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Northern Limit Line
Der gefährlichste Grenzabschnitt zwischen den Koreas

north korean flags

Die Spannungen zwischen Nord- und Südkorea nehmen zu. Besonders brenzlig ist die Lage an der Northern Limit Line im Gelben Meer, wo es immer wieder zu Gefechten zwischen beiden Staaten kam.

© Photo by Micha Brändli on Unsplash

Die Spannungen zwischen Nord- und Südkorea nehmen zu. Beobachter schließen einen militärischen Zwischenfall nicht aus. Besonders brenzlig ist die Lage an der Northern Limit Line im Gelben Meer, wo es immer wieder zu Gefechten zwischen beiden Staaten kam. Was hat es mit der Seegrenze auf sich?

Wieder einmal eskalieren die Spannungen zwischen Nord- und Südkorea. Nachdem Nordkorea mit Müll beladene Ballons nach Südkorea geschickt hatte, reaktivierte der Süden zweitweise seine Propoganda-Lautsprecherdurchsagen – das erste Mal seit sechs Jahren. Experten halten einen Krieg zwischen beiden Staaten für unwahrscheinlich. Sie sorgen sich aber vor militärischen Zwischenfällen. Im Zentrum ist dabei die sogenannte Northern Limit Line (NLL).

Was ist die Northern Limit Line?

Während des Koreakrieges zwischen 1950 und 1953 kämpften Nordkorea mit Unterstützung von China und der Sowjetunion gegen Südkorea, das mit den Vereinten Nationen unter Führung der USA verbündet war. Die Kriegshandlungen endeten am 27. Juli 1953 mit einem Waffenstillstand und der der darin vereinbarten Einrichtung der Demilitarisierten Zone (DMZ) am 38. Breitengrad. Die vier Kilometer breite DMZ endet an der Küste. Das Waffenstillstandsabkommen legt jedoch keine Seegrenze fest. Oberbefehlshaber des UN-Kommandos General Mark Clark erklärte drei Tage nach dem Waffenstillstandsabkommen, die NLL als Seegrenze zwischen den beiden Koreas. Nordkorea gab dafür jedoch nie offiziell seine Zustimmung. Mehrere Inseln, darunter die Inselgruppe Yeonpyeong und die Inseln Baengnyeong und Daecheong wurden dadurch Südkorea zugeordnet. Auf Ihnen wohnen etwa 8000 Menschen, die hauptsächlich von der Fischerei und dem Tourismus leben. Südkorea nutzt diese Inseln als Stützpunkte zur Überwachung und hat Verteidigungsanlagen auf ihnen errichtet.

Seit 1999 fordert Nordkora eine südlicher verlaufende maritime Demarkationslinie. Die Inselgruppe Yeonpyeong und die Inseln Baengnyeong und Daecheong würden demnach weiterhin zu Südkorea gehören. Die Südkoreaner hätten wegen enorm schmaler Wasserwege allerdings taktische Schwierigkeiten bei der Überwachung und Erhaltung ihrer Posten.

Im Rahmen des „Comprehensive Military Agreement“ (CMA), das die beiden koreanischen Staaten 2018 abschlossen, wurden gemeinsame militärische Pufferzonen entlang der DMZ sowie eine maritime Friedenszone entlang der NLL erklärt. Die beiden Koreas vereinbarten, dort keine Militärübungen mehr durchzuführen. Dies sollte Zusammenstöße verhindern und Kommunikationskanäle verbessern.

Northern Limit Line

Northern Limit Line, shown in red separating North and South Korea.

© By Midway - Own work, based on this image, Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=8400112

Warum ist die aktuelle Lage gefährlich?

Für Beunruhigung sorgt, dass Machthaber Kim Jong Un in einer Rede im Januar 2024 erstmals seit seinem Amtsantritt 2011 die NLL wieder öffentlich ablehnte. Kim sagte zudem, dass Nordkorea jede kleinste Grenzverletzung als Provokation für einen Krieg betrachte.

