75 Jahre Europarat
Der Europarat als Verteidiger der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit nach 75 Jahren
Das Streben nach Frieden sollte künftig auf der Grundlage von Gerechtigkeit und internationaler Zusammenarbeit erfolgen. Für den Erhalt der menschlichen Gesellschaft und Zivilisation sei dies unerlässlich. Davon waren die zehn Gründerstaaten des Europarats überzeugt. Neben Belgien, Dänemark, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Norwegen, Schweden unterzeichnete auch Großbritannien den Vertrag von London. 46 Mitglieder umfasst der Europarat inzwischen.
Die Rolle der EMRK und des EGMR im europäischen Menschenrechtssystem
Heute sind die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die wesentlichen Anker des europäischen Menschenrechtssystems. Die Rechtsprechung des EGMR dient inzwischen als Vorbild für viele Gerichtsbarkeiten in der ganzen Welt und nimmt Einfluss auf politische Entscheidungen. In Deutschland etwa sind Entscheidungen des EGMR nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts von allen Gerichten zu beachten.
Doch der Europarat ist sehr viel mehr als der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte. Und anlässlich des 75-jährigen Jubiläums sollten nicht alleine Erfolge im Rückblick gewürdigt werden, sondern viel mehr die überregionalen Werte betont sein, für die der Europarat steht. Sie sind richtungsweisend für eine gemeinsame friedliche Zukunft liberaler Demokratien. Nirgendwo sonst auf der Welt gibt es diese Dichte an liberalen Demokratien und gewählten Demokratien.
Der Europarat verkörpert die Werte und Grundsätze von Demokratie, Frieden und Freiheit. Er verdeutlicht immer wieder, dass nur auf der Grundlage von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten die Staaten überhaupt eine Chance haben, ihre Demokratien dauerhaft zu verteidigen. Die Symbiose zwischen der demokratischen Verfasstheit von Staaten und dem Schutz von Menschenrechten wird in der Tätigkeit des Europarats gelebt.
In seinen mehr als 200 Konventionen leistet der Europarat aber auch ganz praktische Menschenrechtsarbeit. Exemplarisch sei die Istanbul-Konvention zur Bekämpfung und Verhütung von Gewalt gegenüber Frauen und häuslicher Gewalt erwähnt. Den völkerrechtlichen Vertrag haben inzwischen 39 Staaten ratifiziert. Gemeinsam soll nicht nur der Gewalt gegen Frauen durch konkrete Schutzmaßnahmen begegnet werden, sondern auch die errungene Gleichstellung zwischen Mann und Frau als freiheitlich-demokratischer Wert betont werden.
Der Europarat als Wächter für Demokratie und Menschenrechte in Zeiten internationaler Herausforderungen
Längst kommen nicht alle Mitglieder des Europarats ihrer politischen Verantwortung und rechtlichen Verpflichtung nach, die Menschenrechte ihrer Bürgerinnen und Bürger zu achten und zu gewährleisten. Selbsterklärte illiberale Regime und territoriale Expansionstreiber mit militärischer Macht verstoßen massiv gegen internationale völkerrechtliche Verpflichtungen.
Nach dem aggressiven Einmarsch Russlands in die Ukraine zeigte sich das Engagement des Europarats für Frieden, Freiheit und Demokratie erneut. Schnell wurde die Entscheidung zum Ausschluss Russlands und der Einführung des Schadensregisters gefällt. Einzelpersonen können so Schadensersatzansprüche für verursachte Verluste, Verletzungen und Schäden durch die russische Invasion geltend machen.
Als intergouvernementale Organisation kann der Europarat keinen Krieg beenden, nicht in der Ukraine, nicht andernorts. Er kann keinen Frieden herbeiführen. Aber seine Institutionen und seine Arbeit genießen eine so hohe Anerkennung, dass er als Wächter für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte wirken kann.