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Klimaschutz
Wachstum hilft dem Klimaschutz

Karl-Heinz Paqué macht in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung deutlich, weshalb Wachstum die einzige Lösung des Klimawandels ist.

Deutschlands berühmteste Klima-Aktivistinnen Luisa Neubauer und Carla Reemtsma erklärten jüngst in einem Interview, dass "Wirtschaftswachstum nicht das (ist), worauf alles gründet – sondern ein intakter Planet." Weiterhin behauptete Reemtsma, dass ihr nach sechs Semestern wirtschaftswissenschaftlichem Studium niemand erklären könne, warum wir Wachstum überhaupt brauchen. Das ist bedauernswert, denn ein Verständnis für Wachstum im gesamtwirtschaftlichen Zusammenhang könnte zu einer Erkenntnis beitragen, die für die Fridays-for-Future-Aktivistinnen von großem Interesse sein sollte: Ohne Wachstum gibt es keinen Klimaschutz. Zumindest keinen, der effektiv genug wäre, um die globale Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen, wie es im Pariser Übereinkommen vereinbart wurde. Ganz im Gegenteil könnte eine wirtschaftliche Schrumpfung für den Klimaschutz sogar kontraproduktiv sein.

Die Europäischen Union hat Wirtschaftswachstum als Ziel festgeschrieben - und das aus guten Gründen: Wachstum schafft Verteilungsmasse, die in einer Marktwirtschaft den Lebensstandard anhebt, soziale Mobilität fördert und politische Reformen ermöglicht. Durch die Einnahmen aus einer wachsenden Wirtschaft wird Infrastruktur instandgehalten, Bildung ermöglicht und soziale Absicherung gewährleistet. Umgekehrt bleiben bei einer Schrumpfung notwendige Investitionen aus, Landstriche veröden, ganze Generationen werden als "verloren" aufgegeben. Diese negativen sozioökonomischen Entwicklungen begünstigen den Aufstieg radikaler politischer Strömungen.

Schrumpfung führt also nicht nur zu einer wirtschaftlichen, sondern auch zu einer sozialen Krise. Einer solchen Krise ist immanent, dass sich in ihrem Verlauf die politischen und individuellen Prioritäten verschieben – Klimaschutz gehört nicht dazu.

Stetiges und nachhaltiges Wirtschaftswachstum ist also unabdingbar. Nicht grundlos haben die Vereinten Nationen "dauerhaftes, inklusives und nachhaltiges Wirtschaftswachstum" als zentralen Baustein der Agenda 2030 zur Sicherung einer nachhaltigen Entwicklung definiert, ebenso wie den Klimaschutz. Ein Zielkonflikt? Möglicherweise: Wohlhabende Gesellschaften tendieren dazu, das Klima stärker zu belasten als weniger wohlhabende. Gleichzeitig herrscht in vielen Ländern mit besonders hohem Lebensstandard ausgeprägte Sensibilität für Klimaschutz. Doch die Ideen der Aktivisten basieren oft auf einem regressiven Klimaschutzkonzept: Individueller Verzicht und Verbote seien die besten Mittel gegen die drohende Klimakatastrophe.

Ohne Wirtschaftswachstum gibt es keinen Klimaschutz.

Karl-Heinz Paqué
Karl-Heinz Paqué

Um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen, dürfte jeder Mensch die Atmosphäre jährlich nur noch mit 2,7 Tonnen CO2 belasten. Zum Vergleich: Jeder Deutsche emittiert rund 9 Tonnen CO2. Der Wunsch der Aktivisten, dass die Menschen ihren individuellen Lebensstandard zugunsten eines klimafreundlichen Lebensstils vollständig aufgeben, ist unrealistisch. Das Zwei-Grad-Ziel wird allein durch individuellen Verzicht nicht erreichbar sein, ganz abgesehen davon, dass Länder wie die Vereinigten Staaten, China und Indien diesen Weg nicht mittragen würden. Es liegt eine paradoxe Situation vor: Einerseits brauchen wir Wachstum, um für politische, wirtschaftliche und soziale Stabilität zu sorgen. Gleichzeitig gibt es keine größere Bedrohung für diese Stabilität als den Klimawandel. Ziel muss es also sein, Wege zu finden, wie wir einerseits Emissionen im erforderlichen Maße reduzieren und gleichzeitig ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum gewährleisten können. Das kann gelingen: Durch Innovation und Wettbewerb müssen Technologien entwickelt werden, mit denen der Klimawandel effektiv bekämpft werden kann. Um die Entwicklung dieser Technologien durch die emittierenden Unternehmen sicherzustellen, muss die Politik feste Grenzen für den Ausstoß von Emissionen vorgeben und gleichzeitig offen für alle Arten klimaschonender Technologien sein. Der Weg dorthin ist bekannt und führt über den Emissionszertifikatehandel. Jedes Unternehmen, das CO2 ausstößt, darf das nur tun, wenn es dafür in entsprechender Menge Emissionsrechte erworben hat. Wer mehr ausstößt, muss mehr bezahlen. Wer dagegen durch Innovationen Emissionen einspart, zahlt entsprechend weniger. So fördert der Emissionshandel Wettbewerb und Innovationen, schafft dadurch Wachstum und schützt das Klima im notwendigen Maße. Eine effektivere Methode, mit der die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens erreicht werden können, gibt es nicht.

So bleibt zu hoffen, dass die Fridays-for-Future-Aktivisten erkennen, dass durch klimafreundliche Technologien Wachstum generiert werden kann und durch Wachstum die Möglichkeiten bestehen, in die notwendigen Innovationen zu investieren. Ohne Wachstum kein effektiver Klimaschutz, das ist die Realität.

 

Dieser Artikel erschien am 16. September erstmals als Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung