von Investitionen, neuen Märkten und der Möglichkeit, seine Wirtschaft breiter aufzustellen, während BRICS seinen globalen und regionalen Einfluss und Zugang zu Ressourcen in Afrika stärkt. Mit Nigeria, Äthiopien, Ägypten und Südafrika sind nun sowohl die drei größten Volkswirtschaften als auch die bevölkerungsreichsten Länder Afrikas BRICS-Mitglieder bzw. -Partner. Daneben stehen Algerien und Uganda auch bereits in den Startlöchern, um Mitglied zu werden.

BRICS im Spannungsfeld mit den USA

Kurz vor seiner Amtseinführung warnte US-Präsident Trump, dass BRICS-Länder, die versuchen, den Dollar als Handelswährung zu ersetzen, mit 100-prozentigen Zöllen auf ihren Handel mit den Vereinigten Staaten rechnen müssten. Diese Drohung erfolgte vor dem Hintergrund der Bemühungen der BRICS-Staaten, ihre Abhängigkeit vom Dollar zu reduzieren und alternative Währungen im internationalen Handel zu fördern. Damit wird die Haltung klar, die Trump gegenüber der Staatengruppe einnimmt. Russland und China haben in der Vergangenheit Schritte unternommen, um den Einsatz nationaler Währungen zu erhöhen und so den Einfluss des Dollars zu verringern. Auch neue Partner, wie Nigeria, haben ein großes Interesse, die bisher dominante Rolle des Dollars im Ölgeschäft zu reduzieren.

Bemerkenswerterweise bezeichnete Trump gleich an seinem ersten Arbeitstag vor Journalisten Spanien fälschlicherweise als Mitglied der BRICS-Gruppe und drohte dem Land mit hohen Zöllen. Spanien ist jedoch weder ein BRICS-Mitglied noch ein aufstrebendes Land, sondern ein NATO-Verbündeter und EU-Mitglied.

Insgesamt zeigen Trumps Äußerungen eine aggressive Haltung gegenüber den BRICS-Staaten und deren Bestrebungen zur Schaffung einer multipolaren Weltordnung. Besonders China war in der Vergangenheit oft im Schussfeld seiner Forderungen und bleibt weiterhin politisches und wirtschaftliches Angriffsziel Nummer Eins. Ebenso ist für die USA die Positionierung der anderen BRICS-Länder zum Iran bedeutend, welcher weiterhin mit scharfen Sanktionen belegt wird. Besonders im Finanzsektor stellt sich hier für viele Unternehmen die Entscheidung, ob sie den Zugang zum US-Markt zugunsten des iranischen aufgeben wollen. Trumps Drohungen mit hohen Zöllen unterstreichen die Entschlossenheit der USA, ihre wirtschaftliche Vormachtstellung zu verteidigen und andere Staaten in diesen Konflikten zu einer eindeutigen Positionierung zu zwingen.

"Settle now and STOP this ridiculous war! IT'S ONLY GOING TO GET WORSE"

Mit diesen drastischen Worten drohte Trump am 22. Januar mit hohen Zöllen und weiteren Sanktionen gegen Russland, sollte es nicht rasch zu einem Ende des Krieges in der Ukraine kommen.

Als direkt involvierter Akteur nutzt Russland die BRICS-Plattform, um internationale Unterstützung zu mobilisieren und westliche Sanktionen zu umgehen. Präsident Wladimir Putin betont regelmäßig die Bedeutung einer multipolaren Weltordnung und sucht innerhalb von BRICS nach Verbündeten, um dem westlichen Einfluss entgegenzuwirken – zuletzt mit Iran mit der am 17. Januar in Moskau vereinbarten umfassenden strategischen Partnerschaft, einschließlich im militärischen Bereich.

