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Lernen Sie Nino Bolkvadze aus Georgien kennen

Kämpfend die Welt verändern
Nino Bolkvadze Quote
©  Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

Für Nino Bolkvadze, eine Anwältin, LGBT-Aktivistin und die erste offen lesbische Person, die in Georgien bei einer Wahl aufgestellt wurde, wurde die Bedeutung der Regenbogenflagge - ein Leben in Farben und Lebensfreude - deutlich, als sie 2015 im georgischen Staatsfernsehen ihr Coming-out hatte. Bolkvadze bezeichnet ihre Entscheidung öffentlich über ihr Privatleben zu sprechen, nicht als Rache an der georgischen Gesellschaft, sondern als Revanche, als die Wiedererlangung verlorenen Territoriums. Aufgewachsen zwischen Stadt und Land, heiratete sie im Alter von 16 Jahren und ist heute eine erfolgreiche Anwältin mit zwei Kindern im Teenageralter. Nino brauchte 20 Jahre, um zu sich selbst zu finden.

Nino Bolkvadze Quote
Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

Aufgewachsen zwischen der georgischen Hauptstadt Tiflis und in der Provinz, wurde Ninos Kindheit vom tumultartigen Weg des Landes zur Demokratie begleitet. Als Kind fand sie Zuflucht in Büchern, Geschichten und Literatur, die auch heute noch ihre schöpferischen Aktivitäten beeinflussen. Sie verspürte oft den Drang, andere zu retten, einschließlich ihres Vaters, der durch das sowjetische Strafvollzugssystem tiefgreifend verändert wurde.

Aber Nino musste zuerst ihre eigenen Kämpfe bestehen. Im Alter von 15 Jahren verliebte sie sich in eine neue Klassenkameradin. Es gab einen Skandal. Die Eltern des Mädchens gaben das Mädchen auf eine neue Schule, während Nino die Schule wechseln musste. Sie heiratete früh im Leben, versuchte ihr wahres Selbst aufzugeben und hoffte, „geheilt“ zu werden. Solche Kämpfe sind kaum überraschend in einer stockkonservativen Gesellschaft, in der „die Schwere und Häufigkeit von Hassverbrechen gegen LGBT-Menschen trotz der Fortschritte der letzten Jahre eine Herausforderung bleiben“, so die FNF. In Bezug auf die Menschenrechte verfügt Georgien über eine recht fortschrittliche Gesetzgebung, deren Umsetzung jedoch immer noch problematisch ist.

„Ein Coming-out bringt natürlich Schwierigkeiten mit sich, aber sie sind nicht vergleichbar mit dem Einknicken - das ist keine Lösung.“

Nino Bolkvadze

Ninos Leben änderte sich nach den Ereignissen vom 17. Mai 2013, als die friedliche Versammlung der LGBT-Community von gewalttätigen Gegendemonstranten angegriffen wurde. Dies führte dazu, dass sie sich nicht länger verstecken konnte. Sie gibt zu, dass nicht jeder sich zu seiner sexuellen Orientierung bekennen kann - sie sollten dies erst tun, wenn sie dazu bereit wären und ihre eigene Sicherheit gewährleistet sei.

Für Nino ist es das Entscheidende, sich selbst zu akzeptieren, der Rest kann zu seiner Zeit geschehen. „In einem armen Land, in dem die Regeln der herrschenden Klassen zusammengebrochen sind und eine Pandemie die wirtschaftlichen Nöte verschärft, geht der Machterhalt mit einer Konsolidierung gegen verschiedene Feinde einher“, sagt Nino. Sie glaubt, dass die Lösung in einer Bildungs- und Justizreform läge. Für sie geht es nicht um zwei Seiten, sondern darum, veraltete Praktiken zu ändern. Die Vorurteile die zur Brandmarkung und Ablehnung der Community führen, müssten umgekehrt werden, um zu zeigen, dass es sich bei ihnen um Menschen wie alle anderen handelt und dass sie keine Monster sind.

Sie geht mit gutem Beispiel voran, als sie für eine Plattform kandidiert, die die Probleme der Community aufzeigt und gleichzeitig die Werte einer etablierten politischen Partei vertritt.

„Früher oder später werden wir Akzeptanz finden. Anders kann ich mir das nicht vorstellen. Dies ist kein Kampf zwischen zwei Seiten, sondern unsere Gesellschaft verändert sich einfach zum Besseren.“

Nino Bolkvadze

„In Georgien gibt es Gerüchte, dass Homosexuelle aus dem Westen kämen“, sagt Nino. Eine Person mit anderer sexueller Orientierung war früher unsichtbar. Die Menschen müssen ihre Geschichten erzählen und die Medien müssen über diese Themen berichten. Deshalb reist sie quer durchs Land und hält Vorträge. Sie bekommt oft Briefe von jungen Mädchen, in denen sie ihr mitteilen, dass sich die Meinung ihrer Eltern über sie geändert hat, nachdem sie Ninos Vorlesungen gehört haben. Sie gibt zu, dass es Orte gibt, wohin sie immer noch nicht geht, aber sie ist unermüdlich: „Nach und nach werden wir gewinnen. Wir werden zeigen, wer wir sind, und wir werden mehr Unterstützung bekommen.“ 2019 weigerte sich die Regierung, den Tiflis-Pride zu verteidigen: Mitglieder der LGBT-Community versammelten sich am 14. Juni vor der Staatskanzlei, wurden aber von rechtsextremen Aktivisten angegriffen. Die Parade fand am 8. Juli eine halbe Stunde statt, bevor die Teilnehmer sich wegen zunehmender Drohungen der Rechten zerstreuen mussten.

Nino wertet dies nach wie vor als Erfolg und erwartet keine Utopie oder einen einfachen Sieg. Aber ihr juristischer Erfolg im Bereich der Menschenrechte, kombiniert mit den jüngsten politischen Maßnahmen in Georgien - wie der Unterzeichnung eines Memorandums zum Schutz von LGBTI durch 15 politische Parteien - lässt sie auf drei ihrer Hauptziele hoffen: Eintreten für liberale Werte in Georgien, Legalisierung von Lebenspartnerschaften und schließlich die politische Vertretung der LGBT-Community.

 

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