Kurz zuvor war es Anfang 2024 zu einer Auseinandersetzung gekommen, bei der Nordkorea etwa 200 Artilleriegranaten in der Nähe der NLL während einer Militärübung abfeuerte. Die Geschosse landeten in der ursprünglich vereinbarten Friedenszone. Sie erreichten zwar nicht die Südkoreanischen Gewässer, doch Südkorea; antworte mit Schießübungen in Richtung Norden.

Am 24. Mai drohte Kim mit militärischer Gewalt, sollten südkoreanische Schiffe weiterhin in die von Nordkorea beanspruchten Seegebiete vordringen. In der darauffolgenden Woche sabotierte Nordkorea die Südkoreanischen GPS-Signale nahe der Seegrenze. Gefährlich ist die Situation auch, da beide Staaten wegen der zunehmenden Spannungen das CMA aufgekündigt haben.

Welche Zwischenfälle gab es?

Aufrgund der Unstimmigkeiten über die Seeansprüche gab es seit Ende des Koreakriegs mehrere Zwischenfälle an der NLL. Im Zentrum ist hierbei häufig die Insel Yeonpyeong aufgrund ihrer Nähe zu nordkoreanischen Inseln oberhalb der NLL.

Dort ereignete sich im Jahr 1999 die „Erste Schlacht von Yeonpyeong“, welche der erste Seekampf der beiden Koreas seit dem Waffenstillstand 1953 war. Nordkorea erklärte, Südkorea habe die Seegrenze verletzt. Nordkoreanische Schiffe überquerten die NLL mehrfach vom 8. Juni bis 11. Juni, unter anderem mit Torpedobooten. Am 11. Juni begann die südkoreanische Marine die nordkoreanischen Boote zu rammen. Nachdem am 15. Juni ein weiterer Stoßversuch der Nordkoreaner fehlschlug und die Südkoreaner deren Boote zurückrammten, eskalierte die Situation in einen Schusswechsel. Hierbei behaupten beide Koreas, die andere Seite habe das Feuers eröffnet. Dem südkoreanischen Verteidigungsministerium nach endete der Zwischenfall mit dem Untergang eines nordkoreanischen Torbedobootes, weiteren schweren Bootsschäden und rund 20 Toten auf der nordkoreanischen Seite. 9 Südkoreaner wurden verletzt.

Im Jahr 2002 kam es zu der „zweiten Schlacht von Yeonpyeong“. Nordkoreanische Patrouillenboote überquerten laut südkoreanischen Angaben am 29. Juni die NLL, kehrten trotz Warnung und eröffnete das Feuer. Südkorea schoss umgehend zurück. Nach etwa 30 Minuten zogen sich die Nordkoreaner zurück. Bei dem Zwischenfall wurden sechs südkoreanische Soldaten getötet. Die Südkoreaner gehen von etwa 13 nordkoreanische Todesopfer aus und 30 Verwundeten. Diese Schlacht war die Grundlage für den südkoreanischen Spielfilm „Northern Limit Line“ aus dem Jahr 2015.

Von den Vereinten Nationen betitelt als „der schwerwiegendste Vorfall seit dem Ende des Koreakrieges“ wurde das „Bombardement von Yeonpyeong“ 2010. Nordkorea beschoss Yeonpyeong, nachdem Südkorea Kampfübungen in den Gewässern westlich von Yeonpyeong abgehalten hatte. Nordkorea begründete den Beschuss damit, dass Südkorea die Übungen trotz Warnungen nicht einstellte. Südkorea entgegnete die Bombardierung; das Gefecht dauerte eine Stunde. Yeonpyeong’s Bewohner wurden evakuiert. Bei dem Gefecht wurden laut südkoreanischen Angaben vier Südkoreaner getötet, darunter zwei Zivilisten. Durch den Beschuss wurden auf Yeonpyeong Wohnhäuser, Lagerhallen und öffentliche Gebäude beschädigt. Nordkorea gab keine militärischen Verluste an. Offizielle Stellen in Seoul erklärten jedoch, dass möglicherweise viele Nordkoreaner getötet wurden.

*Jana van Wasen hat ein Praktikum bei der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Seoul absolviert.