Cybercrime
Das reicht nicht!
Hass und Hetze besonders im Netz müssen erfolgreicher verfolgt werden. Die Beschlüsse der Bundesregierung sehen dazu vor, dass die Betreiber sozialer Medien verpflichtet werden, Verstöße den Sicherheitsbehörden zu melden.
Hört sich gut an. Was die Ermittlungsbehörden aber zuallererst wirklich brauchen, und zwar schnell, ist ein direkter Auskunftsanspruch gegen die Plattformbetreiber - also Facebook, Google und natürlich auch kleinere Anbieter - auf Herausgabe von Bestandsdaten. Sie werden mit Hinweis auf den Sitz der "Mutter-Holding" regelmäßig auf den Rechtshilfeweg verwiesen. Damit versickern die Anstrengungen von Polizei und Justiz viel zu oft. Stattdessen muss auch hier wie bei der Datenschutz-Grundverordnung das sogenannte Marktortprinzip gelten.
Die "Zentralstelle gegen Cybercrime" (ZAC) in Nordrhein-Westfalen kann ein Lied davon singen, was das heißt. Die kompetenten Staatsanwälte haben in zwei Jahren rund 780 Verfahren gegen Hassrede, Volksverhetzung und andere Delikte durchgeführt. Die ZAC gilt längst als Vorbild für die Justiz, nur leider eben nicht für die Bundesregierung. Warum haben Bund und Länder, Justiz und Polizei, nicht einen "Pakt gegen den Hass" mit umfangreichen operativen Maßnahmen geschlossen?
Die beabsichtigte Einführung einer Meldepflicht für Plattformbetreiber wird zunächst keine bessere Rechtsdurchsetzung ermöglichen. Die zu erwartende Flut an Hinweisen können die Staatsanwaltschaften mit ihrem Personal nicht bewältigen. Schließlich sind weit über fünfstellige Ansätze für Verfahren zu erwarten, für die es Hunderte mehr Staatsanwälte und Richter braucht. Von der digitalen Ausrüstung der Justiz ganz zu schweigen.
Etwas hilflos wirken auch die angekündigten Strafrechtsverschärfungen. Über ihre Relevanz wird seit Jahrzehnten gestritten. Ihre abschreckende Wirkung ist jedenfalls gering.
Dieser Artikel erschien am 12. November 2019 erstmals als Gastbeitrag im Handelsblatt.