Freiheit der Presse
Rumänischer Journalismus vor Herausforderungen
An der Vorstellung des Berichts Mitte Dezember "The State of the Media in Romania" nahmen zahlreiche Journalisten, Vertreter von Botschaften, Medienorganisationen und Medienverbänden sowie Vertreter der liberalen Opposition teil. Dieser setzt eigentlich die Untersuchungen der Vorjahre 2020 und 2021 fort und behandelt Schlüsselthemen wie die unzureichende Finanzierung unabhängiger Berichterstattung, die damit verbundene Gefährdung unabhängiger Redaktionen, die Abhängigkeit der Mainstream-Medien von öffentlichen Geldern und Parteispenden, die Realitäten des Journalistenberufs sowie den Preis für qualitativ hochwertige Informationen und den Mangel an Medienkompetenz seitens der Öffentlichkeit.
Cristina Lupu, Geschäftsführerin des Unabhängigen Zentrums für Journalismus, kommentierte den Bericht mit den Worten: "Wir gehen von der Idee aus, dass das Vertrauen in den Journalismus auf dem niedrigsten Stand aller Zeiten ist. Wir haben immer weniger Mainstream-Medien, die die Öffentlichkeit mit verifizierten und kontextbezogenen Informationen versorgen, anstatt nur Pressemitteilungen und Erklärungen von Politikern zu veröffentlichen."
Die Veranstaltung schlug jedoch Alarm über den fortschreitenden Verlust der redaktionellen Autonomie. Darüber berichteten die Journalisten Catalin Tolontan, von der Redaktionsspitze der größten Tageszeitungen Gazeta Sporturilor und Libertatea gefeuert, sowie die Journalistin Emilia Sercan, bekannt für ihre Investigationen, wo sie Plagiate von Doktorarbeiten von Spitzenpolitikern enttarnt. Wenn sich Tolontan geweigert hat, als Journalist Lobby für die Sportwetten-Industrie zu machen, wurde Emilia Sercan in Folge ihrer Investigationen einem Kompromat unterzogen, an der sich auch hochrangige Angestellte aus dem Innenministerium beteiligt haben sollen.
Die Herausforderungen für den Journalismus im Jahr 2023 und im Superwahljahr 2024, sind entsprechend vielfältig:
- Politischer und ökonomischer Druck auf Medieneigentümer, Redaktionen, Journalisten.
- Soziale Netzwerke selektieren ihre eigenen Wahrheiten, löschen unliebsame Inhalte und werden zu Nährböden für Desinformation und Fake News.
- In vielen Redaktionen hängt das Einkommen nicht von der Qualität, sondern von der Anzahl der Aufrufe ab, was zu einem Boulevard-Effekt führt. Besorgniserregend ist die wachsende Abhängigkeit von Facebook und Google.
- Einseitige Kommunikation durch Sprecher öffentlicher Institutionen, ohne Dialog zwischen Journalisten und Institutionen.
- Die Nichteinhaltung des Rechts auf Information der Öffentlichkeit durch die Behörden erschwert die Recherchen und Analysen der Journalisten.
- Die starke Abgrenzung der unabhängigen Presse vom Mainstream (ca. 1 % der Nachrichten sind von öffentlichem Interesse und relativ unabhängig).
Die anschließende Publikumsdiskussion wies aus Probleme hin für die es keine kurzfristigen Lösungen zu geben scheint. Mit Blick auf das Wahljahr 2024 werden die Parteien weiterhin einen erheblichen Teil ihrer Subventionen auf die gleiche undurchsichtige Art und Weise für Presse- und Propagandazwecke verwenden, da kein politischer Wille der Regierungskoalition erkennbar ist, auf diese bequemen Instrumente zu verzichten.
Zu den Lösungen, die die Teilnehmer für die Herausforderungen des Journalismus vorschlugen, gehörten die Integration künstlicher Intelligenz in die journalistische Tätigkeit und die Umwandlung von Redaktionen in ein tragfähiges Geschäftsmodell, das ausreichende Einnahmen für die Bereitstellung qualitativ hochwertiger Berichterstattung bietet. Es gibt jedoch bislang extrem wenige unabhängige Startup-Redaktionen die diesen Weg geschafft haben, noch sind sie auf Finanzierungen aus Projektmitteln angewiesen.
Die Berichte sind unten in der englischen Fassung verfügbar:
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Bericht 2024: The State of Romanian Media in the 2024 Super-electoral Year
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Bericht 2021: Journalism in 2021- an Obstacle Course with Fewer and Fewer Winners
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Bericht 2020: Illiberal discourse in Romania: the year of exception 2020
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Bericht 2019: State of Romanian Mass-Media 2020