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Pressefreiheit
Schwerwiegender Angriff auf die philippinische Pressefreiheit

Verhaftung von Maria Ressa, Journalistin und Partnerin der Stiftung
Schutz nur in der Theorie

Demonstration für Medienfreiheit

© Martin San Diego, Rappler

Maria Ressa wurde am späten Abend verhaftet. Zu spät, um noch in der Nacht wieder auf Kaution freizukommen. Dies war erst am nächsten Morgen möglich. Es ist nicht das erste Mal, dass die Regierung gegen sie und ihr Medienunternehmen Rappler juristische Maßnahmen ergreift. Mehrere, teils an den Haaren herbeigezogene, Verfahren gegen Rappler beschäftigen die Gerichte auf den Philippinen: Die Börsenaufsichtsbehörde entzog Anfang 2018 dem Medienunternehmen die Lizenz, mehrere Steuerhinterziehungsverfahren laufen gegen das Medienhaus und ihre Mitarbeiter. Nun erhöhte die Regierung den Druck mit der Cyber-Verleumdungsklage

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Ursache dieses Verfahrens ist ein 2012 veröffentlichter Artikel, gegen den ein Geschäftsmann eine Beschwerde einreichte. Laut des Artikels soll der philippinische Geheimdienst eine Akte über mögliche kriminelle Aktivitäten des Geschäftsmanns angelegt haben. Das gegen Frau Ressa angewandte Gesetz zur Cyber-Verleumdung trat aber erst Monate nach der Veröffentlichung des Artikels in Kraft. Das Justizministerium und Unterstützer des Präsidenten verweisen in diesem Zusammenhang auf die Aktualisierung des Artikels durch Rappler im Jahr 2014. Die Gültigkeit der Beschwerde, die erst 2016 nach der Vereidigung Dutertes zum Präsidenten erfolgte, ist aber auch an eine Verjährungsfrist gebunden. Die Verjährungsfrist eines solchen Vergehens, so es denn tatsächlich eines im Sinne dieses Gesetzes darstellt, beläuft sich lediglich auf ein Jahr.

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Angriff auf die Medienfreiheit und liberale Demokratie

Bezeichnenderweise geht in diesem Fall die Regierung gegen das Medium vor, das sich am kritischsten mit der Arbeit der Regierung auseinandersetzt. Rappler berichtete über den so genannten „Krieg gegen die Drogen“, der auf den Philippinen Tausende das Leben gekostet hat und recherchierte zur Verbindung zwischen der Verbreitung von Fake-News und hochrangigen Unterstützern des Präsidenten. Das „Time“ Magazin ernannte Maria Ressa 2018 deshalb zur Person des Jahres. Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit arbeitet seit Jahren mit ihr und Rappler zusammen und verlieh Ressa bereits 2014 den Freedom Flame Preis für ihre Arbeit.

Der Präsident beschwerte sich mehrfach öffentlich über die regierungskritische Berichterstattung. Er brachte Verschwörungstheorien in Spiel. So sei Rappler von der CIA gesponsert. Rappler-Journalisten wurde infolgedessen der Zugang zu Veranstaltungen des Präsidenten verwehrt.

Maria Ressa

Die Tiraden und Maßnahmen gegen Rappler sind in den Augen vieler Beobachter eine Bestrafung der Organisation für ihre freie und kritische Berichterstattung. In freien Demokratien ist eine kritische Berichterstattung eine wichtige Aufgabe der Medien, um den Bürgern eine informierte Teilhabe am demokratischen Prozess zu ermöglichen. Die Vorgehensweise des Präsidenten setzt ein klares Zeichen für philippinische Journalisten zur gewünschten Berichterstattung. Es offenbart auch ein problematisches Regierungsverständnis bezüglich der Rolle der freien Presse und einer freien Demokratie. Die Menschenrechtsexpertin der Friedrich-Naumann-Stiftung, Michaela Lissowsky, wertet einen Angriff auf die Pressefreiheit immer auch als einen Angriff auf die Grundsätze der liberalen Demokratie. Chito Gascon, Vorsitzender der philippinischen Menschenrechtskommission zieht Parallelen zu anderen Staaten: „Was auf den Philippinen passiert, sehen wir auch in anderen Ländern. Gesetze werden gezielt neu interpretiert und auf bestimmte Personen angewendet um diese zu schikanieren oder sie ihres Amtes zu entheben. This is not Rule of Law, it is Rule by law.“ Herr Gascon ist mit seiner Meinung nicht allein.

