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Publikation
Bürgerrepublik Deutschland: Demokratie-Innovation im 21. Jahrhundert

Eine Publikation über die Zukunft der deutschen Demokratie
Bundestag
Der deutsche Bundestag in Berlin

Wir leben in einer Zeit der demokratiepolitischen Experimente. John Deweys Diktum, dass Demokratie in jeder Generation neu geboren werden muss, gilt im dritten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts unverändert. Aber anders als zuvor reicht Bildung als „Hebamme“ nicht mehr. Demokratie ist aufgerufen, sich neu zu begründen – und neu zu erfinden. Diese Neuerfindung ist bereits im Gange: Auf allen politischen Ebenen und online wie vor Ort wird versucht, Demokratie mit neuen Formen von Bürgerbeteiligung weiterzuentwickeln. Insbesondere im Bereich der deliberativen und kollaborativen Verfahren von einer regelrechten Innovations-„Welle“ gesprochen.

Aber auch im Bereich der direkten Demokratie, dem Petitionsrecht oder dem Ombudswesen gibt es Innovationspotenziale zu heben. Es liegt in derNatur der Sache ebenso wie der Politik, dass nicht alle Experimente erfolgreich sind und dass selbst Erfolgsbeispiele nicht notwendigerweise in den demokratischen Regelbetrieb übergehen. Den spezifischen Kontext gilt es immer mitzuberücksichtigen. Kopieren funktioniert schlicht nicht über politische Systeme hinweg – adaptieren sehr wohl. Was daher gilt: Je mehr Ideen in der Praxis getestet werden, desto mehr gibt es zu lernen. In diesem Geiste ist auch die vorliegende Studie zu lesen.

Demokratie-Innovation ist traditionell eine Domäne von progressiven Parteien; aber auch progressive liberale Parteien wie die niederländische D66 oder die österreichischen NEOS, die sich selbst stärker als Graswurzelbewegungen verstehen, haben programmatisch einiges dazu im Angebot. Eher rechtsliberal ausgerichtete Parteien wie die niederländische VVD sind da deutlich skeptischer. 

Insgesamt existiert bei vielen Parteien eine Ambivalenz bis  hin zur expliziten Skepsis gegenüber plebiszitärer Demokratie, geprägt von den Referenden zum Brexit und zum Assoziierungsabkommen mit der Ukraine. Ebenso besteht eine Ambivalenz bis hin zur Skepsis gegenüber deliberativer Demokratie, unter anderem aus der Sorge heraus, dass Parlamente gegenüber Bürgerräten und ähnlichen Formaten in eine Legitimationskonkurrenz geraten könnten. 

Es wäre schade, wenn all diese Bedenken, die für sich genommen gut begründet werden können, am Ende einem rigiden Strukturkonservatismus zur Rechtfertigung gereichten. Das größte demokratiepolitische Risiko wäre, alles so zu lassen, wie es ist. Stattdessen gilt es, die Chancen von Innovation zu prüfen und zu nutzen, in dieser neuen demokratiepolitischen Gründerzeit.