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Unterwegs für Leila de Lima

Philippinische Oppositionspolitikerin ohne Stimme
Unterwegs für Leila de Lima

Juli Minoves, Präsident von LI, und Markus Löning, Vorsitzender der LI-Menschenrechtskommitees

© Markus Lönning

Senatorin Leila de Lima ist seit 150 Tagen in Haft. Liberal International (LI) und internationale Menschenrechtsorganisationen hatten sich kritisch zu diesem Fall geäußert. Juli Minoves, Präsident von LI, wurde der Zugang verwehrt. Nur Markus Löning, Vorsitzender der LI-Menschenrechtskommitees, durfte mit ihr sprechen.

Juli Minoves darf nicht rein. Wir stehen in der Morgensonne und lassen uns die Erklärung des wachhabenden Polizisten übersetzen: „Herr Minoves steht nicht auf der Liste der zugelassenen Besucher und darf deshalb nicht in die Haftanstalt“. Wir sind erstaunt, denn Juli Minoves ist seit Tagen angemeldet. Auf der Liste, welche uns der Polizist zeigt, stehen aber nur die vor Wochen angemeldeten Personen. Da die Besucherliste gerade erst freigegeben wurde, bitten wir um ein Gespräch mit dem zuständigen Vorgesetzten. Aber der wachhabende Polizist weigert sich zum Hörer zu greifen, augenscheinlich hat er strikte Anweisungen erhalten, seinen Vorgesetzten nicht anzurufen. Das ganze scheint dem Polizisten etwas peinlich, aber auch nach einer längeren Diskussion gibt er nicht nach. Später wird die Regierung die Gefängnisverwaltung verteidigen und von der Einhaltung administrativer Regeln sprechen. Offiziell weiß aber keiner, was mit der Anmeldung von Juli Minoves passierte.

Eine Welt in grau

Wir entscheiden uns, die Senatorin ohne Juli Minoves zu besuchen und betreten das Gefängnisgelände. Im Vorgebäude werden wir von Polizisten untersucht. Die Sicherheitsvorkehrungen sind strikt. Wir wurden gebeten keine Mobiltelefone, Audiogeräte oder Kameras mitzunehmen. Selbst Stifte sind nicht erlaubt.

Hinter dem blauen Tor und der weiß gestrichenen Außenmauer ist die Welt grau. Die Betonwände im Innenhof wurden seit längerem nicht gestrichen, in Löchern des betonierten Innenhofs sammelt sich das Regenwasser. Es sieht alles etwas heruntergekommen und trist aus.

Wir passieren ein altes Tor und gehen durch eine enge Gasse die mit rostigem Stacheldraht gekrönt ist. Am Eingang des Hauptgebäudes werden wir nochmals durchsucht. Leila de Lima wartet in einem einfachen Konferenzraum. Der Raum ist nicht sehr groß, es reicht aber für ein paar Klapptische und eine kleine Sofaecke. Der Blick aus dem Fenster geht auf eine graue Betonwand, an der Decke ist eine Videokamera installiert. Zwei Meter entfernt sitzt ein Polizist und beobachtet das gesamte Treffen. Bürgerlich-plüschige Vorhänge an den Fenstern vermitteln einen leicht potemkinschen Eindruck.

Privileg Fernsehen

Frau de Lima schaut Fernsehen als wir eintreten. Die gemeinsame Sitzung von Senat und Repräsentantenhaus zur Verlängerung des Kriegsrecht in Mindanao wird gerade übertragen. Während unseres Gesprächs läuft der Fernseher weiter. Der Fernseher ist ein seltenes Privileg, die Senatorin musste eine Sondergenehmigung beantragen um die Diskussion der Abgeordneten verfolgen zu können. Normalerweise hat sie keinen Zugang zu Fernsehen, Radio oder dem Internet. Die Nutzung von Mobiltelefonen und Computern ist ihr auch nicht erlaubt. Ihre Mitarbeiter dürfen ihr nur Papiere bringen. Für ihre Kommunikation nach außen schreibt sie Briefe mit ihrem Füller.

Anscheinend gelten solche restriktiven Bedingungen aber nicht für alle Häftlinge. Laut einem geleakten internen Papier der philippinischen Polizei erhielten einige verurteilte Drogenhändler großzügig Haftbedingungen. Sie durften elektronische Geräte, hochwertige Fernseher, Klimaanlagen, das Internet und Mobilfunktelefone nutzen. Die Erleichterung der Haftbedingungen erfolgte kurz bevor die Häftlinge gegen die Senatorin aussagten. Laut Regierung Duterte soll Leila de Lima eine Drogenkönigin sein. Sie weist die Anschuldigungen zurück: „Das ist lächerlich, ich habe als Justizministerin Razzien initiiert, welche den Drogenhandel in den Gefängnissen unterband. Außer mehr als fragwürdigen Zeugenberichten hat die Staatsanwalt keine Beweise, die mich mit Drogen oder Drogengelder verbinden“. Amnesty International, Human Rights Watch und andere internationale Organisationen sprechen von einer politisch motivierten Strafverfolgung, denn die Politikerin ist eine der lautesten Kritiker des Präsidenten Duterte. Vor allem seinen Kampf gegen die Drogen, der bereits mehr als zehntausend Personen das Leben gekostet hat, kritisierte die Senatorin hart.

Unterwegs für Leila de Lima

Markus Löning und Juli Monoves im Gespräch mit Medienvertretern auf den Philippinen

© Markus Lönning

Senatorin de Lima wird von ihrer politischen Arbeit abgehalten

Die Übertragung im Fernsehen wird plötzlich lauter. Auf der Besuchertribühne oberhalb der Abgeordneten halten ein paar Demonstranten Plakate gegen die Verlängerung des Kriegsrechts in die Höhe. Die Senatorin blickt auf den Fernseher: „Ich würde mich gerne in die Diskussion einbringen. Der Präsident will die Verlängerung des Kriegsrechts, ich sehe dafür aber keine Notwendigkeit. Aber um abstimmen zu können muss ich persönlich anwesend sein.“ Während die Senatorin sich in Untersuchungshaft gegen die Anklage wehrt, kommt ihre Oppositionsarbeit zum Erliegen. „Ich sollte im Senat sein, gerade jetzt, wo es um wichtige Themen wie die Wiedereinführung der Todesstrafe, die Herabsetzung des Mindeststrafalters und die geplante Verfassungsänderung geht.“ 13,7 Millionen Philippinos hatten Leila de Lima ins Amt gewählt: „Ich will meiner Verantwortung als gewählte Volksvertreterin nachkommen.“

Eine der Mitarbeiterinnen von Leila de Lima kommt in den Raum. Die Besuchszeit ist fast vorbei, wir müssen gehen. Als letztes fragen wir noch wie sie die momentane politische Entwicklung einschätzt. Im Fernsehen stimmen die meisten Abgeordneten für die Verlängerung des Kriegsrechts. Die Senatorin ist besorgt: „Wir sehen gerade einen schleichenden Wandel zu einem autoritären Regime.“