Menschenrechte
Warum ein Lieferkettengesetz Unternehmen helfen kann
Seit 2011 die Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte von der UN verabschiedet wurden, fragen sich viele Unternehmen, wie sie ihrer Verantwortung für Menschenrechte gerecht werden können. Während große Unternehmen das Thema intensiv bearbeiten, fühlen sich Mittelständler von der Komplexität oft überfordert.
Für etwa 600 Unternehmen gibt es eine gesetzliche Pflicht zur menschenrechtlichen Sorgfalt. Aber auch alle anderen Firmen stehen unter dem Druck, die Menschenrechte zu achten. Hier ein paar Beispiele. Millennials suchen ihre Karriere bevorzugt dort, wo sie eine sinnvolle Tätigkeit sehen und das Unternehmen seiner gesellschaftlichen Verantwortung gerecht wird. Beim Wettbewerb um Talente geben nachhaltiges Wirtschaften und die Achtung von Menschenrechten daher oft den Ausschlag. Firmen haben lange ignoriert, dass Kakao aus Westafrika oft mit Kinderarbeit verbunden ist oder dass Palmöl aus Indonesien mit Brandrodungen und der Vertreibung von Einwohnern einhergehen kann, um nur zwei Beispiele zu nennen.
Angesichts der global vernetzten Social-Media-Welt ein nicht mehr hinnehmbares Risiko. Werden Vorwürfe öffentlich, müssen sie mit Beschädigung der Reputation, Umsatzeinbußen und möglicherweise zivilrechtlicher Haftung rechnen. Große Handelsketten und Industrieunternehmen verlangen von Lieferanten inzwischen Nachweise, dass sie ihre menschenrechtlichen Risiken kennen und managen. Wer dies nicht belegen kann, riskiert den Lieferantenstatus zu verlieren. Für Mittelständler kann das existenzbedrohend werden.
Um Risiken zu begrenzen, erwarten institutionelle Investoren von Unternehmen, in die sie investieren, ein professionelles Risikomanagement, auch in Bezug auf Menschenrechte. Die EU-Kommission arbeitet derzeit an einer Definition davon, was als nachhaltige Geldanlagen angeboten werden darf. Die ILO-Kernarbeitsnormen – ein wesentlicher menschenrechtlicher Baustein in Lieferketten – sind dabei Teil der Bedingungen. Unternehmen sehen sich also von verschiedensten Seiten Druck ausgesetzt. Allerdings fehlt eine klare Vorgabe, was die geforderte menschenrechtliche Sorgfalt genau ist. Nicht verbindliche Regeln gibt es viele. Sie bieten wegen der Vielzahl aber kaum Orientierung. Insofern würde es helfen, wenn der Gesetzgeber seine Erwartungen klar formuliert und einen Standard setzt. Am besten für den gesamten EU-Binnenmarkt. Die UN-Leitprinzipien geben fünf Elemente vor: ein Bekenntnis zu den Menschenrechten durch die Unternehmensführung, eine geeignete Risikoidentifizierung, Maßnahmen zur Mitigation der Risiken, die Kommunikation von Risiken und Maßnahmen sowie einen Beschwerdemechanismus. Das mag einfach klingen, ist aber für Unternehmen eine Herausforderung. Insofern halte ich es auch für falsch, in diesem Stadium in einem Lieferkettengesetz mit Haftung zu drohen. Die Berichtspflicht reicht völlig.
Denn am Ende geht es vor allem darum, die Rechte der Menschen zu schützen, die einen wichtigen Teil zu unserem Wohlstand beitragen. Den Unternehmen bei der menschenrechtlichen Sorgfalt Orientierung zu geben, würde dazu beitragen.