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Nicaragua
Demokratische Freiräume schwinden

Regimekritische Stimmen werden in Nicaragua zum Schweigen gebracht
Nicaragua
Unterstützer aus Nicaragua protestieren während einer Kundgebung in Washington am Mittwoch, 23. Juni 2021, vor der Organisation Amerikanischer Staaten und fordern die Freilassung politischer Gefangener und die Beendigung der Menschenrechtsverletzungen der Regierung gegenüber Kritikern. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Jose Luis Magana  

Präsident Daniel Ortega bereitet seine Wiederwahl im November 2021 stringent vor und geht dabei mit allen Mitteln gegen jegliche oppositionellen Stimmen, inzwischen sogar gegen internationale Nichtregierungsorganisationen vor.

Vor drei Monaten setzte eine bis dahin unbekannte Welle willkürlicher, teilweise gewaltsamer Verhaftungen von Oppositionskandidaten ein. Unter den bekanntesten politischen Gefangenen der Regierung Ortegas sind Cristiana Chamorro, Tochter der ehemaligen Präsidentin des Landes Violeta Barrios de Chamorro; der langjährige Stiftungspartner und liberale Menschenrechtsverteidiger Félix Maradiaga; der renommierte Vertreter des Privatsektors Juan Sebastián Chamorro; der ehemalige Botschafter Nicaraguas Arturo Cruz und der Journalist Miguel Mora zu nennen. Aber man geht von insgesamt fast 150 politischen Häftlingen aus.

Die Freilassung von Félix Maradiaga und den anderen politischen Gefangenen forderte die Alliance of Liberals and Democrats for Europe (ALDE) nach der Verhaftung von Félix Maradiaga im Juni dieses Jahres.

Bis dato haben nur wenige der Inhaftierten im Gefängnis Besuch ihrer Familienangehörigen empfangen dürfen, ihre körperliche Unversehrtheit ist nicht gewährleistet, sie sind Opfer psychologischer Folter, Gespräche mit Anwälten ihrer Wahl wurden ihnen verwehrt, die Anhörungen vor Gericht finden hinter geschlossenen Türen teilweise im Gefängnis und nicht in einem Gerichtssaal statt und sind Ausdruck deutlicher Verletzungen rechtsstaatlicher Prinzipien und internationaler Abkommen, in denen sich Nicaragua zur Respektierung der Menschenrechte verpflichtet hat.

Félix Maradiaga und Juan Sebastián Chamorro wurden des Landesverrates und der Verletzung der Souveränität des Landes angeklagt, der Anklage wurde stattgegeben. Sollte der Richter sie nach einem voraussichtlich 6-monatigen Gerichtsverfahren, das Anfang September begonnen hat und im Rahmen dessen kein ordnungsgemäßes Verfahren zu erwarten ist, schuldig sprechen, könnten sie zu 15 bis 25 Jahren Gefängnisstrafe verurteilt werden.

Indes lies die Regierung von Präsident Ortega auch die wichtigste Oppositionspartei Ciudadanos por la Libertad (CxL) auflösen und ihrer Vorsitzenden Kitty Monterrey, die gleichzeitig Vizepräsidentin von Liberal International ist, die nicaraguanische Staatsbürgerschaft entziehen. Kitty Monterrey konnte noch rechtzeitig ins Exil nach Costa Rica fliehen, evtl. wäre sie sonst auch verhaftet worden.

“Diese Aktionen … sind die eines Präsidenten, der den Wunsch des nicaraguanischen Volkes nach Freiheit unterdrücken zu versucht. Wir sind in Sorge um die Sicherheit … der Opfer willkürlichen Arrests.“, brachten Liberal International und RELIAL, das liberale Netzwerk Lateinamerikas in einer gemeinsamen Stellungnahme zum Ausdruck.

Aus seiner Absicht, keinerlei „Einmischung in innere Angelegenheiten“ zuzulassen, macht Präsident Daniel Ortega keinen Hehl mehr. Mitte August ließ Ortega sechs internationalen Nichtregierungsorganisationen ihre Registrierung entziehen. Vorwand waren angeblich nicht vorgelegte Buchhaltungsberichte und die Nichteinhaltung von Regeln zu Einnahmen von Spenden sowie die fraglich formulierte fehlende „gute Reputation“ der Kooperationspartner dieser Organisationen. Betroffen waren durch diese Entscheidung der nicaraguanischen Regierung u.a. das National Democratic Institute und das International Republican Institute sowie die spanischen und dänischen Vertretungen von Oxfam und die schwedische Diakonia. Die Regierung ließ deutlich werden, dass sie Güter und Vermögen dieser Organisationen vor Ort beschlagnahmen könnte.

Auch die Büros und Druckerei der ältesten und größten regierungskritischen Zeitung in Nicaragua, La Prensa, wurden Mitte August von der Polizei beschlagnahmt. Die Anschuldigung lautet Geldwäsche. La Prensa musste nach langem Ausharren einen Tag vor diesem Übergriff der Regierung den Druck ihrer physischen Exemplare einstellen. Das notwendige Papier hierfür ließ Ortega zuvor schon längere Zeit im Zoll festhalten.

So schwinden die demokratischen Freiräume, die Hoffnung auf faire und transparente Präsidentschafts- und Parlamentswahlen erlischt. Die Wiederwahl von Präsident Daniel Ortega und damit die Festigung eines autoritären Regimes in Zentralamerika ist praktisch eine Tatsache.

Umso wichtiger ist die Forderung der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in ihrer Stellungnahme zu den jüngsten Ereignissen in Nicaragua: „Wir fordern die nicaraguanischen Behörden dazu auf die Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und die Freiheit von Bürgerinnen und Bürgern, Aktivistinnen und Aktivisten, Oppositionsführerinnen und Oppositionsführern, sowie Journalistinnen und Journalisten in Nicaragua zu respektieren. Unsere Gedanken sind bei denen, die sich für Freiheit und faire Wahlen einsetzen.“ Eine Forderung, die die internationale Gemeinschaft nicht aufgeben darf.

 

 

 

Elisabeth Maigler Kluesserath ist Projektleiterin für Zentralamerika.