China versucht hingegen den Eindruck zu erwecken, sich als Friedensvermittler im Ukraine-Konflikt zu bemühen. Bei der UN-Generalversammlung im vergangenen September warb China für seine „Friedensinitiative" für die Ukraine, die jedoch keinen Bezug zur territorialen Integrität der Ukraine oder dem Abzug russischer Truppen hat und stattdessen von Russland unterstützt wird. Dies zeigt, dass China als Friedensvermittler nicht neutral ist.

Dahingegen verfolgen Indien, Brasilien und Südafrika eine neutralere Position und rufen zu diplomatischen Lösungen auf. Indiens Premierminister Narendra Modi betonte auf dem BRICS-Gipfel in Kasan die Notwendigkeit eines friedlichen Dialogs und diplomatischer Bemühungen zur Beendigung des Konflikts.

Der Zugang innerhalb von BRICS war bisher, eine gewisse Gleichzeitigkeit von Themen zu priorisieren, bei der kein Konsens zu allen Themen notwendig zu sein scheint. Es bleibt jedoch eine Herausforderung, innerhalb der Gruppe einen Konsens zu finden, da die unterschiedlichen nationalen Interessen und geopolitischen Ausrichtungen zu divergierenden Ansichten führen. Aufgrund der fehlenden Neutralität und verschiedenen Interessen ist daher von BRICS kein Lösungsbeitrag zur Beilegung des russischen Angriffskrieges in der Ukraine zu erwarten.

Liberale Antworten des Westens auf BRICS

Eines der Kernziele von BRICS besteht in der strategischen Expansion zu einer immer größeren Plattform für den „Globalen Süden“. Damit einher geht – bei allen Unterschieden zwischen den Mitgliedern – ein Bedeutungszuwachs in der Interessenvertretung dieser Staaten auf internationaler Ebene. Parallel dazu baut BRICS ein rasant wachsendes Netzwerk bilateraler Kooperationen zwischen den Mitgliedern, das von Handel, Investitionen, Finanzierungs- und Kooperationsmöglichkeiten, beispielsweise bei Zukunftsthemen wie Künstlicher Intelligenz und Kryptowährungen, bis zu militärischer Zusammenarbeit reicht. Einige Mitglieder verfolgen allerdings auch dezidiert anti-westliche Agenden, die unter anderem zur Umgehung von Sanktionen in der „Achse der Autokraten“ (Anne Applebaum) dient.

Der Westen sollte grundsätzlich westlich orientierte BRICS-Mitglieder wie Brasilien, Indien und Südafrika sowie einige der neuen Mitglieder und Partner stärker in globale Institutionen und Partnerschaften einbinden. Insbesondere könnten Freihandelsabkommen entscheidende Impulse setzen: Die rasche Ratifizierung des EU-Mercosur-Abkommens und der zügige Abschluss der Verhandlungen mit den ASEAN-Staaten sind hierbei von zentraler Bedeutung. Auch der von Indonesien, Malaysia und Thailand erwogene Beitritt zur OECD bietet Potenzial für engere Zusammenarbeit.

Ein strategischerer Fokus Deutschlands und der EU auf die Zusammenarbeit mit gleichgesinnten Staaten sowie auf Investitionen in die Wachstumsmärkte des „Globalen Südens“ kann dazu beitragen, die Attraktivität und den Einfluss des Westens in einer zunehmend multipolaren Welt zu sichern. Zugleich lassen sich so einseitige Abhängigkeiten wirksam reduzieren.

Der Westen sollte BRICS daher ernst nehmen und sich nicht von der bisher noch schwachen Institutionalisierung täuschen lassen. Ein proaktiver und strategischer Ansatz ist essenziell, um in der neuen globalen Ordnung konkurrenzfähig und handlungsfähig zu bleiben.

 

Zur weiteren Vertiefung und Diskussion dieser Themen veranstaltet die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Kooperation mit weiteren führenden Think Tanks am 3. April 2025 in Hamburg eine BRICS-Konferenz.

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Florian von Hennet
Florian von Hennet
Leiter Kommunikation, Pressesprecher
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