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Simbabwe
Nie mehr zum Galgen?

Häftlinge im Chikurubi-Hochsicherheitsgefängnis in Harare, Simbabwe

Häftlinge im Chikurubi-Hochsicherheitsgefängnis in Harare, Simbabwe.

© picture alliance / AP Photo | Tsvangirayi Mukwazhi

Seit Ende des vergangenen Jahres ist die Todesstrafe in Simbabwe Geschichte. Präsident Emmerson Mnangagwa, selbst einmal zum Tode verurteilt, weil er während des Unabhängigkeitskampfes in Simbabwe (damals Rhodesien) einen Zug gesprengt hatte, unterzeichnete das Gesetz zur Abschaffung der Todesstrafe. Für Simbabwe und seine lückenhafte Menschenrechtsbilanz ist dies ein wichtiger Schritt.

Das Gesetz verbietet den Gerichten nicht nur, Todesurteile zu verhängen. Es schreibt auch vor, dass die Strafen von rund 60 Personen, die derzeit in der Todeszelle sitzen, geändert werden. Simbabwe gehört nun zu den mehr als 140 Ländern, die die Todesstrafe in Gesetz oder Praxis abgeschafft haben. Dies ist lobenswert. Es gibt jedoch einen großen Vorbehalt: Die Todesstrafe kann während eines öffentlichen Notstands vorübergehend wieder eingeführt werden. Theoretisch ist sie somit eine politische Waffe, die jederzeit aus der Schublade gezogen werden könnte.

Für die Abschaffung der Todesstrafe wurde lange gekämpft. Sie ist das Ergebnis einer jahrelangen Kampagne, die von dem britischen Death Penalty Project und Veritas Zimbabwe, einer Interessengruppe, angeführt wurde. Sie brachte auch überraschendes zu Tage: Obwohl die meisten Simbabwer die Abschaffung der Todesstrafe zwar akzeptieren würden, befürwortet ein großer Teil der Bevölkerung - etwa 61% - sie im Prinzip aber immer noch.

Fortschritt und Stillstand

Für die Abschaffung der Todesstrafe verdient die simbabwische Regierung Lob. Die allgemeine Menschenrechtslage ist jedoch unverändert problematisch. Die Wahlen im August 2023, bei denen sich Präsident Mnangagwa eine zweite Amtszeit sichern konnte, wurden durch Vorwürfe der Nichteinhaltung verfassungsrechtlicher Vorschriften und internationaler Standards überschattet. In der Zeit vor den Wahlen herrschte ein Klima der Bedrohung, Einschüchterung und Gewalt gegen politische Gegner.

Die Zivilgesellschaft steht unter Druck. In den vergangenen Jahren hat die Regierung zahlreichen NGOs die Zulassung entzogen. Sie warf ihnen politische Einmischung oder ausländische Agenten zu sein vor. Ein neues Gesetz, die umstrittene Private Voluntary Organisation (PVO) Amendment Bill, wird derzeit im Senat geprüft. Es wird der Regierung fast totale Kontrolle über NGOs geben.

Das Gesetz ist zu einer Waffe der Regierung geworden. Willkürliche Verhaftungen, die grundlose Verweigerung von Kautionen und unfaire Gerichtsverfahren sind nur allzu häufig. Der Fall des Oppositionspolitikers Job Sikhala, der mehr als ein Jahr lang aufgrund fadenscheiniger Anschuldigungen inhaftiert war, ist ein krasses Beispiel für die Aushöhlung eines ordnungsgemäßen Verfahrens.

Die Abwesenheit des Westens

Aber der Westen ist zunehmend mit sich selbst beschäftigt. Donald Trump ist ins Weiße Haus zurückgekehrt. Eine Periode der Unbeständigkeit in der internationalen Politik ist damit fast schon garantiert. Es gibt Kriege an der Peripherie der Europäischen Union und im Nahen Osten. Der Aufstieg der populistischen Rechten droht die Kohäsion und weitere Integration der Union in Frage zu stellen. Infolgedessen scheint der Westen den afrikanischen Kontinent zur zweiten Priorität degradiert zu haben.

Das ist falsch. Afrikanische Länder wie Simbabwe sind für den Westen zu wichtig, als dass er sich aus ihnen zurückziehen könnte, zumal China und Russland, nicht gerade Aushängeschilder für Demokratie und Menschenrechte, darauf drängen, das Vakuum zu füllen.

Und der Westen hat noch immer Einfluss. Sein jahrzehntealter Grundsatz - Handel und Investitionen als Gegenleistung für Demokratie und Menschenrechte - ist weiterhin attraktiv. Die Strategie der Europäischen Union für die Schuldenerlassgespräche, die den Schuldenerlass an Verbesserungen bei Regierungsführung und Menschenrechten knüpft, sollte weitergeführt werden. Ein weiterer Ansatz könnte darin bestehen, klare Benchmarks für die Aufhebung gezielter Sanktionen festzulegen. Die Vereinigten Staaten, das Vereinigte Königreich und Kanada halten Sanktionen gegen Personen aufrecht, die für die Untergrabung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Simbabwe verantwortlich gemacht werden. Es wäre möglich, einen Fahrplan für ihre Aufhebung zu erstellen, der an konkrete Verbesserungen der Menschenrechtslage geknüpft ist. Dies könnte ein starker Anreiz für Reformen sein.

Gleichzeitig sollte die internationale Gemeinschaft die simbabwische Regierung dazu drängen, die PVO Bill zu überarbeiten und ihre Unterstützung für die zivilgesellschaftlichen Organisationen Simbabwes verstärken, von denen viele eine entscheidende Rolle bei der Förderung der Menschenrechte und der Rechenschaftspflicht der Regierung spielen.

In der Zeit nach der Abschaffung der Todesstrafe muss die internationale Gemeinschaft ein empfindliches Gleichgewicht zwischen der Anerkennung von Fortschritten und der Aufrechterhaltung des Drucks für weitere Reformen finden. Der Weg des Landes hin zu einem robusteren Menschenrechtsrahmen ist noch weit. Aber die Abschaffung der Todesstrafe ist auch ein Hoffnungsschimmer. Sie zeigt, dass auch in schwierigen politischen Situationen ein positiver Wandel möglich ist.

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Florian von Hennet
Florian von Hennet
Leiter Kommunikation, Pressesprecher
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