Journalisten und Oppositionspolitiker verurteilen die Verhaftung

Nationale und internationale Menschenrechtsverteidiger und Journalistenverbände verurteilten die Verhaftung. Die Nationale Vereinigung von Journalisten der Philippinen kritisierte das Vorgehen der Regierung aufs Schärfste: „Die Verhaftung von Rappler-CEO Maria Ressa wegen der eindeutig manipulierten Anschuldigung von Cyber-Verleumdung ist eine schamlose Verfolgung durch eine Tyrannei-Regierung.“

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Auch die Liberale Partei der Philippinen verurteilte die Verhaftung: „Dies ist ein klarer Fall, in dem die Mächtigen diejenigen belästigen, deren Pflicht es ist, sie in Schach zu halten. […] Alle Institutionen, die sich gegen einen Machtmissbrauch stellen, werden zum Schweigen gebracht, und wir müssen darauf reagieren. […] In dieser dunklen Zeit für die Pressefreiheit im Land steht die Liberale Partei, zusammen mit jedem wahren Verbündeten der liberalen Demokratie auf den Philippinen, uneingeschränkt und eindeutig zu Rappler.“ Studenten, Journalisten und Bürgerrechtler organisierten in der Nacht des 14. Februars Demonstrationen für Maria Ressa und die Pressefreiheit. Weitere Demonstrationen werden am 25. Februar erwartet, dem Jahrestag der EDSA-Revolution – der friedlichen Bürgerrevolution, die 1986 den Diktator Marcos stürzte.

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Heikles Timing

Die Verhaftung birgt insbesondere explosives Material, da sie zum Beginn der Wahlkampfperiode auf den Philippinen stattfand. Am 13. Mai wird die Hälfte der Abgeordneten gewählt. Ein Wahlerfolg der Regierung könnte den Weg für eine Verfassungsänderung ebnen und die Macht des Präsidenten weiter zementieren. Ob sich Journalisten in ihrer Wahlkampfberichterstattung beeinflussen lassen, kann noch nicht beantwortet werden. In der Vergangenheit folgten aber auf Beschwerden und Drohungen des Präsidenten gegen die Medien eine regierungsfreundlichere Berichterstattung. Das präsidentielle System gestattet dem Präsidenten weitreichende Befugnisse, unter anderem entscheidet er über die Lizenzverlängerung von Medienhäusern. Auf diesen Umstand verweist der Präsident auch öfters in seinen öffentlichen Äußerungen.

Die kritische Berichterstattung von Rappler wird dennoch weitergehen. Maria Ressa will ihre Arbeit nicht einstellen: „Worum geht es? Es geht um Machtmissbrauch und um den Missbrauch der Gesetze als Waffen. Hier geht es nicht nur um mich, nicht nur um Rappler.“ Mit Blick auf die anstehenden Zwischenwahlen ist auch die Arbeit von Rappler zum Thema Fake-News wichtig. Seit den letzten Wahlen dokumentiert Rappler die Verbreitung von Fake-News auf Facebook und anderen sozialen Medien. Die Philippinen sind führend in der Nutzung sozialer Medien.  Dadurch sind sie jedoch besonders anfällig für Fake-News Artikel. Auffallend bei diesen Postings ist, dass sie vorwiegend den Präsidenten positiv hervorheben und Regierungskritiker in ein negatives Licht stellen. Recherchen durch Journalisten legen nahe, dass es sich hier um eine systematische Verbreitung von Unwahrheiten handelt. Regierungsmitglieder und hochrangige Unterstützer haben wiederholt solche Postings geteilt. Ein Anstieg solcher Desinformationskampagnen ist im Zusammenhang mit den Wahlen zu befürchten. Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit konzentrierte in den letzten Jahren die Zusammenarbeit mit Rappler auf die die Entwicklung von innovativen Werkzeugen zur Aufdeckung und Eindämmung von Fake-News. Sie unterstützt ebenfalls Konferenzen zu Medienfreiheit sowie Demokratie und Desinformation. In Workshops werden Teilnehmer geschult, Fake News auf sozialen Medien zu identifizieren und wirksam zu bekämpfen. Ein Erfolg dieser Arbeit würde nicht nur die Philippinen vor weiteren Desinformationskampagnen schützen, sondern könnte auch in anderen Ländern Anwendung finden.