Theodor-Heuss-Preis 2023
Zwischen Wahrheit und Lüge unterscheiden – Chance der Demokratie
Der Theodor-Heuss-Preis wird jährlich an Persönlichkeiten verliehen, die sich in besonderem Maße für die Werte der Demokratie und des freiheitlichen Denkens einsetzen. Dazu zählen Aktivitäten im politischen, sozialen oder kulturellen Bereich, die den Dialog fördern, Freiheitsrechte verteidigen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken.
Der Zusammenhalt in einer Gesellschaft kann nur gestärkt werden, wenn Desinformation und Manipulation der Wähler keinen Raum bekommt. Diese gezielte Täuschung lässt sich in Diktaturen finden – doch leider auch, wie die Geschichte zeigt, in Demokratien.
Die Frage nach der Ehrlichkeit in der Politik ist nicht neu: Niccolò Machiavelli gab bereits vor 500 Jahren den Rat, bei Bedarf zu lügen, um Macht zu gewinnen oder zu sichern. Beispiele für bewusste Lügen in der Politik sind Walter Ulbrichts Aussage vor dem Bau der Berliner Mauer und politische Skandale wie Watergate sowie die Lügen im Irak-Krieg.
In den letzten Jahren hat das Thema "Lügen und Politik" durch das "postfaktische" Zeitalter eine neue Dimension erhalten, in dem Lügen leichter verbreitet werden können - vor allem durch soziale Medien. Es ist jedoch wichtig, die Demokratie zu verteidigen, politische Bildung zu fördern und in einer digitalen Welt nach objektiver Wahrheit zu streben. Eine vielfältige Meinungsbildung basierend auf transparenten Fakten und evidenzbasierten Argumenten schafft Vertrauen zwischen Regierenden und dem Volk.
Diese Entwicklungen haben die Theodor-Heuss-Stiftung zum diesjährigen Jahresthema gebracht.
Sie sind der Mutmacher. Sie sind die Zukunft Russlands.
Die Verleihung des Preises am 12. Mai 2023 steht ganz im Zeichen des Engagements für die Verteidigung der Demokratie und der Förderung politischer Bildung. Besonders hervorzuheben ist der diesjährige Preisträger Leonid Wolkow, der seit der Gründung der Antikorruptionsstiftung von Alexej Nawalny vor 12 Jahren eine entscheidende Rolle bei der Aufdeckung von Lügen, Desinformation und Falschinformationen des Putin-Regimes spielt.
In seinem Buch "Putinland" beschreibt Wolkow die skrupellose Verantwortungslosigkeit von Putin und dem Kreml. Seine Arbeit zielt darauf ab, die russische Bevölkerung über die Machenschaften des Regimes und seiner Profiteure aufzuklären. Mit Millionen russischen Followern hat Wolkow und die Nawalny Antikorruptionsstiftung deutlich gezeigt, dass sie wahrgenommen werden und eine Bedrohung für Putin und sein autoritäres Regime darstellen. Aus diesem Grund werden sie massiv bekämpft.
Medaillenträger im Kampf gegen Desinformation, Hass und Menschenrechtsverletzungen
Die Verbreitung von Desinformation, Hass und Hetze sowie das Schweigen über Menschenrechtsverletzungen sind Herausforderungen, denen die Medaillenträgerinnen und -träger auf unterschiedliche Weise entschlossen entgegentreten. Sie decken Falschinformationen auf, stellen Fakten gegenüber und leisten somit einen wertvollen Beitrag im Kampf gegen digitale Desinformation:
Correctiv – Recherchen für die Gesellschaft gGmbH, ein Investigativmedium, das Nutzerinnen und Nutzern aus der digitalen Unmündigkeit heraus hilft und die Manipulationen mit verdrehten und falschen Darstellungen aufdeckt.
Facts for Friends GmbH arbeitet auch genau in dieser Richtung. Userinnen und Usern vertrauenswürdige Informationen liefern, um Verschwörungserzählungen aufzudecken und bewusst zu machen, gehören zu ihren Aufgaben.
HateAid GmbH berät und hilft Betroffenen bei Hass und Hetze im Netz. Sie geben Strategien an die Hand, wie man sich am besten technisch, gesellschaftlich und juristisch gegen Verleumdungen und Hassreden wenden kann.
Marcela Turati aus Mexico für ihre Arbeit als investigative Journalistin. Kompetent und mutig recherchiert sie über verschwundene Menschen und gibt ihnen ein Gesicht
Die Chancen der Demokratie liegen in der Möglichkeit, Lügen aufzudecken, ohne dabei Haft oder Verfolgung durch Geheimdienste und Sicherheitsbehörden befürchten zu müssen. Sie liegen in der Gewaltenteilung, der Kontrolle der Macht, einem funktionsfähigen Rechtsstaat und der Gewährleistung der Grundrechte für alle Bürgerinnen und Bürger sowie der Durchsetzung dieser Rechte.
Die diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträger setzen sich für diese Entwicklung ein.